Titel: Graz. Novelle
Autor: Bart Moeyaert
Verlag: Luftschacht
Erschienen: Oktober 2013
Seitenzahl: 111
ISBN-10: 3902844256
ISBN-13: 978-3902844255
Preis: 16.40 EUR
Hermann Eichler ist ein sehr einsamer Mann. Er ist Apotheker und führt die Apotheke seiner Eltern nach deren Tod weiter. Die Souveränität die er als Apotheker hat, die fehlt ihm wenn es um ihn selbst geht. Er scheint sich einfach nicht selbst zu verstehen. Für jeden seiner Kunden hat er immer einen guten Rat, nur bei sich selbst herrscht die totale Sprachlosigkeit. Es scheint, als sei er sich selbst unglaublich fremd.
Eines Tages passiert vor seiner Apotheke jedoch ein Unfall. Ein junges Mädchen stürzt mit dem Fahrrad. Hermann Eichler sieht das Fahrrad und das junge Mädchen am Boden liegen. Und das ist für ihn der Anlass sich endlich seinen Gedanken und sich selbst zu stellen. An einem Winterabend macht er sich auf den Weg durch die Stadt. Und dieser Spaziergang erschliesst ihm neue Perspektiven und Sichtweisen. Dieses Buch ist mehr als die Suche eines Mannes nach sich selbst, als eine Erkundungsfahrt ins eigene Ich, dieses Buch – so scheint es – ist auch eine Verbeugung vor der Stadt Graz. Wieso der Flame Moeyaert gerade auf Graz kommt, wieso er seine Geschichte dort spielen lässt, das wird nirgends erklärt.
Auf diesem Spaziergang stellt sich Hermann Eichler sich seinen Demütigungen und seinen Enttäuschungen der Vergangenheit. Endlich so scheint es, findet dieser „sprachlose“ Mensch auch die Sprache die es braucht um zu verstehen. Er kann nun die eigene Verlorenheit beschreiben, sich mitteilen, vor allen Dingen auch sich selbst mitteilen.
Bisher war Bart Moeyaerts vor allen Dingen durch seine Kinder- und Jugendbücher bekannt geworden. Mit „Graz“ gibt er sein Prosadebüt für Erwachsene. Und dieses Debüt ist ihm ausgezeichnet gelungen. Herausgekommen ist ein feinsinniges, sensibles aber auch melancholisches Buch. Ein Buch das die großen Worte und Gesten verschmäht, aber trotzdem zu einer ganz besonderen, ganz speziellen Größe erwächst.
Sehr lesenswert. Vielleicht hat Bart Moeyaert es mit diesem Buch ja auch geschafft, dass „der Novelle“, die fast schon zu den „stark gefährderten Genres“ gehört, wieder ein wenig Lebensatem eingehaucht wurde. 7 Eulenpunkte.