'Visby' - Seiten 329 - Ende

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  • Hmm... also wirklich begeistern kann mich der Schluss nicht. Der Vater ist zwar gefunden, Adrian hingegen nicht und hinzu kommt eine Affäre, die nicht hätte sein müssen. Für mich ist es erstaunlich, wie verantwortungslos die Charaktere handeln: Annika lässt ihre Tochter daheim, um auf blauen Dunst ihren Lebensgefährten zu suchen. Dhani macht sowieso, was sie will. Und Jens...tja, der denkt sich zwar eine Ausrede aus, aber die ist so glaubhaft wie die Hund-frisst-Hausaufgaben-Ausrede.


    Alles in allem empfand ich das Buch nicht als Thriller, sondern als Familiendrama. Richtig warm bin ich witzigerweise nur mit Jens geworden. Alle anderen haben Züge an sich, die mir gar nicht behagen. Ich habe kein Problem mit mir unsympathischen Figuren, aber hier sprang auch der Funke nicht über.


    Zudem ist der Stil nach einer gewissen Eingewöhnung gut zu lesen, aber dieses zeitliche Gehopse hat mich zum Schluss hin wahnsinnig gemacht.

  • Zitat

    Original von logan-lady
    Barbara, wie kamst du drauf, die Geschichte aus den unterschiedlichen Perspektiven zu erzählen? Das fand ich nämlich echt gut.


    Schön, dass es dir gefallen hat!


    Ich gehöre nicht zu den Planerinnen unter den Schriftstellern, sondern finde sehr vieles über meine Geschichten erst im Schreiben heraus. Mir ist schnell klar geworden, dass Annika ihre Geschichte selbst erzählen muss. Verglichen mit Dhanavati hat sie ja die undankbarere Rolle: Sie bleibt lange passiv, wartet und denkt nach und wird erst spät selbst aktiv. Aber indem sie selber erzählt, erfährt der Leser viel mehr darüber, warum sie so ist und was in ihr vorgeht.


    Andererseits hätte sie unmöglich die gesamte Geschichte erzählen können, weil sie über weite Strecken gar nicht beteiligt ist. Dhanavati brauchte natürlich ihre eigene Perspektive - aber da sie keine Person ist, die viel über sich spricht oder auch nur lange über ihre Gefühle nachgrübelt, passte da nur die dritte Person. Damit hatte ich schon zwei Perspektiven, die sich in der Erzählweise stark unterschieden. Dass Jens dann wieder die Ich-Form brauchte, war auch schnell klar, weil ich ja wollte (hier in diesem Thread kann man es ja erwähnen), dass er lügt bzw. an strategischen Stellen Dinge verschweigt.


    Ich fand es dann übrigens auch sehr spannend, in drei verscheidenen Tonfällen zu schreiben. Ich habe dadurch viel übers Erzählen gelernt.

  • Ob Thriller oder nicht, darüber kann man streiten. Ich zumindest bin froh, dass Adrian nicht gefunden wurde oder zurückkam, das wäre mir zu viel Happy End gewesen.


    Die kleine Affäre Dhanis mit Jens war aber schon viel früher abzusehen.
    Ingela, dauernd dachte ich es wäre diese Indrasena, die eben doch nicht tot ist, denn wer würde ahnen, dass eine Mutter ihre Tochter sogar im Angesicht verleugnet.
    Eglund scheint ja nun doch nicht so ein mieser Kerl zu sein wie angenommen, irgendwie hatte ich das aber auch nicht vermutet.
    Das ganze Buch handelt wirklich nur von Vortäuschungen, falschen Aussagen, und Mangel. Keiner bekommt was er möchte ist vielleicht aber auch nciht bereit es andern zu geben.


    Ich fand das Buch, die Handlung wirklich spannend, wenn auch die Personen etwas sperrig waren. Auch die Zeitsprünge erforderten hohe Konszentration, damit man nicht verpasst, wer wann wen besucht oder ihm was erzählt.

  • Zitat

    Original von Findus
    Ich zumindest bin froh, dass Adrian nicht gefunden wurde oder zurückkam, das wäre mir zu viel Happy End gewesen.


    Das freut mich ja, dass du das auch so siehst ... ;-)


    Herzlichen Dank für Mitlesen!


    Die Einordnung als Thriller sehe ich übrigens selbst ein wenig mit gemischten Gefühlen. Auf der HC-Ausgabe stand noch "Roman". Aber das sind halt Marketing-Entscheidungen des Verlags, da muss man als Autor einfach den Experten vertrauen. Und ein Grenzfall ist es ja schon.

  • Zitat

    Original von BarbaraSlawig


    Herzlichen Dank für Mitlesen!


