Ein intensiver Roman über eine intensive Zeit!
Inhalt
Mannheim, im März 1819. Der Dramatiker und russische Diplomat August von Kotzebue wird ermordet. Der Täter ist schnell ermittelt: der Theologiestudent Carl Ludwig Sand, ein Burschenschaftler, ein Anhänger der aufstrebenden National- und Liberalismusidee. Doch steckt in Sand ein verwirrter Einzeltäter oder ist er nur die Speerspitze eine verschwörerischen Gruppe? Die Zeit für die Ermittlungen läuft davon, denn unter den Herrschenden wartet man auf eine Gelegenheit, die Freiheitsbewegung im Keim zu ersticken ...
Lesermeinung
Ein besonderer historischer Roman, der in einer stiefmütterlich behandelten Epoche spielt. Die noch junge Strömung um Nationalismus und Liberalismus hat das 19. und vor allem das 20. Jahrhundert in Deutschland stark geprägt, im Guten und im Schlechten. Errungenschaften wie Presse- und Meinungsfreiheit entstammen ebenso dieser Epoche wie unmäßiger Nationalismus und Hass gegen alles andere. Tilman Röhrig hat einem der entscheidenden Momente dieser Epoche diesen Roman gewidmet und dabei einen großen Wurf gelandet.
Röhrig gelingt dabei der Balanceakt, die Epoche facettenreich darzustellen: wenn sich Sand in Verklärungen der liberalen Ideen verliert oder von Erinnerungen an gemeinsame Leibesertüchtigungen und Gemeinschaftsgefühl schwelgt, holt sein Gesprächspartner ihn ebenso auf den Boden der Tatsachen zurück wie der Autor den Leser. Düstere Momente wie die Bücherverbrennung auf dem Wartberg, bei dem Literatur wider den deutschen Geist verbrannt wurde, wirken wie ein Vorspiel auf die perversen Auswüchse, die Nationalismus und Patriotismus im 20. Jahrhundert trieben. Bei alldem gelingt dem Autor eine neutrale Darstellung, die dem Leser keine fortgefertigte Meinung eintrichtert sondern ihn auf Entdeckungsreise schickt.
„Der Funke der Freiheit“ begeistert neben seinem starken historischen Hintergrund vor allem durch seinen anspruchsvollen Stil. Kein Buch, das man mal eben weglesen kann, sondern ein intensives Stück Geschichte, dem der Autor mit dem nötigen Respekt und der nötigen Ernsthaftigkeit begegnet, ohne dabei der Glorifizierung anheim zu fallen. Auch die Charakterzeichnung gelingt hervorragend: durch Rückblicke in die Vergangenheit nimmt der Leser Anteil an Sands Charakterentwicklung, erkennt die vielen Einflüsse, die aus dem verträumten, alles andere als entschlussfreudigen jungen Mann einen politisch motivierten Attentäter machten. Auch die Nebencharaktere - der Untersuchungsrichter, die verliebte Tochter des Kerkermeisters - sind dreidimensional gezeichnet und geben einen Einblick in die verschiedenen Strömungen dieser Zeit.
Eine Empfehlung für all jene, die sich für diese Epoche interessieren – oder sich für sie interessieren möchten.
Edit: Rezension ergänzt