Warum ist die deutsche Gegenwartsliteratur so unglaublich langweilig?

  • Diese Frage stellt Maxim Biller in seinem Artikel


    Letzte Ausfahrt Uckermark - DIE ZEIT vom 20.02.2014


    in der Ausgabe der ZEIT von dieser Woche (Nr. 9 vom 20.02.2014/Seite 45). Er geht da sehr hart mit der Gegenwartsliteratur in Deutschland ins Gericht. Sieht aber auch, dass viele der „Migranten-Autoren“ ihre kulturellen Identitäten aufgeben um hier mit dem Mainstream schwimmen zu können.


    Sehr kritisch nimmt er beispielsweise den „Chamisso-Preis“ aufs Korn.


    Natürlich steht es mir nicht zu, diesen Artikel zu kommentieren. Das ist eben den wahren Fachleuten vorbehalten. Und ich war auch schon unsicher bei der Beantwortung der Frage, ob ich überhaupt sagen dürfe, dass dieser Artikel interessant sei. Kann ich das denn überhaupt beurteilen?


    Mir fehlt wirklich zum einen das literaische Wissen und zum anderen habe ich ja nun gelernt, dass wenn es um Literaturthemen geht, ich gefälligst meinen Mund zu halten habe.


    Was ich aber so großartig an diesem Aufsatz von Maxim Biller fand ist folgendes: Dieser Mensch schreibt nicht arrogant – hat es auch nicht nötig, muss er doch nicht irgendwelche Allmachtsliteraturfantasien (Ich bestimme was Literaturkritik ist) hinter einem vermeintlichen Herrschaftswissen verbergen.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ich denke, das Problem ist nicht die fehlende "Migrantenliteratur", sondern ganz generell der fehlende Mut für Neues.


    Das ist doch bei dem, was die Literaturkritik nicht mit der Kneifzange anfaßt, noch viel stärker zu beobachten: Viele, viele gleichförmige Bücher landen auf dem Markt.


    Ich denke, Biller hat recht, daß sich die Autoren mittlerweile an Preisen orientieren. Und zwar nicht so sehr am Chamisso-Preis, sondern noch viel eher am Deutschen Buchpreis. Die Befürchtung ist nämlich, völlig übersehen zu werden, wenn man es 'nicht mal' auf die Longlist schafft / schaffen könnte - und so versucht man eben, etwas "gesellschaftlich akzeptiertes" abzuliefern, das die Verlage dann auch drucken und die Feuilletons besprechen?


    Weniger nachvollziehen kann ich seinen Wunsch, daß sich die Migranten "zu einer einzigen lauten Stimme" vereinigen sollen. Sofern ich das nicht völlig mißverstehe, würde das doch auch nur wieder Einheitsbrei produzieren: Migrantengeschichten aus Jugoslawien, der Türkei, Zentralafrika, Spanien etc. - womöglich auch wieder mit einem Preis für den besten Roman über "das Leben von Ausländern der ersten und zweiten Generation, wie es wirklich ist – als hart, wild, gemein, kritisch, verlogen, sexy und unwiderstehlich."

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

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  • Sehr interessanter Artikel, kann in vielen meine eigenen Gedanken wiederfinden. Ich habe in der "Migrantenliteratur" sowohl Highlights wie auch Langeweile entdeckt. Und genau wie der Autor fand ich Szuza Bank schrecklich öde, Stanisiks "Wie der Soldat das Grammofon repariert" dagegen toll. Auch Alina Bronsky und Olga Grjasnowa sind für mich gelungene Beispiele. Und Fatih Akin beim Film sowiso :anbet

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich