Über das Buch:
Hitlers Regime war gerissen genug, die Menschen mit Versprechungen und Schmeicheleien für sich einzunehmen, und brutal genug, sie mit Terror, Folter und Morden das Fürchten zu lehren. Einem solchen Regime Widerstand zu leisten war selten, und es war gefährlich. Zwei höchst außergewöhnliche Männer, Hans von Dohnanyi und sein Schwager Dietrich Bonhoeffer, haben es dennoch getan.
Was sie dazu bewogen hat, warum sie von Anbeginn genau wussten, mit wem sie es zu tun hatten, wie sie den Weg zum Handeln fanden und am Ende für ihre Überzeugungen ihr Leben ließen – dem gehen Elisabeth Sifton und Fritz Stern in diesem tief bewegenden, meisterhaft geschriebenen Doppelportrait nach.
Die Autoren:
Elisabeth Sifton war lange Jahre Lektorin. Sie ist die Tochter von Reinhold Niebuhr und die Frau von Fritz Stern.
Fritz Stern wurde 1926 geboren. Er ist em. Professor für Geschichte an der Columbia University und Friedenspreisträger des deutschen Buchhandels.
Übersetzt wurde das Buch von Ruth Keen und Erhard Stölting.
Meine Meinung:
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, insgesamt 176 Seiten mit 20 Abbildungen.
Nach einem Vorwort folgen sechs Kapitel, Anhang, Anmerkungen, Bildnachweis und Bibliographie.
Im Vorwort werden die familiären und freundschaftlichen Beziehungen und Verflechtungen zur Familie Bonhoeffer erläutert (Seiten 12, 13), was zu wissen mir nicht ganz unwichtig erscheint angesichts des Tons, in dem diese biografische Skizze geschrieben ist. Wie ein Vorstellen zweier Menschen, die einem bekannt sein müssten, was sie im Fall des einen – Bonhoeffers – sicher auch sind, und die Sifton und Stern sehr genau zu kennen scheinen, wie ein aus ihrer Sicht notwendiges Geraderücken einiger Dinge, so kam mir dieser schmale Band vor.
Neue Erkenntnisse zu Bonhoeffer und Dohnanyi habe ich nicht gefunden, aber ich glaube, darauf kam es den beiden Autoren auch nicht so sehr an, sondern, sie überhaupt in Erinnerung zu rufen, sie dem Vergessen besonders im Fall Dohnanyi zu entreißen. In sechs Kapiteln zeichnen sie die Lebensläufe dieser beiden Männer auf, von der Kindheit, dem in meinen Augen privilegierten familiären Umfeld – nicht nur, was das Finanzielle anbetrifft, sondern erst recht, was Bildung und ethische/moralische Ansprüche geht -, bis hin zu beider Inhaftierung in Konzentrationslagern und im Gestapo-Gefängnis und ihrem Ende, ihrer Ermordung in der Endphase des Nationalsozialismus. Sifton/Sterns deutlichen Worte die Stellung der Widerstandskämpfer und ihrer Familien in der Zeit der Bundesrepublik betreffend haben bedauerlicherweise immer noch ihre Berechtigung.
Mich hat diese persönliche Sicht einerseits beeindruckt. Der Band ist zwar schmal, aber erfordert Konzentration beim Lesen, Sifton und Stern lassen mit dieser ihrerseits an keiner Stelle beim Erzählen nach. Es ist ein sehr dichtes, aber nicht überfrachtetes Portrait, das ich insgesamt nicht ungern gelesen habe. Aber: Mir erscheint dieser Text nicht uneingeschränkt objektiv, was er vielleicht auch gar nicht sein will. Das liegt zum Einen an der „Verteidigung“ Bonhoefferschen Denkens gegen evangelikale Fundamentalisten (der ich zustimme), zum Anderen an einigen Fehlern, die mir auffielen (Pardon, aber die USA traten bereits im April 1917 in den Ersten Weltkrieg ein, nicht wie Seite 26 behauptet, Anfang 1918). Und ganz besonders liegt es an dem Umstand, dass und wie sie das Wirken von Eberhard Bethge in Bezug auf die Schriften Bonhoeffers präsentieren, kritisieren und – so kommt es mir fast vor – auch ein wenig verurteilen. Dass ohne Bethge vieles von eben jenen Schriften, von der Bedeutung Bonhoeffers kaum bis gar nicht bekannt wäre, erkennen die beiden Autoren zwar an, trotzdem klingt da ein Ton mit, der mich verstörte, auch wenn er aus der Autoren Enttäuschung über das zu geringe Anerkenntnis Hans von Dohnanyis geboren sein mag.
In zwei Punkten stimme ich Sifton und Stern allerdings unumwunden zu: In der Forderung nach einer umfassenden Studie oder Biografie zu Hans von Dohnanyi (auch eingedenkt des herausragenden Buches von Marikje Smid: „Hans von Dohnanyi , Christine Bonhoeffer - Eine Ehe im Widerstand gegen Hitler“ und in der deutlichen und harschen Kritik an der Bonhoeffer-Biografie von Eric Metaxa.
Insgesamt erscheint es mir ein sehr schön erzählter Überblick über zwei außergewöhnliche Leben zu sein, der neugierig machen kann und wohl auch soll, sich weiter mit diesen herausragenden Persönlichkeiten zu beschäftigen.
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