Interview mit Sigrid Löffler

  • Dieter, ich kenne viele, die die Kritiken der Löffler sehr schätzen, von daher kann man wohl nicht sagen, dass sie kein Publikum hat. Ich zähle mich selbst allerdings nicht unbedingt dazu. Den Scheck finde ich unterhaltsamer. Das ist ja gerade das Schöne - DIE Literaturkritik gibt es genau so wenig, wie es DIE Literatur gibt. Alles sind Grautöne, und gerade die Bücher, die die Kritiker entzweien in ihrer Beurteilung, sind oft recht interessant (allerdings auch nicht immer ...)


    @ LeSeebär
    Ich kann dir nicht sagen, welche Assoziationen Frau Löffler zu ihrer Antwort gebracht haben. Ich fand schon, dass Buzzaldrins Frage eine gewisse Richtung nahelegte, die die Antwort von Frau Löffler dann auch eingeschlagen hat. Vermutlich hätte sie viel differenzierter und ausführlicher antworten können, wenn sie denn gewollt hätte. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass Frau Löffler absolut keine Ahnung davon hat, dass es jenseits von Amazon-Rezensionen noch eine ganze Welt voller Literaturblogs gibt, von denen die meisten ebenso aussagekräftig wie die Amazon-Rezensionen daher kommen, aber eben längst nicht alle. Es ist halt nicht ihre Welt.


    Aber das ist ja auch irgendwo ein Statement.

  • Zitat

    Original von magali
    Wenn LiteraturkritikerInnen sich nicht mit Unterhaltungsliteratur beschäftigen, hat das damit zu tun, daß sie nicht das Instrumentarium dafür haben. Literaturwissenschaftliche, literaturtheoretische, sprachtheoretische Methoden und Techniken können Unterhaltungsliteratur nicht angemessen erfassen. Deswegen lassen LiteraturkritikerInnen die Finger davon. Sie mögen elitär klingen, aber tatsächlich kennen sie einfach ihre Grenzen.


    Magali, dem kann ich nicht ganz folgen. Es gibt durchaus literaturtheoretische Methoden, um sich mit Unterhaltungsliteratur auseinanderzusetzen. Es gibt ganze Theorieansätze, die sich dem Feld jenseits des Literaturkanons annehmen (da braucht man sich nur die ganzen sozialkulturellen Ansätze anschauen). Und vieles von dem, was heute Literaturkanon ist, war früher Trivial.

  • Du behauptest, Denis Scheck sei kein Literaturkritiker, magali?
    Er ist zweifellos einer, allerdings ein solcher, der sich nicht in die überkommenen Schablonen für dieses Berufsbild pressen lässt. Er erfüllt sowohl von seiner Ausbildung, als auch von seiner Erfahrung und vor allem seiner Kompetenz alle Anforderungen an einen seriösen Literaturkritiker, hat sogar eine Gastprofessur für Literaturkritik an der Uni Göttingen gehabt.


    Dass er darüber hinaus in der Präsentation seiner Rezensionsarbeit neue Wege sucht, auch experimentiert, spricht nicht gegen, sondern für ihn. Er will nämlich Menschen für Bücher interessieren. Und das ist gut so.


    Professionelle Literaturkritiker müssen keineswegs "von der Bildfläche verschwinden". Ich habe für sie immer einen Lanze gebrochen in einer Zeit, die vor z. T. erbärmlichen Laienrezis nur so wimmelt. Was wir aber nicht brauchen (jedenfalls nicht außerhalb der Gelehrtentürme) sind elitäre Vertreter dieses Standes, die frech von sich behaupten, sie seien in der Lage, bereits nach einem Satz, maximal nach einer Seite zu beurteilen, ob ein Buch "misslungen" sei (Originalton Löffler) und die solchen Schwachsinn mit ihrer scheinbar unangreifbaren Kompetenz begründen.


    That´s it.

  • Zitat

    Original von LeSeebär
    Schon beim ersten Lesen des Interviews stellte sich mir die Frage, warum sich Frau Löffler überhaupt mit den Rezensenten von Amazon mißt?


    Vielen Dank, LeSeebär :-). Genau das habe ich auch bis jetzt nicht verstanden. Ich habe mich nur nicht getraut, noch mal damit anzufangen, weil ich das Gefühl hatte, als begriffsstutziger Trottel dazustehen.


