Als der Sommer eine Farbe verlor - Maria Regina Heinitz

  • Kurzbeschreibung (Quelle: Amazon)
    "Wir hielten uns im Geheimnis der Unendlichkeit auf. Wir standen mittendrin ..." --- Ein sorgloser Tag im Sommer ‘76 endet für Bénédicte und ihre Familie in einer Katastrophe. Kurz darauf zieht sie mit ihrem Vater Emil und dem jüngeren Bruder in die westfälische Provinz, wo Emil die Leitung einer Klinik übernimmt. Fragen nach ihrer Mutter Aimée, einer bekannten Malerin, begegnet er ausweichend. Sie erhole sich in einem Sanatorium, schreibt sie ihren Kindern – für ungewisse Zeit … --- »Als der Sommer eine Farbe verlor« erzählt von zwei jungen Menschen, die lernen, ihr eigenes Glück zu finden. Eine wunderbar leuchtende Familiengeschichte über Liebe und Verantwortung, Verlust und Annäherung und darüber, was es heißt, erwachsen zu werden, ohne den Zauber der Kindheit zu verlieren.


    Produktinformation
    • Gebundene Ausgabe: 496 Seiten
    • Verlag: Bloomsbury Berlin (10. März 2014)
    • Sprache: Deutsch
    • ISBN-10: 3827011884
    • ISBN-13: 978-3827011886


    Meine Meinung:
    Mir ist es am Anfang schwer gefallen, mich in die Geschichte einzufinden.
    Der Schreibstil der Autorin ist sehr ruhig, gerade der Prolog ist etwas dramatisch, als Benedicte an einem schönen, unbeschwerten Sommertag, plötzlich ihre geliebte Mutter nach einem Selbstmordversuch in einer Blutlache im Badezimmer findet. Von dem Tag ist nichts mehr, wie es war. Die Mutter ist in einem Sanatorium . Benedicte zieht mit ihrem Bruder Marcel und ihrem Vater aufs Land, wo der Vater eine neue Stellung in einem Krankenhaus antritt. Die Autorin schafft es, die Stimmung, die bei der Familie herrscht, hervorragend einzufangen. Der Vater ist mit der Gesamtsituation völlig überfordert, die Kinder leiden extrem unter der Trennung von der Mutter. Die eingestellte Haushälterin stellt erst mal alles auf den Kopf, sorgt aber schließlich für alle für einen geregelten Tagesablauf. Auch Mamique, die Großmutter der Kinder, kann schließlich mit einem längeren Besuch für Stabilität in der Familie sorgen.
    Schließlich habe ich nach einigen Kapiteln festgestellt, dass mich die Geschichte gefangen hat und nicht mehr los lässt. Ich wollte unbedingt wissen, wie es weiter geht mit der Familie Baron, die mit vielen Widrigkeiten des Dorflebens konfrontiert werden und es schließlich schaffen, sich dort in die Gemeinschaft einzugliedern. Die Autorin hat in jeder Situation den richtigen Ton getroffen, man konnte sich gut in die Lage der Protagonisten versetzen. Gut gefallen haben mir auch die kleinen französischen Einlagen, die von Benedictes Herkunft zeugen. Für alle, die kein Französisch sprechen, war in Anhang die Übersetzung.
    Das Ende kam dann ziemlich plötzlich und hat mich überrascht. Auf jeden Fall ist der Autorin ein Roman gelungen, der mit leisen Worten, sympathischen Protagonisten und einem kleinen Französischkurs sehr gut unterhalten konnte.
    Das Cover des Buches fand ich sehr ansprechend, das Buch hätte in einer Buchhandlung auf jeden Fall mein Interesse geweckt.
    Das Buch bekommt von mir die volle Punktzahl und ich hoffe auf mehr von der Autorin.

  • Das Ende einer Kindheit


    Hamburg, Sommer 1976.
    Bénédicte ist glücklich. Maman, ihre geliebte französische Großmutter, ist zu Besuch und spielt mit den Kindern, der dreizehnjährigen Bénédicte, genannt Bic, und ihrem viele Jahre jüngeren Bruder Marcel. Alles scheint perfekt. Bis Bic ihre Mutter Aimée in einer Blutlache findet. Aimée leidet schon lange unter Depressionen und hat versucht sich umzubringen. Aimée wird von Sanitätern weggebracht. Die Familie zieht in das westfälische Städtchen Sprede, wo der Vater die Leitung des Irrenhauses übernimmt. Über Aimée wird nicht gesprochen. Die Kinder haben keinen Kontakt zu ihr. Sie wissen nicht, wo sie ist, und man kann Zweifel haben, ob sie überhaupt noch lebt.


    Mich hat Heinitz’ Debütroman stark beeindruckt. Sehr einfühlsam schildert die Autorin etwa ein Jahr im Leben von Bénédicte und ihrer Familie. Der Neuanfang in Sprede ohne die Mutter, ohne die gewohnten Freunde, ist vor allem für Bic nicht leicht. In der neuen Schule ist sie die Außenseiterin. Als sie sich mit Susi anfreundet, geht es etwas besser. Auch Susi wird von den anderen Kindern gemieden. Schließlich gibt es da aber auch noch einen sehr interessanten und netten Jungen …


    Begeistert war ich auch von der Lebensgeschichte Philos, eines Bewohners des Irrenhauses. Auch er ist ein Außenseiter, und so ist kein Wunder, dass Bic sich mit ihm wohl fühlt und sich mit ihm anfreundet.


    Bic war mir von Anfang an sympathisch und ich habe sie gerne durch ihr neues Leben begleitet. Sie strotzt nur so vor Fantasie und malt sich alles Mögliche aus. Man erlebt ihre Welt fast wie durch ihre Augen, so dicht ist man als Leser am Geschehen dran. Gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass eine Nebelwand um Bic herum wabert, die sie vor der echten Welt abschirmt, ihr den Zugang verwehrt, sie aber auch vor ihr beschützt. So tastet Bic sich langsam durchs Leben, ohne klar zu sehen, wo es lang geht.


    „Als der Sommer eine Farbe verlor“ ist ein leises Buch, das von atmosphärischen Beschreibungen lebt und von sehr interessanten Charakteren. Es hat mich bis zum Schluss gefesselt und dann leider eiskalt fallen gelassen. Denn mit dem Schluss kann ich mich gar nicht anfreunden. Für mich ergibt das keinen Sinn. Aber das kann man sicherlich auch anders sehen.


    Noch ein kleiner Tipp: Es kommen immer wieder französische Wörter und Sätze vor. Dazu gibt es hinten im Buch teilweise Übersetzungen.