Gestern las Tereza Vanek auf der Buchmesse in Leipzig aus ihrem neusten Roman "Die Rebellin von Shanghai", der Fortsetzung von "Das Geheimnis der Jaderinge".
Die Autorin erklärte, dass sie für ihr Buch vier sehr unterschiedliche Hauptfiguren wählte, um ausgewogen die damalige Situation in China darstellen zu können. Charlotte, das chinesische Adoptivkind der Hauptfiguren des Vorgängerromans, Viktoria und ihres chinesischen Ehemanns Jinzi. Dann ein junger englischer Offizier namens David, der sich in Charlotte verliebt, jedoch an den Konventionen seiner Zeit zu scheitern droht. Elsa Skerpov, eine junge Deutsche, die sehr unkonventionell ist und ihren Weg in China finden will. Zu guter Letzt noch Wenrou, ein junger chinesischer Adliger, der die Sicht der chinesischen Oberschicht vermittelt. (Und dann ist da noch Shao Yu, ein weniger betuchter chinesischer Freund von Charlotte.)
Durch diese Struktur und auch die ausgewählten Textpassagen wurde die große Stärke der Autorin deutlich: show don't tell. (zeigen, nicht erklären)
Die gelesenen Abschnitte vermittelten eindrucksvoll die damalige Atmosphäre in Peking, die politische Situation und die völlig unterschiedlichen Lebensbedingungen der chinesischen Bevölkerung und der in Peking lebenden Ausländer. Die Vorurteile der so unterschiedlichen Nationalitäten kamen auch nicht zu kurz, sowie welche davon begründet und welche völlig erfunden waren. Nicht ganz zu unrecht wurde China im Westen als korrupt und teilweise dekadent wahrgenommen, gleichzeitig auch als verarmt und wirtschaftlich wie politisch unterlegen - was natürlich bei der chinesischen Bevölkerung nicht für große Sympathie sorgte... Andererseits gingen Gerüchte um, die Menschen aus dem Westen würden chinesischen Kinder verspeisen oder sie ihrem Gott opfern. Die Drahtzieher des Boxeraufstandes versprachen, es gäbe einen Zauber für ihre Anhänger, der gegen die Waffen der weißen Teufel unverwundbar mache. Das Wort "Sha" wurde zum Kampfruf der Boxer, es bedeutet "töten"...
Es wurde in den Textpassagen deutlich, dass sie ein heftiger Konflikt anbahnt, der am 13./14. Juni 1900 eskalierte. Zwei der drei Kathedralen in Peking wurden niedergebrannt, die dritte (Bai Tang) steht heute noch.
Während der gesamten Veranstaltung war die Leidenschaft der Autorin für den Schauplatz und dessen Bevölkerung, sowie ihre Kenntnisse der Landessprache spürbar und viel zu schnell waren die nur dreißig Minuten vorbei.
PS. Hoffentlich ist die Lesung zwischen dem 9.-11. September in Eltville länger.
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