    Die Einordnung als Thriller sehe ich übrigens selbst ein wenig mit gemischten Gefühlen. Auf der HC-Ausgabe stand noch "Roman". Aber das sind halt Marketing-Entscheidungen des Verlags, da muss man als Autor einfach den Experten vertrauen. Und ein Grenzfall ist es ja schon.


    Hat mir großen Spaß gemacht und mancher angebliche Thriller ist nicht so spannend. Verkauft sich vermutlich besser als ein Roman und thrillerhafte Sequenzen sind ja durchaus vorhanden.

  • Ich bin gerade fertig geworden und muss sagen, dass mir das Ende wirklich gut gefallen hat. Ein komplettes Happy - End hätte absolut nicht zu dem Buch gepasst.
    Mir geht es eigenlich ganz genauso wie Findus: Ich fand die Handlung und die Thematik wirklich gut, spannend und interessant.
    Aber ich konnte mich mit keiner der Personen so richtig identifizieren oder mich in sie hineindenken. Das fand ich ein bisschen schade.
    Die Sprache und den Schreibstil fand ich nur am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig, zum Ende hin hat es mir richtig gut gefallen.
    Und ja auch ich sehe das Buch nicht wirklich als eine Thriller an, Familiendrama wäre wirklich passender gewesen. :-)
    Noch einmal vielen Dank an den Verlag das ich dieses schöne Buch in dieser Leserunde mitlesen durfte!

  • Danke fürs Mitlesen! Und es freut mich natürlich sehr, dass du es spannend fandest.


    Zitat

    Original von RougeAber ich konnte mich mit keiner der Personen so richtig identifizieren oder mich in sie hineindenken. Das fand ich ein bisschen schade.


    Das finde ich natürlich auch schade – aber aus Autorensicht ist es immer ein bisschen Glücksache, wie die Figuren bei jedem einzelnen Leser bzw. jeder Leserin ankommen, zumindest wenn man über widersprüchliche, sperrige Menschen schreiben will, und das ist es nun mal, was mich inzwischen am Schreiben reizt. Auch meine Lesevorlieben gehen immer mehr in diese Richtung. Den Wunsch, mich mit Figuren zu identifizieren, habe ich kaum noch. das beeinflusst mich natürlich auch.


    Aber wie gesagt, wenn es dir die Lesefreue getrübt hat, ist es natürlich schade.

  • So, ich habs auch gerade beendet.
    Ich finde das mit Jens hätte nicht sein müssen oder wenn, dann ne andere Geschichte warum er den Ehering noch trägt und nicht, dass er tatsächlich ne Frau hat. Das hat mich echt gestört, weil ich ihn ansonsten nämlich am sympathischsten fand!
    Dhana fand ich gegen Ende dann doch ganz nett, aber es wurde nicht geklärt, warum sie Angst vor geschlossenen dunklen Räumen hat oder?
    Das mit Ingela hab ich mir schon gedacht, irgendwie war mir der Name so ähnlich vorgekommen. Aber verstehen kann ich das dann doch erst Recht nicht. :-(
    Alles in allem kann ich das Handeln und Denken von fast keiner der Personen wirklich verstehen oder nachvollziehen. :-(
    Vor allem Adrian bleibt mir ein Rätsel. Er weiß doch was passiert, wenn ein Kind ohne Eltern aufwächst und da verlässt er einfach seine Tochter?
    Naja, vll muss man sich erst mal selbst verlieren um das alles zu verstehen...
    Allerdings war das Buch wirklich spannend, da das Ganze ja doch sehr mysteriös war und es war auch eigentlich glaub alles gut aufgelöst.
    Danke für das Buch und die Begleitung der Leserunde! :-)

  • Zitat

    Original von Nightflower
    Dhana fand ich gegen Ende dann doch ganz nett, aber es wurde nicht geklärt, warum sie Angst vor geschlossenen dunklen Räumen hat oder?


    Ich glaube, "Erklärungen" im dem Sinne, dass man ein auslösendes Ereignis festmachen kann, gibt es bei solche Phobien sehr oft nicht (außer in Romanen ;-)). Aber erste Erinnerungen an eine ähnliche Angst verbindet Dhanavati ja mit diesem Kinderzimmer unterm Dach.


    Zitat

    Original von Nightflower
    Das mit Ingela hab ich mir schon gedacht, irgendwie war mir der Name so ähnlich vorgekommen. Aber verstehen kann ich das dann doch erst Recht nicht. :-(


    Dann geht es dir genau wie Dhanavati und wie Annika. Sie sagen beide fast wörtlich das gleiche. Dhanavati auf S. 360: "Ich dachte, es hilft, wenn ich ihre Gründe verstehe. Weshalb sie von den Klippen gesprungen ist. Aber jetzt weiß ich die Gründe, und ich verstehe sie immer noch nicht." Und Annika sagt etwas ganz Ähnliches zu Ingela/Gisela selbst (S. 398).


