Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten
Daniel Friedman
ISBN: 978-3351035686
Aufbau Verlag
320 Seiten, 17,99 Euro
Über den Autor: Daniel Friedman, geb. 1981 in Memphis, hat in New York Jura studiert, ist Journalist und Blogger. Anregungen zur Figur des Buck Schatz stammen von seiner Großtante. Daniel Friedman lebt in Manhattan. „Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten“ ist sein Debüt und wurde für die wichtigsten amerikanischen Thriller-Preise nominiert, darunter der Edgar Award. Die Filmrechte haben sich die Produzenten von „Sherlock Holmes“ gesichert.
Klappentext: „Wenn man die Chance hat, nichts zu tun, sollte man sie immer ergreifen.“ Buck Schatz genießt das ruhige Leben mit seiner Frau Rose. Seit sein Sohn gestorben ist, sitzt er am liebsten auf seinem Sofa, raucht eine Stange Lucky Strike am Tag und schaut Fox News. "Leidenschaft macht so viel Mühe", ist sein Credo. Bis ihm sein Kriegskamerad Jim auf dem Sterbebett beichtet, dass sein Peiniger, der Lageraufseher Heinrich Ziegler, damals in einem Mercedes voller Nazigold fliehen konnte und noch lebt. Jim bittet Buck, ihn zu rächen. Buck denkt gar nicht daran, er ist inzwischen 87, und seine letzte Heldentat liegt 40 Jahre zurück. Aber nicht nur er hat von dem ominösen Gold erfahren. Der Schwiegersohn des Verstorbenen will Buck zu einer gemeinsamen Schatzsuche überreden. Der Pfarrer, Dr. Lawrence Kind, klopft eines Abends an die Tür und bittet um einen Anteil von dem Gold. Er muss seine Spielschulden bezahlen. Als er kurz darauf tot in seiner Kirche aufgefunden wird, ist auch Buck klar, dass er sich nicht so leicht aus der Sache wird heraushalten können. Dann ruft auch noch Bucks Enkel Tequila aus New York an, um ihn zu einer gemeinsamen Schatzsuche zu überreden. Es ist der Beginn eines turbulenten Verwirrspiels, aber auch der Beginn einer Freundschaft zwischen einem raubeinigen Großvater und seinem unterschätzten Enkel.
Meine Meinung: Als ich das Cover dieses Buches sah, war mein erster Gedanke:“Wer hat sich denn diesen reißerischen Titel ausgedacht?“ Der Originaltitel „Don't ever get old“ hätte dem Buch meiner Meinung auch in Deutschland besser zu Gesicht gestanden. Obwohl also auf den ersten Blick nicht gerade Sympathie aufkam, beschloss ich, die ersten Seiten kurz anzulesen, um zu sehen, ob das etwas für mich sein könnte.
Bereits nach zwei Sätzen wusste ich, Buck Schatz, der Senior um den es hier geht, ist so schräg drauf, dass die kommende Handlung eigentlich egal ist. Seine bissigen und ironischen Kommentare sind es, die diesen Thriller aus der Masse herausheben. Man genießt jede Begegnung mit dem alten Herrn, der zu dem Schluss gekommen ist, dass man im Alter nur noch tun und lassen sollte, was einem gefällt – und so gefällt es ihm, bei einer Trauerfeier in der Kirche oder beim Krankenbesuch auf der Intensivstation, zu rauchen, oder in einer Bank herumzuschreien und eine schwere Demenz vorzutäuschen.
Die Demenz scheint tatsächlich auf ihn zu warten und sein Arzt hat ihm geraten, sich Notizen gegen das Vergessen zu machen. So führt er fleißig Tagebuch und schreibt alles auf, was ihm passiert und das ist nicht wenig, denn irgendwie scheint alle Welt zu glauben, dass er weiß, wo sich das Nazigold befindet, von dem sein früherer Mitstreiter ihm auf dem Sterbebett gebeichtet hat. Und da er sich in seinem früheren Beruf als Cop einen legendären Ruf erworben hat, tauchen nun sehr viele Leute auf, die Anspruch an diesem Gold anmelden und denken, Buck haben nichts anderes im Kopf, als dieses Gold finden zu wollen. Doch sie täuschen sich, denn er will eigentlich nur noch seine Ruhe haben, doch leider wird er plötzlich dazu gezwungen, sich tatsächlich auf die Suche zu machen.
Manchmal wird klar, dass er die heutige Welt nicht mehr so versteht, was für einen Menschen in seinem Alter verständlich ist, und seine spitzen Bemerkungen zu seinem Enkel über Google, Twitter und Co sind zum Schreien komisch, doch es zeigt sich, dass er auch nach all den Jahren im Ruhestand noch ein guter Cop ist, der mit außergewöhnlichen Methoden und fast ohne „diesen modernen Kram“ erfolgreich arbeitet.
Das Buch kann man nicht so einfach aus der Hand legen, die Handlung erweist sich als spannend und gut ausgeklügelt. Man blickt nicht durch, wer den armen Pfarrer ins Jenseits befördert hat, der ebenfalls zu den Interessenten an diesem Gold gehörte und der sich kurz vor seinem Tod bei Buck meldete und warum auf einmal noch andere Leichen den Weg von Buck und seinem Enkel pflastern. Die Figuren sind allesamt gut gezeichnet und die Hauptfigur überragt einfach alles. Ab und zu nimmt man Buck seine beginnende kognitive Störung nicht ganz ab, da er immer noch messerscharf kombinieren kann und wenig Vergesslichkeit zeigt. Das ist aber egal, denn man schließt ihn so schnell ins Herz, dass er sich (nicht nur im Buch) alles erlauben darf.
Mein Fazit: Ein spannender Thriller in dem ein wunderbar grantelnder alter Mann die Hauptrolle spielt, dessen unangepasste Art zu ermitteln, genauso gut ankommt, wie sein rauer Charme. Er bringt den Leser oft zum Lachen, viele seiner Gedanken und Blicke auf das Leben machen aber auch nachdenklich oder rühren an und damit hat Daniel Friedman genau die richtigen Zutaten für einen tollen Pageturner gefunden, dessen Hauptfigur man noch ein recht langes Leben wünscht, damit es möglichst bald einen neuen spannenden Fall und ein Wiedersehen mit Buck Schatz gibt. Mindestens 11 Pünktchen dafür