Eric Metaxas - Bonhoeffer. Pastor, Agent, Märtyrer und Prophet

  • Titel: Bonhoeffer. Pastor, Agent, Märtyrer und Prophet
    Autor: Eric Metaxas
    Übersetzt aus dem Englischen von: Friedemann Lux
    Verlag: SCM Hänssler
    Erschienen: Dezember 2011
    Seitenzahl: 768
    ISBN-10: 3775152717
    ISBN-13: 978-3775152716
    Preis: 29.95 EUR


    Eric Metaxas Biographie über den Pastor Dietrich Bonhoeffer kann ohne Wenn und Aber als großartig bezeichnet werden. Metaxas schreibt einfühlsam und schafft es die spannende Lebensgeschichte Bonhoeffers in all ihren Facetten dem Leser nahezubringen.


    Für seine Biographie verwendete Metaxas wenig bekannte oder bis dahin gänzlich unbekannte Briefe und Dokumente. Auf 768 Seiten wird nicht nur das Leben Bonhoeffers vor den Lesern ausgebreitet, es ist auch ein Ausflug in politische und geschichtliche Zusammenhänge.


    Dieses Buch macht deutlich wie unerschütterlich Dietrich Bonhoeffer seinem christlichen Glauben gelebt hat. Nichts konnte ihn dabei verunsichern. Auch in seinen letzten Stunden kurz vor seiner Hinrichtung im KZ Flossenbürg (vierzehn Tage bevor das KZ befreit wurde) war er gefasst und in tiefem Gebet.


    Bonhoeffer war unerschütterlich in seinem Glauben und in seinen Einstellungen – ohne dabei intolerant oder unbelehrbar zu sein. Er war immer bereit sich auch mit den Argumenten Andersdenkender auseinanderzusetzen. Insofern war er auch kritisch gegenüber sich selbst. Immer wieder stellte er seine Meinungen auf den Prüfstand, Starrheit und Unbeweglichkeit im Denken war nicht sein Ding.


    Dietrich Bonhoeffer hat sich immer gegen die Verlogenheit in der Kirche gewandt. Kirche musste nach seiner Meinung für die Menschen dasein, musste den Menschen beistehen; Kirche durfte nicht Selbstzweck sein.


    1939 war Dietrich Bonhoeffer noch zu einem Besuch in den USA. Obwohl ihm nahegelegt wurde nicht wieder nach Deutschland zurückzukehren, er war bereits seit einiger Zeit in das Fadenkreuz der Gestapo gelangt, fuhr er im Juli 1939 zurück nach Deutschland. Sicher hatte er überlegt in die USA zu emigrieren, aber die Tageslosung vom 24. Juni war für ihn wie ein Zeichen: „Wer glaubt, der flieht nicht (Jesaja 28,16)“. Und da stand für ihn in aller Deutlichkeit fest: Sein Platz war in Deutschland – egal ob der Gefahren, die ihm durchaus bewusst waren.


    Eric Metaxas wurde 1963 in New York geboren und hat deutsch-griechische Wurzeln. Er arbeitet als Journalist für die New York Times und für CNN.


    Diese Biographie über einen großen Deutschen, über einen der das Christsein auch wirklich lebte, ist sehr lesenswert. 9 Eulenpunkte.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Hatte ich das nicht so ganz anders in Erinnerung? Hatte ich etwas überlesen, vielleicht zu einseitig gelesen? Da half nur ein zweiter Blick ins Buch, ein zweites Lesen dieses Buches, das fast schon ausgesondert war.


    Zu Beginn des Buches … nun ja, drei (in Worten: DREI!) Seiten Lobpreisungen, nein, keine Angst, nicht für Gott, sondern „nur“ für den Text, den zu lesen man sich nun anschicken soll. Eine winzige kleine Einschränkung macht doch immerhin Mr. Caleb J. D. Maskell auf Seite 2, „vielleicht“, so sein Einwand, stimme „nicht jeder Leser mit allen Aussagen Metaxas über Bonhoeffer überein“, doch darum solle es „überhaupt“ (sic!) nicht gehen. Nein? Ja, ich bitte, worum denn dann? Wachgerüttelt solle man werden, „provoziert“ und – immerhin auch das: - inspiriert, so weiter der Zitierte. Bedauerlicherweise funktionierte bei mir auch beim zweiten Lesen nur der zweite dieser Begriffe.


    Beeindruckend kommt ja auch das Vorwort zur deutschen Fassung daher, wer hat da nicht alles mitgewirkt, damit auch alles stimme, auch der Vorwortschreiber Dr. Rainer Mayer ist ja nun nicht irgendwer, mit Bonhoeffer hat er sich, so ist leicht zu recherchieren, sehr beschäftigt. Nur zu gut erinnere ich mich noch an seine Schelte für eine Rezension in der Zeitschrift „Zeitzeichen“, Metaxas Buch betreffend (1). Tja, und da sitzt man dann mit der angesammelten Frustration und fragt sich, darf man denn zu diesem Buch etwas anderes sagen als … Lobpreisung?


