Margaret Atwood las in der Biblioteca Albertina in Leipzig - 15.03.2014

  • Margaret Atwood las in der Biblioteca Albertina in Leipzig - 15.03.2014


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    Gestern Abend las Margaret Atwood in Biblioteca Albertina aus ihrem gerade auf Deutsch veröffentlichten Roman "Die Geschichte von Zeb". Die interessante Veranstaltung wurde von Susanne Becker moderiert, die ich mir für nächstes Jahr für das blaue Sofa wünschen würde. Ausführliche Passagen der ausgezeichneten Übersetzung von Monika Schmalz wurden lebendig von Katharina Hartwell gelesen.


    Vor 35 Jahren kam Margaret Atwood das erste Mal zu einer Lesung aus einem ihrer Bücher nach Deutschland und ist seitdem auch hier in den unterschiedlichsten Genres sehr erfolgreich.


    "Die Geschichte von Zeb" ist der dritte Teil einer Trilogie, die in einer nicht allzu fernen Zukunft auf unserer Erde spielt, dessen erster Teil "Oryx und Crake" ist. Die Ideen zu dieser Geschichte kamen ihr, als sie bei Vogelkundlern in Australien war und das Gespräch immer wieder auf das Aussterben bestimmter Gattungen kam. Was wäre, wenn die Menschheit aussterben würde? Was wäre, wenn das schneller passieren würde, als wir es uns vorstellen können?


    Ihre Bücher sieht sie nicht als Science Fiction, sondern nannte sie eher spekulativ. Die Frage "was wäre, wenn..." würde ihr viel Spaß machen. Bei Science Fiction spiele die Handlung in einer fernen Zukunft wie z.B. bei "Star Wars". Sie hingegen bevorzuge es, mit den Möglichkeiten zu spielen, die uns Menschen schon heute zur Verfügung stehen. Dieses Genre sei von Jules Verne begründet worden.


    Rückblickend könne sie leider sehen, dass schon Einiges aus dem ersten Teil der Trilogie passiert sei, weitere Ereignisse daraus würden vermutlich nicht mehr lange auf sich warten lassen.


    Der englische Titel "MaddAddam" konnte nicht ins Deutsche übersetzt werden, da es sich um ein vorwärts wie rückwärts lesbares Wortspiel handelt. "Mad" bedeute auf Deutsch verrückt und auch verärgert, es gebe auf Deutsch kein passendes Pendant. Den deutschen Titel empfindet sie jedoch auch als passend zum Inhalt.


    Auf die Frage, ob Liebe in dieser zerstörten Welt möglich sei, antwortete Margaret Atwood mit einem entschlossenen "of course" (=selbstverständlich). Die Natur der Menschen würde sich nicht ändern. Wobei es um Liebe zwischen Erwachsenen gehe, Figuren, die bereits über 35 seien und nicht um heißverliebte Jugendliche.


    Die im Buch beschriebene Gegend gibt es wirklich, im Norden Kanadas im Yukon Territorium und sie spiele in der Trilogie mit den Legenden der dortigen Ureinwohner. Der dort heimische Grizzlybär spielt im Buch eine Rolle, ein Tier, das nur töte, um zu überleben.


    Ein wichtiges Element der Handlung ist, wie Menschen Geschichten erzählen und warum. Was war der entscheidende Punkt, an dem wir zu Menschen wurden. Ihrer Meinung nach ist die Erzählkunst sehr alt und gab uns mit Hinblick auf die Evolution einen entscheidenden Vorteil. Geschichten könne man jungen Menschen erzählen und sie so davor bewahren, alles selbst ausprobieren zu müssen. Dies helfe beim Überleben. (Wobei die Evolution vielleicht noch an der Fähigkeit zum Lernen aus den Geschichten arbeiten könnte... )


    Margaret Atwood sammelt Geschichten, die sich mit der Entstehung befassen und sie ist fasziniert von der Frage nach der Herkunft. Ihr persönlicher Favorit ist, dass die Menschen aus einer Muschel gekommen wären. Auch in der Trilogie ist diese Thematik von Bedeutung.


    Ihr rabenschwarzer Humor und ihre feine Beobachtungsgabe waren sowohl während der Gespräche als auch der gelesenen Textpassagen deutlich spürbar. So spielt im Buch die "Church of Petroleum" (Kirche des Erdöls) eine wichtige Rolle und sie legt den Finger in mehr als eine der Wunden unserer heutigen Gesellschaft. Es gibt "haptische Echtfühlseiten", bei denen man für Geld z.B. Lady Jane Grey oder Mary Stuart enthaupten kann und auch andere Gedankenspiele, die vermutlich schon technisch machbar sind.


    Margaret Atwood sieht sich nicht als Politikern oder eine Person, der Politiker zuhören würden. Deshalb würde sie lieber beim Schreiben von Büchern bleiben, wobei sie sicherlich hofft, dadurch etwas bewegen zu können.


    Am Ende der Veranstaltung bemerkte die Moderatorin, dass sie nach der Lektüre der Trilogie unsere Welt mit etwas anderen Augen betrachte.


    Eine besondere Autorin mit feinem Humor in ebenso besonderer Umgebung. Eine Veranstaltung, die vermutlich nicht nur mich noch eine Weile beschäftigen wird.

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")


    "An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die Schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern."

    Erich Kästner.

  • Dann hätten wir uns dort getroffen, liebe Salonlöwin. :wave
    Danke otti für den Bericht. Ich habe die Trilogie zum Geburtstag bekommen und werde sie demnächst beginnen. Nach einem Bericht in "Bücher" und nun deinem Eindruck von der Lesung, freue ich mich schon sehr darauf. :-)