Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
Verlag: Karl Blessing Verlag; Auflage: DEA, (19. August 2013)
ISBN-13: 978-3896674647
Originaltitel: De lach en de dood
Preis Gebundene Ausgabe: Euro 19.99
Preis Kindle E-Book: Euro 15.99
Autor
Pieter Webeling, 1965 geboren, veröffentlichte 2008 seinen ersten Roman, Veertig dagen. (Cossee). Als Journalist führte Pieter Webeling für angesehen holländische Zeitungen viel beachtete Interviews, unter anderem mit Holocaust-Überlebenden und mit Komikern. Nachdem er sich auch mit einem zeitgenössischen Komiker, den in den Niederlanden berühmten Youp van't Hek, unterhalten, weitere Zeitzeugen interviewt und mehrfach die Gedenkstätte des Stammlagers Auschwitz und Birkenau besucht hatte, schrieb Pieter Webeling De lach en de dood (Das Lachen und der Tod), der 2010 bei Cossee erschien, ein Roman, der die ambivalente Rolle des Humors in einem totalitären System lebendig macht.
Kurzbeschreibung / Klappentext
Der Held und Ich-Erzähler dieses Romans, Ernst Hofman aus Amsterdam, ist von Beruf Komiker. Er lebt für den Applaus und von dem Gelächter seiner Zuhörer. Da seine verstorbene Mutter Jüdin war und er mit politischen Witzen auffällig geworden ist, wird er 1944 in einem Viehwaggon mit anderen Verfolgten in ein Konzentrationslager gebracht. Doch Ernst Hofman kann nicht anders, er bleibt selbst im Lager Komiker und erzählt, mit Billigung des Barackenältesten, abends den Mitgefangenen Witze, um sie vor der endgültigen Verzweiflung zu bewahren und von dem Grauen abzulenken.
Als der deutsche Lagerkommandant das erfährt, will er Hofman dazu bringen, abends vor den SS-Leuten als Kabarettist aufzutreten. Erst weigert sich der Komiker, doch dann verspricht ihm der Lagerkommandant, die Frau, in die sich Hofman auf dem Transport verliebt hat, am Leben zu lassen. Es ist ein diabolischer Vorschlag, der den Häftling an die Grenzen seines Gewissens und seines Überlebenswillens führt.
Meine Meinung
Romane die sich mit dem 2. Weltkrieg und dem Holocaust befassen sind ein wichtiges Medium um gegen das Vergessen dieser kurzen aber umso grauenhafteren Jahre entgegenzutreten und es gibt sie in tausendfacher Ausführung. Ich glaube, Leser/-innen im deutschsprachigen Raum wurden in den letzten Jahren Literatur mit dieser bedrückenden Thematik irgendwie überdrüssig. Man weiss um das was damals geschehen ist, verdrängt es aber oder man will sich nicht mehr damit befassen. Eine menschliches Verhalten das verständlich und alles andere als verwerflich ist. Mir geht es nicht anders und doch hat dieses Buch vom ersten Moment als ich es gesehen habe meinen "Haben wollen" Reflex ausgelöst und ich musste es kaufen und umgehend lesen. Das Cover erinnerte mich an den unvergessenen Komiker Charlie Chaplin und einen seiner wichtigsten Filme "Der grosse Diktator", eine grandiose Satire auf Adolf Hitler. Der Leitgedanke dieser düsteren Zeit mit seinen schrecklichen Verbrechen mit Humor zu begegnen hat etwas groteskes an sich und doch kann ich nach kurzem Nachdenken nachvollziehen das Menschen die einen kleinen Lacher in einer verstörenden Situation hervorzaubern können wichtig sind. Sie bringen einen kurzen Moment Menschlichkeit, einen kurzen Moment Nächstenliebe aber auch einen kurzen Moment Vergessen der Tristesse.
Ernst Hoffmann ist Komiker von Beruf und wird als Halbjude von Holland in ein polnisches Konzentrationslager deportiert. Auf seiner beschwerlichen Reise begegnet er für ein paar Augenblicke Helena Weiss und wechselt ein paar Worte mit ihr. Diese kurze Begegnung, der Gedanke an diesen flüchtigen Moment hilft ihm beim Überleben im Arbeitslager. Schlomo, der Blockälteste, erfährt von Hoffmanns Talent als Kabarettist und er bittet ihn, an einem Abend für die Gefangenen eine kurze Vorstellung zu geben. So wird die die Idee "Jeden Tag ein Lacher" geboren. Den Nazis bleibt dies natürlich nicht verborgen und Ernst Hoffmann muss vor den SS Oberen eine komödiantische Vorstellung geben. Ein waghalsiges Unterfangen, den ein falscher oder falsch verstandener Witz oder Sketch könnte ihn sofort das Leben kosten. Er geht zudem mit dem Lagerkommandanten eine tückische Vereinbarung ein bei der Helena eine wichtige Rolle zugedacht ist ...
Ich möchte dieses Buch wirklich jedem lesebegeisterten Menschen ans Herz legen aber zugleich auch warnen. Wer primär eine Liebesgeschichte erwartet liegt falsch. Wer ein Buch voller Kalauer erwartet liegt ebenso falsch. Dieses Buch ist eine kleine aber erschütternde Episode über den Holocaust mit all seinen schrecklichen Verbrechen. Es wird von Leid und Schmerz erzählt, hier werden brutale Ermordungen geschildert, hier werden die Gräueltaten in den Krematorien schonungslos niedergeschrieben. Dem Wahnsinn des Sterbens begegnet der Schriftsteller Pieter Webeling mit seiner schlichten Art des Schreibens, Respekt und eine Prise Humor. Der Erzählstil ist sehr einfach gehalten, eher nüchtern und sehr leicht zu Lesen, der Inhalt sorgt aber für ein intensives Lesen. Normalerweise würde ich mehr Tiefe in der Handlung und der Zeichnung der Figuren bemängeln/verlangen. Bei diesem Thema bin ich mir aber bis jetzt nicht sicher ob ich das auch wirklich möchte. Vielleicht ist es gut so wie das Buch hier in gedruckter Form vor mir liegt.
Ich wünsche diesem bewegenden, schrecklich-schönen Roman viele kritische Leser die sich mit der Frage auseinandersetzen ob es in dieser elenden Situation leidender Menschen von Respektlosigkeit zeugt Spässe zu machen und Witze zu reissen oder ob es ein adäquates Mittel ist um nicht wahnsinnig zu werden und einen Rest geistiger Gesundheit zu bewahren. Wertung: 8 - 9 Eulenpunkte.