    Das letztgenannte Wort benutze ich nicht leichtfertig, es scheint mir vorliegend allerdings angebracht. Mayer sagt (Seite 14), Metaxas Werk sei „weder ein Roman noch eine wissenschaftliche Abhandlung“, was es auch wirklich nicht ist: Ich kann es schlicht nur als Auslegung auffassen. Nicht eines biblischen Textes, sondern des Lebens Bonhoeffers und einiger Texte Bonhoeffers. Mehr nicht. Und damit kann man einverstanden sein oder nicht.


    Dass ich das Buch gerne gelesen habe, kann ich nicht behaupten. Eingedenkt des oben Erwähnten beschränke ich mich auf wenige Punkte: Der Weg Bonhoeffers bis in die Nachfolge Jesu erscheint mir zu einfach, zu durchsichtig gezeichnet, zu glatt verläuft in Metaxas Text diese besondere Lebensbahn. Der große Sucher, der intensiv Fragende (nicht nur an die Kirche, sondern auch an das Christentum) kommt mir ein bisschen zu kurz.
    Auch Bonhoeffers Beziehung zu Maria von Wedemeyer erscheint mir angesichts der „Brautbriefe“ so einfach nicht gewesen zu sein, wie ich das hier zu lesen bekomme.
    Ob Helmuth James von Moltke wirklich so gerne mit Bonhoeffer zusammen war, wie Metaxa Seite 489 behauptet, erscheint mir nicht schlüssig erklärt gerade auch angesichts ihrer vollkommen gegensätzlichen Meinungen zum Tyrannenmord; eine Quelle dafür gibt Metaxa, der sonst reichliche Quellenangaben bietet, nicht preis. Immerhin saß Moltke zur selben Zeit wie Bonhoeffer in Tegel ein; ein Bedürfnis, miteinander (wieder?) ins Gespräch zu kommen, scheint nicht unbedingt bestanden zu haben, obwohl durchaus die Möglichkeit zum Kassiberaustausch bestand.
    Mit einigem Befremden habe ich Metaxas Ausführungen zur liberalen Theologie zur Kenntnis genommen, es erscheint mir doch eine wenig arg verkürzte Sicht auf diesen Zweig zu sein. Sie ist wesentlich bunter und komplexer, als es in Metaxas Text zum Ausdruck kommt; ihre Fragen nach Gott sollte man nicht gleich abtun oder abwerten.
    Befremdlich habe ich auch einiges an Metaxas Ausdrucksweise empfunden, zum Beispiel wenn er Seite 629 den Tod „regelrechte Orgien“ in Buchenwald feiern lässt. Waren es nicht Menschen, die mordeten und folterten? Wenn Metaxa die „… rücksichtslose Raubgier“ (Seite 595) in Bezug auf einen „‘germanischen‘ Wolf“ erwähnt, ist mir nicht deutlich genug herausgestellt, wessen Meinung da kundgetan wird (auch hier: keine Quellenangabe): Ist es Terminus der Nazis, hätte es kenntlicher gemacht werden dürfen, ist es Metaxas Meinung, finde ich es empörend.


    Insgesamt ist mir in Metaxas Text zu viel im Ton einer Predigt gehalten, wenn es um Bonhoeffer resp. seine im Buch zitierten Schriften geht, zu viel Abwertendes, wenn es unter anderem um liberale Theologen, um katholische Glaubensgüter, um all die vielen anderen Dinge geht, die Metaxas Zustimmung oder Gefallen nicht finden. Letzten Endes geht es im Fall Bonhoeffer, so scheint mir zunehmend, um nichts anderes als um die Frage Jesu in Matthäus 16,15b (2). Die Antwort, die Metaxa gibt, ist meine Antwort nicht.


    Fragen werfen für mich auch die Auswahl der Fotos auf: Warum muss man dreimal das Konterfei eines gewissen Herrn Hitler begutachten, aber kein einziges Mal zum Beispiel eines von Maria von Wedemeyer, von der auch Metaxa konstatiert, sie sei für Bonhoeffer ein sehr wichtiger Mensch gewesen. Und wenn man schon ein Foto präsentiert, auf dem auch Otto Dibelius abgebildet ist, warum dann nicht wenigstens ein paar Worte zu seiner Rolle, zu seinem Reden und zu seinem Schweigen in der Bekennenden Kirche?


    Als Fazit bleibt für mich festzuhalten, dass das zweite Lesen die Enttäuschung verstärkt hat.


    Abschließend, weil Metaxa gern die Bibel zitiert: Man mag mir nicht mit 1. Kor. 14,35b (3) kommen, das kann hier schon nicht gelten, weil ich nicht zur Gemeinde von Herrn Metaxa gehöre: Röm 3,6a (4)


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    (1) Quelle: Unter anderem hier
    (2) „Ihr aber, was sagt ihr, wer ich bin?“
    Zitiert nach der Elberfelder Bibel
    (3) „Es steht der Frau schlecht an, in der Gemeinde zu reden“
    Zitiert nach Luther Bibel 1984
    (4) „Das sei ferne.“
    Zitiert nach Luther Bibel 1984


    Zitiert habe ich bewusst aus verschiedenen Bibel-Ausgaben, auch um zu verdeutlichen, dass es ein allzu Leichtes ist, die jeweils in Frage kommenden Passagen auszuwählen, nicht nur was die Bibel betrifft.