Maurizio de Giovanni: Das Krokodil

  • Maurizio de Giovanni: Das Krokodil
    Verlag: Kindler 2014. 336 Seiten
    ISBN-13: 978-3463403700. 19,99€
    Originaltitel: Il Metotodo del Coccodrillo
    Übersetzerin: Susanne Van Volxem


    Verlagstext
    Sie nennen ihn das Krokodil. Er ist die perfekte Mordmaschine. Aber warum weint er, wenn er tötet? Drei junge Menschen werden tot aufgefunden, kalt gemacht durch ein- und dieselbe Waffe. Den Täter nennt die Presse nur "das Krokodil". Weil er am Tatort ein Taschentuch mit Tränenflüssigkeit hinterlässt. Weint er Krokodilstränen um seine Opfer? Inspektor Lojacono wurde von Sizilien nach Neapel strafversetzt. Jetzt sitzt er in einem tristen Polizeibüro und dreht Däumchen. Bis die schöne und unnahbare Staatsanwältin Laura Piras sein Talent erkennt und ihn mit dem Fall betraut. Und so treffen sie in einem morbiden Neapel aufeinander: Der Inspektor und der Killer. Ein neues Kapitel des ewigen Kampfes zwischen Gut und Böse beginnt. Dieses Buch ist der Beginn einer Serie um Inspektor Lojacono und gewann den wichtigsten italienischen Preis für Kriminalromane, den Premio Scerbanenco. «So genial konstruiert, dass man es nicht anders beschreiben kann als mit dem abgenutzten Wort ‹atemberaubend›.»(Corriere del Mezzogiorno). «Das schonungslose Duell zwischen Lojacano und dem ‹Krokodil› erinnert an die düsteren Töne der großen amerikanischen Spannungsromane.» (Settimanale Nuovo). «In drei Worten: Bloß nicht verpassen!» (F.C.). «Zweifellos einer der interessantesten Krimiautoren unserer Zeit.» (Gioia)


    Der Autor
    Maurizio de Giovanni, 1958 geboren, lebt und arbeitet in Neapel. Für seine Ricciardi-Romane (im suhrkamp Verlag), die auch in Frankreich und Spanien große Erfolge feiern, hat er bereits mehrere Preise erhalten.


    Inhalt
    Die Presse bezeichnet ihn als "das Krokodil", den Serienmörder, der in Neapel junge Menschen aus nächster Nähe erschießt und am Tatort benutzte Taschentücher zurücklässt. Der Täter tarnt sich offensichtlich mit seiner Durchschnittlichkeit; niemand hat ihn an den Tatorten beobachten können. Die Polizei tappt bei der Suche nach Gemeinsamkeiten zwischen den jungen Opfern zunächst im Dunkeln; denn die Jugendlichen lebten in verschiedenen Stadtvierteln und unterschiedlichen sozialen Verhältnissen. Lojacono, der einzige Ermittler, dem zu dem sonderbaren Fall etwas einfällt und der selbst Vater einer Tochter im Teenageralter ist, muss seinen Arbeitstag mit dem Legen von Patiencen vertrödeln, kaltgestellt wegen eines nicht bewiesenen Dienstvergehens. Der gemeinsame Nenner der Taten ist ganz offensichtlich das Elternsein. Die junge Staatsanwältin Laura Piras untersucht, was den Mörder mit dieser Eigenschaft verbinden oder ihn davon unterscheiden könnte und befreit Lojacono aus seiner erzwungenen Untätigkeit. Maurizio de Giovanni lässt eine Vielzahl von Personen auftreten, von denen zunächst völlig unklar ist, welche Beziehung zwischen ihnen besteht. Durch die teils altertümlich verschnörkelte Sprache könnte man sogar auf die Idee kommen, dass die Figuren in verschiedenen Epochen gelebt haben. Eingeschoben zwischen die sehr kurzen Kapitel werden Briefe des Täters an eine geliebte Frau. Der Zusammenhang zwischen den Taten ist zwar schon frühzeitig zu ahnen, aber bis zur Auflösung des Falles müssen in Neapel bei den Ermittlungen erst einige Hindernisse überwunden werden.


    Fazit
    Herausragende atmosphärische Schilderungen bietet der Krimi nicht, der Schauplatz im Einflussgebiet der Camorra wirkte auf mich beliebig austauschbar. Die Darstellung der Figuren fällt unterschiedlich aus, sehr sympathisch und glaubwürdig fand ich Laetizia, Inhaberin einer Trattoria, und die couragierte Staatsanwältin. Die das Handeln der Figuren steuernden Wertvorstellungen erinnern eher an die 50er und 60er Jahre als an die Zeit zwischen 1990 und 2010, in der die Handlung spielt. Selbst als Person mit großer Sympathie für kleine Kinder finde ich das süßliche Pathos schwer erträglich, mit dem hier ein 1958 geborener Mann über das Muttersein schreibt.


    knappe 5 von 10 Punkten

  • Inspektor Lojacono ist strafversetzt worden, wegen einer Tat, die er nach eigener Aussage nicht begangen hat. Er darf sich nicht mehr an Ermittlungen beteiligen. Und doch ist er der erste Polizist am Tatort eines Mordes: ein Jugendlicher wurde mit einem Schuss hingerichtet. Der Inspektor erkennt schnell, dass nicht die Mafia dahinterstecken kann. Doch wer dann?