    Wenn Amateur-"Kritiker" ein mehr oder minder leicht von den Machern im Hintergrund lenkbares Verkaufsinstrument für Bücher sind, die nicht unter den "Kunst"-Begriff *) fallen, während echte Literaturkritiker sich mit höherer Literatur beschäftigen - dann sollte es doch zwischen beiden nur in absoluten Ausnahmefällen Berührungspunkte geben?


    Was das Interview angeht: da schwingt definitiv viel Ungesagtes mit. Ich hatte die Hälfte der Zeit das Gefühl, einer Unterhaltung zuzuhören, bei der ich zu spät gekommen war und den Anfang verpaßt hatte.


    *) Den Begriff "Kunst" habe ich kennengelernt im Zusammenhang mit der im Dialekt gestellten Frage: "Kunnst ma du vielleicht fünf Mark leicha?" Und viel weiter bin ich seitdem nicht damit gekommen.

    Meine Bewertungsskala: 1-4 Punkte: Mehr oder minder gravierende formale Mängel (Grammatik, Rechtschreibung, Handlung). 5/6 Punkte: lesbar. 7/8 Punkte: gut. 9/10 Punkte: sehr gut. Details und Begründung in der Rezi.

  • Dieter Neumann


    nein, Scheck ist kein klassischer Literarurkritiker, nicht mal Kulturkritiker, er ist Übersetzer - ein angesehener, mit nicht wenigen Preisen - und Journalist. Wo ist das Problem?


    Und wenn Du LiteraturkritikerInnen so schätzt, warum schreibst Du dann einen solchen Satz?


    ' ... die die erzkonservativen, selbstverliebten Kritiker in ihren Elfenbeintürmen endgültig zu einer aussterbenden Spezies macht.'



    Tilia Salix


    natürlich gibt es solche Methoden. Aber sie sind keine rein literarischen mehr, ich habe oben nur die klassischen aufgeführt, mit gutem Grund.
    Unterhaltungsliteratur entzieht sich einer rein literaturtheoretischen/literaturwissenschaftlichen Qualifizierung. Dazu muß man andere Methoden anwenden, 'sozialkulturell', um Deinen Ausdruck aufzunehmen, heißt Methodik anderer Fachrichtungen bzw. greift auf solche zurück und entwickelt etwas Neues.
    Das wird gemacht, das schreib ich viel weiter oben schon, und ich wüßte auch nicht, daß Frau Löffler so etwas verbietet.



    LeSeebär und Josefa


    Löffler mißt sich nicht an den Amazon-Rezensentinnen. Sie weist darauf hin, daß diese in einer Vielzahl auftreten und deren Meinungsäußerungen dazu führen, daß Leute den Eindruck bekommen, diese Meinungsäußerungen seien echte Kritiken, weswegen dann Profi-KritikerInnen einpacken und verschwinden können.
    Die Diskussionen bestätigen das dann ja auch.
    Elitär, Geschwurbel, Elefnbeinturm, brauchen wir nicht, 'das' Publikum zählt, wir wissen, was wir wollen ... Weg mit allem, was uns stört.


    Zum zweiten, was hier immer wieder übersehen wird, weist sie darauf hin, daß Amateur-KritikerInnen nicht merken (wollen), daß sie zur Vermarktung eingespannt werden. Daß sie nicht darauf achten, daß sie eventuell manipuliert werden. buzzaldrin hat die sehr interessante Frage gestellt, was Verkaufsverhalten beeinflußt und Löfflers Antwort ist aufschlußreich.
    Das kann man sich durchaus mal durch den Kopf gehen lassen und überprüfen, wie 'frei' man als Amateurin tatsächlich ist. Haben wir hier im Forum nicht immer wieder mal die Diskussion darüber, ob man mit AutorInnen, die man kennt, zu nett umgeht in Leserunden? Nur eins von einigen Beispielen.


    Josefa


    klar hast Du den Eindruck, daß da viel Ungesagtes mitschwingt. Das ist richtig. Die Diskussion ist viele Jahre alt, was Löffler da sagt, hat sie schon oft gesagt, nur wenig war neu.
    Es ist ein Grundproblem geworden und sie ist nicht die einzige, die darüber spricht.
    Sie hat es auch knapp gemacht, ich weiß nicht, ob buzzaldrin ihre eine Längenvorgabe gab, etwa, weil der Platz auf dem Blog beschränkt ist. Löffler selbst neigt nicht zum Quatschen, sie spricht eher kurz, prägnant, formuliert aber extrem dicht. Für das, was sie da alles sagt, über den Stand der Literaturkritik, das Problem mit Markt und Buch und Amazon, über LaienkritikerInnen und Fachleute, über ihre eigenen Probleme damit und Befürchtungen, bräuchten andere sieben Seiten.
    Die Frau kennt den Literaturmarkt seit 45? Jahren. Das merkt man.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali



