Die Geschichte einer Obsession – und eine Liebensgeschichte. Der atemlose Bericht eines Verfluchten und Getriebenen, eines Jungen der dem selbstheraufbeschworenen Fluch, mit dem er sich selbst belegte auch als Erwachsener nicht entkommen kann.
Was für ein Buch!
James Ellroys autobiographischer Bericht lässt den Leser ebenso atemlos wie betroffen zurück, des Autors schonungslose Offenheit lässt keine Distanzierung vom Gelesenen zu, beinahe schon widerwillig wird der Leser in den Text hineingezogen, ohne eine Fluchtmöglichkeit zu haben. Und selbst wenn sich eine Gelegenheit ergeben würde, man würde sie ungenutzt verstreichen lassen, aus Angst, den Rückweg nicht mehr finden zu können.
James Ellroys Leben wurde durch den Mord an seiner Mutter bis heute nachhaltig geprägt. Der zwischen zwei geschiedenen Eltern stehende Junge hat dieses Verbrechen nie verwinden können, auch wenn er es immer wieder - vornehmlich durch seine Werke – versuchte. Die verlorene Mutter wurde zur Überfrau, zu einer Göttin, der zu entkommen oder sich ihrer zu entledigen unmöglich war. Und die Ellroys Verhältnis zu Frauen von da an bestimmte.
Bei der Schilderung seines Aufwachsens, seiner Zeit als Alkoholiker, Obdachloser und Einbrecher und seine lebenslange suche nach „Der Frau“ wird Ellroys Schonungslose Ehrlichkeit selbst zum Stilmittel.
Wunderschöne Abschnitte von geradezu wahrhaftiger Schönheit wechseln mit brutal ausgeführten Texttritten in die Eier. Man muss sich voll und ganz auf Ellroys Schreibe einlassen, sich seinen vor Selbstmitleid triefenden Passagen ebenso wenig verschließen wie der immer wiederkehrenden Beschwörung „Der Einen“!
Das Buch hat nur dieses eine Thema. Es ist also mitnichten eine Autobiographie, sondern eher ein autobiographischer Text, welcher nur eine der vielen Facetten des amerikanischen Ausnahmeautoren zeigt, der uns dem in der Öffentlichkeit nicht Unumstrittenen ein wenig näher bringt, immer in dem Bewusstsein, das dieser hier vorliegende Text wohl eher die fiktionalisierte Wahrheit darstellt, das künstlerische Ausbreiten der tiefsten Abgründe der ellroyschen Seele.
James Ellroy hat ein Alter erreicht, wo er sich um jedwede Reaktion auf ein Buch wie dieses keine Sorgen zu machen braucht, sein Ruf als Mensch tut sein übriges, das dieses Buch durchaus als sexuelle Obsession eines tief traumatisierten Sonderlings, der Bücher schreibt, abgetan werden kann. Der feuchte Traumrückblick auf ein kaputtes Heranwachsen und auf ein dadurch vorbestimmtes Verhalten als Erwachsener.
Mag diese Sichtweise auch eine gewisse Berechtigung haben so verleugnet sie jedoch konsequent Ellroys schriftstellerisches Talent, seine Macht über die Worte und ihre Wirkung auf den Leser.
Hier liegt keine sachliche Aufarbeitung vor, Ellroy gibt uns einen emotionalen Einblick in seine Gefühlswelt durch den Filter seiner Autorenschaft.
„Der Hilliker Fluch“ ist vielleicht nicht sein bestes Buch – es ist aber mit Sicherheit sein beeindruckenstes!