    "Das Krokodil" war mein erster Krimi von Maurizio de Giovanni und er hat mir sehr gut gefallen. Mit Ruhe und einem Auge für Details erzählt er einen Krimi, die schmerzhafter und wahrer nicht sein könnte.


    Die Geschichte wird aus der Erzählerperspektive wiedergegeben. Die Kapitel sind kurz und befassen sich immer wieder mit einer anderen Figur. So fiel es mir zu Beginn schwierig, dem Autor zu folgen. Nach ein paar Seiten hatte sich dies aber gelegt und ich konnte voll und ganz in den italienischen Krimi eintauchen.


    De Giovanni legt keinen Wert auf blutige Details oder besondere Beschreibungen des Tathergangs. Das hat mir gut gefallen. Auch schleppen seine Ermittler zwar ein eigenes Päckchen aus der Vergangenheit mit sich rum, sind aber nicht, wie mittlerweile sehr häufig, selbstzerstörerisch oder zynisch. Die Hauptfigur Lojacono war mir direkt sympathisch und zeigte sehr schnell, was die drauf hat. Anstatt mit seiner Versetzung zu hadern, stürzt er sich, sobald er auch offiziell dazu aufgefordert wurde, auf den Fall.


    Der Stil von Maurizio de Giovanni ist sehr gut und flüssig zu lesen. Hat man sich erstmal an die schnellen Figurenwechsel gewöhnt, kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen.


    Fazit: ein toller Krimi mit einem sympathischen Ermittler, von dem ich gern mehr lesen würde. Eine klare Leseempfehlung.

  • Der 1. Fall für Ispettore Lojacono


    Inspektor Lojacono langweilt sich in seinem neuen Job: nach Neapel strafversetzt und praktisch kaltgestellt, darf er nur Bürodienst schieben und an keiner Ermittlung aktiv teilnehmen. Doch der Zufall will es, dass er eines Nachts an einen Tatort gerufen wird, an dem ein Mord geschah. Auf Staatsanwältin Laura Piras macht er einen kompetenten Eindruck und als ein weiterer Mord geschieht, bezieht sie ihn in die Ermittlungen mit ein.

    Mit leicht sarkastischem Humor werden die beiden Hauptfiguren vorgestellt, der Polizist und der Killer. Wobei der Autor jedem sein eigenes Kapitel widmet. Und diese Erzählweise zieht sich durch den ganzen Roman. Auch den Nebenfiguren, Täter und Opfern gibt de Giovanni auf diese Weise ein Gesicht. Von Kapitel zu Kapitel springt er zwischen den Protagonisten, verschiedenen Handlungssträngen und Zeitebenen hin und her. Das erfordert Aufmerksamkeit beim Lesen, durch die gute Prise Humor, die sich durch den Roman zieht, wird es aber nie anstrengend.


    Ich begann mit einer gewissen Skepsis zu lesen, denn eigentlich bin ich kein großer Freund italienischer Krimis. Dieser hier konnte mich aber voll überzeugen mit seiner spannenden Handlung und seinem überzeugenden Protagonisten. Lojacono ist eine sympathische Figur, ohne größere Macken, der seine Kollegen locker in die Tasche steckt, denn diese werden durch die Bank als unfähig dargestellt.


    Der Schauplatz Neapel bildet einen unspektakulären aber atmosphärischen Hintergrund für die Krimihandlung. Diese mag gelegentlich ein wenig antiquiert wirken, es gibt auch wenig Überraschungen oder unvorhersehbare Wendungen. Dieser ruhige italienische Krimi funktioniert nach seinen eigenen Maßstäben, man kann sich über die gelegentlich recht angestaubten Äußerungen seiner Figuren wundern, stimmig und unterhaltsam ist er auf jeden Fall. An Spannung mangelt es nicht und die Auflösung ist nachvollziehbar und in sich schlüssig.


    Auf Italienisch sind bereits 3 Bände der Serie erschienen und ich hoffe auf eine baldige Übersetzung der Fortsetzung ins Deutsche.


    Zum Schluß noch eine Warnung: auf keinen Fall den Text auf dem Buchrücken lesen! Hier wird viel zu viel verraten, was ich sehr ärgerlich finde.

  • Auch ich habe dieses Buch vor kurzem gelesen und mir hat es sehr gefallen. Zum Inhalt wurde ja schon alles geschrieben, deshalb möchte ich hier nur noch meinen Eindruck vermitteln.


    Ein Krimi der etwas anders war, feinsinnig und nicht unbedingt blutrünstig obwohl es mehrere Opfer gibt. Auf der Suche nach dem Täter kommen verschiedene Schicksale ans Licht, die doch alle in gewisser Weise miteinander verstrickt sind. Der Krimi hat ein schlüssiges und nachvollziehbares Ende.


    Sollte es von diesem Schriftsteller noch mehr geben, oder eine Fortsetzung, dann bin ich bestimmt dabei.


    Von mir bekommt dieser Krimi die vollen 10 Punkte und natürlich eine Leseempfehlung.


    Viele Grüße :wave