    Warum ist es so wichtig, daß sie von der Bildfläche verschwinden? Warum stören sie so, daß man sie nicht mehr sehen und hören möchte? Warum muß man mit dem Finger auf sie zeigen und sie herabsetzen? Und was ist mit ihrem Publikum, klein, aber durchaus da? Soll es sich also einschränken, verzichten?
    Woher rührt die heftige Abneigung?


    Umgekehrt wird ein Schuh daraus, liebe Magali.
    Es ist Frau Löffler die mit beispielsloser Arroganz mit dem Finger auf den "Normalleser" zeigt, ihn nicht ernst nimmt und sich selbst als Nabel der Literaturkritik sieht. Es ist Frau Löffler die meint, den Leserinnen und Lesern ins Stammbuch schreiben zu dürfen "Eure Amazonkritiken sind lächerlich, da ihr über kein fundiertes literarisches Wissen verfügt - ihr konsumiert nur ohne auch nur ein Jota zu verstehen und davon zeugen dann auch eure Meinungsäußerungen"


    Ich habe aufgrund dieser Diskussion einmal in meinen alten LITERATUREN-Ausgaben geblättert (ich habe übrigens alle Ausgaben gesammelt) und einige Artikel von Sigrid Löffler gelesen. Sehr fundiert las sich das alles nicht. Da war auch viel Geschwafel bei. Da hatte ein MRR doch ein wenig mehr Niveau.


    Ach ja - Frau Löffler hat ja nun ein Buch mit dem Titel "Die neue Weltliteratur und ihre großen Erzähler" im November 2013 veröffentlicht. Ein Buch ohne neue Erkenntnisse - allenfalls ein Sammelsurium ihrer Artikel. Das Feuilleton rät davon ab dieses Buch zu kaufen.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar


    Denis Scheck war jahrelang Juror in Klagenfurt beim Bachmannpreis.
    Ich habe seine Arbeit dort sehr wohl als Literaturkritik empfunden.


    Zwei Jahre, ich weiß, trotzdem danke für die sehr richtige Ergänzung.
    Und er hatte eine Gastprofessur in Heidelberg? Göttingen? für Literaturkritik.


    Trotzdem sehe ich ihn in erster Linie als Kulturjournalist, was seine Buchvorstellungen angeht.
    Als zentral sehe ich eher seine Arbeit als Übersetzer und seinen Einsatz für diesen Berufsstand.


    Aber das sind halt persönliche Einschätzungen.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    Löffler mißt sich nicht an den Amazon-Rezensentinnen.


    Naja, das ginge ja auch gar nicht, oder? Anderes Objekt der Betrachtung und anderer Adressat (Literaturwissenschaftler und interessierte Laien gegenüber dem "normalen" Buchkäufer).


    Zitat

    Original von magali
    Sie weist darauf hin, daß diese in einer Vielzahl auftreten und deren Meinungsäußerungen dazu führen, daß Leute den Eindruck bekommen, diese Meinungsäußerungen seien echte Kritiken, weswegen dann Profi-KritikerInnen einpacken und verschwinden können.


    Aber weswegen wäre denn der Eindruck von Deppen Laien wie mir überhaupt von Bedeutung? Ich halte zum Beispiel auch Profi-Sport für ein überflüssiges Ärgernis und habe trotzdem wenig Hoffnung, demnächst die Fußball-Bundesliga abgeschafft zu sehen ... Für mich werden solche Kritiken ja offenkundig sowieso nicht verfasst. Dann könnte es Frau Löffler doch egal sein, ob ich ihre Arbeit nun für wichtig halte oder nicht? In den allermeisten Fällen wird diese Tätigkeit ohnehin in einer Welt stattfinden, die ich nicht betrete und von deren Existenz ich bestenfalls eine schwache Vorstellung habe.

    Meine Bewertungsskala: 1-4 Punkte: Mehr oder minder gravierende formale Mängel (Grammatik, Rechtschreibung, Handlung). 5/6 Punkte: lesbar. 7/8 Punkte: gut. 9/10 Punkte: sehr gut. Details und Begründung in der Rezi.