    Ich denke, bei beiden steckt dahinter, dass sie es letztlich nicht verstehen wollen. Sie kennen die Gründe, aber weigern sich, sie als zureichend anzuerkennen. Was natürlich sehr verständlich ist! Aber damit weigern sie sich auch, zu versuchen, sich die damalige Situation aus Giselas Blickwinkel auszumalen. Und das wäre ja der einzige Weg, Gisela vielleicht doch zu verstehen. Auch wenn man ihre Handlungsweise dann immer noch falsch fände.

  • Ich bin gestern schon fertig geworden, hatte bisher keine Zeit etwas zu schreiben. :-)


    Mir geht es auch so wie Findus - Jens war derjenige, mit dem ich warm geworden bin, die anderen Figuren habe ich eher distanziert betrachtet:


    - Annika, die ihre Tochter Nina einfach im Stich gelassen hat, um Adrian zu
    suchen.
    - Gisela, die ihre Tochter komplett im Stich gelassen hat und deren Gründe
    ich bis zum Schluss nicht wirklich nachvollziehen konnte
    - Adrian, der sich so sehr um Dhani gekümmert hat und ein ruhiges Leben
    ad hoc hinter sich lässt (für was und aus welchem Grund eigentlich?)


    Trotzdem hat mich das Buch mit seiner Sprache und seinen Bildern einfangen können und ich habe es sehr gern gelesen.


    Danke Barbara für deine nette Begleitung in der Leserunde. :wave


    P.S.: Schreibst du denn gerade an einem neuen Buch?

  • Zitat

    Original von Eskalina
    Trotzdem hat mich das Buch mit seiner Sprache und seinen Bildern einfangen können und ich habe es sehr gern gelesen.


    Danke Barbara für deine nette Begleitung in der Leserunde. :wave


    Gern geschehen! Danke fürs Mitlesen, und schön, dass du Freude daran hattest.


    Zitat

    P.S.: Schreibst du denn gerade an einem neuen Buch?


    Ja, ich stecke tief in einem neuen Roman, mit dem ich im Sommer oder Herbst fertig werden will. Es geht um eine Frau, die dreieinhalb Jahre lang geglaubt hat, ihr Liebster wäre bei dem Tsunami im Indischen Ozean ums Leben gekommen (der Roman spielt 2008), und die nun auf Hinweise stößt, dass das gar nicht stimmt. Von der Konstellation her knüpft es ein bisschen an die Geschichte von Annika und Adrian an – die in Visby ja wirklich sehr offen endet – aber die Leute sind ganz anders, das Umfeld ist anders, und auch das Verhältnis zwischen den beiden war völig anders als bei Annika und Adrian.

  • Mir hat das Buch richtig gut gefallen. Für mich bleibt der Kern des Buches die jeweilige Suche der Figuren nach ihrem Selbst.
    Auch wenn Annika vordergründig doch zunächst Adrian gesucht hat, findet sie eine ganz wichtige Erkenntnis: Dass sie ihn nicht für ihr weiteres Leben braucht. Sie gewinnt dadurch ein ganzes Stück Unabhängigkeit und kann nun herausfinden, ob Adrian in ihrem Leben einen Platz hat - oder eben auch nicht.


    Die Schatten der Vergangenheit reichen bis weit in die Gegenwart und beeinflussen das Leben so vieler Menschen, das hast du beeindruckend erzählt, Barbara.


    "Yesterday don't matter cause it's gone"- dass die Figuren diese Erkenntnis mit in ihr jetziges Leben retten können, das wünsche ich ihnen von Herzen.


    Der Perspektivenwechsel hat mir ausgesprochen gut gefallen. Jede Figur hatte die Gelegenheit, mir als Leser seine eigene Geschichte, seine eigene Wahrheit des Geschehens zu erzählen, jede Figur hat dadurch eine ganz eigene Stimme bekommen. :anbet


    Mir war tatsächlich Adrian über weite Strecken am nächsten, der mit seinen großen warmen Händen eigentlich nur helfen wollte und sich dabei selbst vergaß.
    Er findet zu Nina zurück, da bin ich mir ganz sicher, es sei denn Eglund hat ihn doch umgebracht und gibt nur vor, Annika bei der Suche helfen zu wollen. Ihm traue ich alles zu. Und selbst ihm hast du eine ganz menschliche Seite geschenkt- die Figuren sind dir wirklich sehr gelungen.


    Edit meint, dass ich vergessen habe, die Sprache zu erwähnen.
    Mir hat der Schreibstil außerordentlich gut gefallen. Die schnörkellose klare Sprache, die es schafft, sowohl atmosphärishc zu beschreiben und trotzdem Distanz zu bewahren- :anbet.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

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