  • Sigrid Löffler kann man natürlich mögen oder nicht.
    Bei all den Jahren im literarischen Quartett damals konnte ich mit ihr mehr anfangen als mit MRR, manchmal, manchmal auch nicht.
    Live habe ich sie auch gesehen, und fehlendes Einfühlungsvermögen und Ironiefreiheit gespürt.
    Nunja, dennoch würde ich ihre Leistung insgesamt nie in Frage stellen.
    Ich persönlich bin der Meinung, dass wir diese Form der Literaturkritik unbedingt brauchen. Das da eine "Konkurrenz" aus dem Laienbereich (Buechereule, Amazon) entstanden ist, liegt vermutlich nur an der enormen Masse.

  • Zitat

    Original von magali
    Zum zweiten, was hier immer wieder übersehen wird, weist sie darauf hin, daß Amateur-KritikerInnen nicht merken (wollen), daß sie zur Vermarktung eingespannt werden.


    Und professionelle Kritiken haben keinen Einfluss auf die Vermarktung? Nicht einmal dann, wenn man sie im Feuilletonteil einer Zeitung veröffentlicht?

    Meine Bewertungsskala: 1-4 Punkte: Mehr oder minder gravierende formale Mängel (Grammatik, Rechtschreibung, Handlung). 5/6 Punkte: lesbar. 7/8 Punkte: gut. 9/10 Punkte: sehr gut. Details und Begründung in der Rezi.

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von Josefa ()

  • Zitat

    Original von Josefa


    Naja, das ginge ja auch gar nicht, oder? Anderes Objekt der Betrachtung und anderer Adressat (Literaturwissenschaftler und interessierte Laien gegenüber dem "normalen" Buchkäufer).


    Entschuldige. Habe ich das falsch verstanden? Ich dachte, es wäre die Frage?


    Zitat

    Original von magali
    Sie weist darauf hin, daß diese in einer Vielzahl auftreten und deren Meinungsäußerungen dazu führen, daß Leute den Eindruck bekommen, diese Meinungsäußerungen seien echte Kritiken, weswegen dann Profi-KritikerInnen einpacken und verschwinden können.


    Zitat

    Aber weswegen wäre denn der Eindruck von Deppen Laien wie mir überhaupt von Bedeutung? Ich halte zum Beispiel auch Profi-Sport für ein überflüssiges Ärgernis und habe trotzdem wenig Hoffnung, demnächst die Fußball-Bundesliga abgeschafft zu sehen ... Für mich werden solche Kritiken ja offenkundig sowieso nicht verfasst. Dann könnte es Frau Löffler doch egal sein, ob ich ihre Arbeit nun für wichtig halte oder nicht? In den allermeisten Fällen wird diese Tätigkeit ohnehin in einer Welt stattfinden, die ich nicht betrete und von deren Existenz ich bestenfalls eine schwache Vorstellung habe.


    Umgekehrt, Josefa.
    Diese Kritiken sind ein Angebot. Sie sind da, wenn eine Leserin sie braucht. Sie sind allerdings nicht leicht zugänglich, sie fordern etwas. Dafür geben sie etwas.
    Es geht aber nicht ums Ausschließen, sondern um die Möglichkeit, selber weiterzukommen. Ehrliche KritikerInnen halten die Leute eben nicht für Deppen, sondern für Interessierte. Sie bieten eine Chance.
    Warum sollte sich jemand wie Frau Löffler nicht freuen, wenn Du einen Artikel von ihr magst?
    Lies die Artikel, betritt die Welt. Wenn es Dich interessiert.


    Daß Profi-Sport nicht abgeschafft wird, liegt an der Kohle, die dahintersteckt. Um das zu ändern, müssen wir ein bißchen mehr tun, als Artikel über den Einfluß von Macbeth auf die Popliteratur zu lesen.
    :lache

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von Josefa


    Und professionelle Kritiken haben keinen Einfluss auf die Vermarktung? Nicht einmal dann, wenn man sie im Feuilletonteil einer Zeitung veröffentlicht?


    :lache
    Und ob.


    Es ist eine Gratwanderung. Einige Literaturkritikerinnen halten sich deswegen von aktueller Literatur fern.


    Bei Löffler ist es schon zweifelhaft, wenn sie da Purismus predigt. Ich nehme ihr ab, daß sie vorsichtig sein will. Sie bemüht sich auch, die Bücher nicht anzupreisen, keinen Wirbel zu veranstalten, sondern sie ganz sachlich vorzustellen. Man hat nicht das Gefühl: das muß ich jetzt und auf der Stelle LESEN!!
    Sie diskutiert auch mit Publikum über Bücher, sonntags in einer Buchandlung. Zumindest bis vor kurzen, ich war nie dort, sonntags um elf ist definitiv nicht meine Ausgehzeit.
    Also, wie gesagt, es besteht da ein Unterschied zwischen, ähm, Verfassungstheorie und Verfassungspraxis.


    Trotzdem ist es ganz gut, wenn man mal das Ideal auf der Reihe hat. Dann kann man sich über die Abweichungen unterhalten und einen eigenen Standpunkt finden. Und um den geht's ja, oder?
    Bloß muß man halt erst gründlich informiert sein.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Herr Palomar


    das geht mir ähnlich. Sie ist manchmal recht barsch. Es ist wahrscheinlich nicht ganz leicht, eine andere Meinung an sie dran zu bringen.
    Ich kenne nur ihre Buchvorstellungen hier im Radio, höre ihr aber gern zu.
    Und wenn eine mit über siebzig noch so fit ist, kann man eigentlich nur gratulieren.




    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Da kann ich Dir beipflichten!


    Eigentlich ist es schwierig, einen richtigen Überblick über Entwiicklungen der Online-Literaturwirkung zu erhalten, da es zu viele Blogs gibt.
    Was manche Blogs leisten ist bemerkenswert, doch erscheinen mir die, die sich mit zeitgenössischer Literatur beschäftigen gegenüber der Unterhaltungsliteratur in der Minderheit.

  • Ich wollte nur sagen: Nachdem ich das Problem noch immer nicht komplett erfassen zu können scheine, schreite ich jetzt zum Selbstversuch. Ich hab' mir jetzt aus dem anderen Artikel, den Voltaire kürzlich verlinkt hatte, ein Buch bestellt, das dort erwähnt wurde: "Wie der Soldat das Grammofon repariert". Da scheinen sich alle einig zu sein, dass es sich um richtige "Literatur" handelt. Das werde ich jetzt lesen, und dann begreife ich vielleicht, weshalb das nun "Literatur" ist, und das letzte Buch, das ich gelesen habe, Ulf Schiewes "Schwert des Normannen", nicht :grin.


    Und wenn ich das kapiert habe, kapiere ich vielleicht auch die Notwendigkeit vollkommen unterschiedlicher Betrachtungsweisen für etwas, das für mich oberflächlich so ähnlich aussieht.

    Meine Bewertungsskala: 1-4 Punkte: Mehr oder minder gravierende formale Mängel (Grammatik, Rechtschreibung, Handlung). 5/6 Punkte: lesbar. 7/8 Punkte: gut. 9/10 Punkte: sehr gut. Details und Begründung in der Rezi.

  • Das ist interessant. Lass uns das Ergebnis bitte wissen! :wave


    Wobei ich vermute, dass sich in diesem Fall zwischen E- und U-Literatur einiges übertschneidet, da "Wie der Soldat das Grammofon repariert" ein leichter, unterhaltsamer Roman ist, während Ulf Schiewe auf durchaus anspruchsvolle Art gründlich fundierte Unterhaltunsgliteratur schreibt.

  • Zitat

    Original von Tilia Salix
    Ich kann dir nicht sagen, welche Assoziationen Frau Löffler zu ihrer Antwort gebracht haben. Ich fand schon, dass Buzzaldrins Frage eine gewisse Richtung nahelegte, die die Antwort von Frau Löffler dann auch eingeschlagen hat.


    Nochmal: Buzzaldrin hat nach der Entwicklung von Onlinemedien, insbesondere Literaturblogs gefragt. Mit den von Frau Löffler ins Gespräch gebrachten Punkten Amazon und Schwarmintelligenz hat das meines Erachtens nix zu tun. Möglicherweise weiß sie wirklich nicht, was Literaturblogs sind, aber selbst dann wären doch andere Antworten besser gewesen. Neben einem ehrlichen Zugeben, daß man sich mit Literaturblogs einfach noch nicht näher befaßt hat, wäre doch eine Erklärung wie hier von Magali gegeben, denkbar: Daß eben einem durchschnittlichen Hobbykritiker einfach das entsprechende Hintergrundwissen fehlt, um einen Text im Sinne der Wissenschaft zu erforschen und zu erarbeiten.


    Die einfachste Möglichkeit wäre jedoch meiner Ansicht nach gewesen, zu erklären, daß Literaturblogs bestenfalls die Aufgabe von "journalistischen Dienstleistern" (Ihr eigener Ausdruck für die professionellen Buchvorstellungen) übernehmen könnten, aber nicht die wissenschaftliche Arbeit einer Literaturkritikerin. Sie hat diesen Ansatz ja schon bei der Frage, wozu man noch Literaturkritik braucht, begonnen - an diesen Punkt hätte sie einfach anknüpfen können.


    Zitat

    Original von magali
    Diese Kritiken sind ein Angebot. Sie sind da, wenn eine Leserin sie braucht. Sie sind allerdings nicht leicht zugänglich, sie fordern etwas. Dafür geben sie etwas.


    Es bleibt aber dennoch die Frage: Was nutzt mir eine fundierte Quelle, wenn sie nur für eine verschwindend kleine Nische überhaupt nutzbar ist? Egal, ob Herr Scheck nun Literaturkritiker oder journalistischer Dienstleister ist, er schafft es, mir als Leser eine, meinen bescheidenen Ansprüchen nach, fundierte Buchvorstellung zu bieten, und das eben auch für Unterhaltungsliteratur (ich spreche hier von echten Buchvorstellungen, nicht von diesem Marketinggag mit der Bestsellerliste). Ich bin vielleicht in der Hinsicht etwas beschränkt, aber es ist für mich nicht gerade wesentlich, zu wissen, ob ein Buch nun in direkter Erbfolge auf Shakespeare zurückgeht, oder ob der Ursprung doch eher bei Grimmelshausen oder Goethe zu suchen ist.


    Vielleicht wird ja die ganze Debatte falsch geführt, weil man völlig unterschiedliche Auffassungen hat, was Literaturkritik leisten soll? Frau Löffler sagt im Interview, sie will die richtigen Bücher und die richtigen Leser zusammenbringen. Aber wenn sie von vorneherein die Masse der Bücher kategorisch ausschließt, sind doch die Vorwürfe in Richtung Elfenbeinturm einigermaßen gerechtfertigt. Wenn sie jetzt erklärt, nicht für den Leser als journalistischer Dienstleister tätig zu sein, sondern die Bücher im Sinne der Literaturwissenschaft zu diskutieren / einordnen zu wollen und sich dabei eben auf die für die Literatur wesentlichen beschränken zu müssen, ist das für mich akzeptabel, hat aber mit dem gewöhnlichen Leser nur auf einer weit entfernten Ebene zu tun.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Vielleicht wäre es ja sinnvoll gewesen, diese Frau Löffler hätte die Chuzpe aufgebracht und gesagt, dass sie "wissenschaftliche Literaturkritik" betreiben würde - und das alles andere nur "(unmassgebliche) Meinungen über Literatur" wären. Dann hätte sie sich mit ihrer Kritik in ihren Elfenbeinturm zurückziehen können und brauchte nicht die Befürchtung zu haben, dass irgendein normaler Sterblicher (sprich Leserin oder Leser) ihre wissenschaftlichen Ausarbeitungen liest - denn dieser Literaturkonsumentenhaufen (sprich Leserinnen und Leser) würde sie ja eh nicht verstehen, die so hoch über ihnen thront.


    Und dann könnte man dieser Frau Löffler ja mal anempfehlen, sich in ihrer Mittagspause vielleicht einmal mit den Literaturblogs zu befassen. Es wäre möglich, dass sie dann ihre Meinung ein wenig revidiert - muss sie ja nicht laut sagen, diese Charakterstärke hat sie nicht - aber so bei sich im eigenen Kopf........


    Und egal was man macht, was man weiß oder was man kann - Niemand hat das Recht anderen Menschen arrogant zu begegnen.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Auch ich glaube, dass das Interview sicherlich viel Diskussionspotential bieten kann - sei es ihr Kriterium der ersten Seite (das ich so nicht nachempfinden kann) oder ihre Einschätzung der Onlinekritiken.


    ... schrieb buzzaldrin auf der ersten Seite. Das ist deckungsgleich mit meinem Empfinden.


    Magenschmerzen bereitet mir in diesem Zusammenhang der Begriff LiteraturWissenschaft. Was ein Mathematiker oder ein Physiker über diesen zusammengesetzten Begriff denken mag, kann ich mir gut vorstellen (Semantische Umweltverschmutzung?).


    Mag die hochverehrte Frau Löffler sich unter der Illusion Wissenschaft verstecken, so sehe ich, wenn ich ihren Sermon entblättere, nix Anderes als MEINUNG.