Komapatienten

  • Zitat

    Original von Historikus


    Hast du Beweise, dass der Mann schuld ist, dass sie die Essstörung bekam?


    :wow


    Smarana schreibt hier:


    "Eine Ess-Störung, die sie während ihrer Ehe mit diesem fürsorglichen Mann entwickelt hatte."


    Mit keinem Wort sagt sie hier, dass der Mann schuld daran ist... Genau lesen... ;-)

    "Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen, der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig."

    - Ernst Reinhold Hauschka

    Zitat

  • Zitat

    Original von smarana
    Doppelt makaber finde ich die Tatsache, dass die Komapatientein aufgrund eines Herzinfarktes ins Koma fiel, der durch eine Ess-Störung verursacht wurde. Eine Ess-Störung, die sie während ihrer Ehe mit diesem fürsorglichen Mann entwickelt hatte. Dass er nach all dieser Zeit, in der er schon wieder eine andere Frau und Kinder hat, es durchsetzen kann, dass sie verdurstet und verhungert finde ich einfach unfassbar.


    Bisher war ich der Ansicht, dass sie an einer Stoffwechselerkrankung litt aber ich kann mich irren oder ich verwechsel da etwas.


    Dass der Mann heute mit einer anderen Frau lebt und Kinder hat finde ich ganz verständlich. Liebe zu einer neuen Partnerin und Sorge um seine im Koma liegende Frau schließen sich ja nicht unbedingt aus und läßt nicht zwangsläufig auf mangelnde Fürsorge oder Moral schließen. Schlimm genug, dass die Medien jedes Detail ausschlachten zum Nachteil einer oder mehrerer Person/en.


    Mir ist nicht bekannt, welchen Vorteil der Ehemann nach dem Tod seiner Frau hat und bis jetzt bin ich der Meinung, dass er im Sinne seiner Frau handeln wollte.


    Apparatemedizin in akuten Notfällen zur Lebensrettung finde ich immer noch sinnvoll, als lebensverlängernde Maßnahme über viele Jahre eher nicht.


    Gabi


  • Hi Alexx,


    nein, ich berufe mich nicht auf Berichte aus Presse und TV, jedenfalls nicht ausschließlich. Die Erfahrungen habe ich teilweise durch eigene Angehörige (liegt allerdings schon viele Jahre zurück) und Bekannte bzw. durch eine gute Freundin, die schon lange im Altepflegebereich tätig ist. Sie war zunächst nur Helferin, mittlerweile ist sie Fachkraft und verzweifelt manches Mal an den Entscheidungen ihrer Stationsleitung(en). Hauptproblem ist Zeitmangel, man kann sich nicht wirklich um die Menschen kümmern, die einem anvertraut wurden. Tut man es doch, gibt es entweder lange Diskussionen oder sogar Abmahnungen. Alte Menschen, die durchaus noch in der Lage sind, sich selbst zu duschen oder zu waschen werden aus Zeitgründen nackt auf die Toilette gesetzt und dort geduscht, gerechnet wird in Minuten. Gefüttert werden auch die, die noch selbst essen können, nur dauert es zu lange. Wer meckert oder jammert wird zunächst ermahnt. Nützt das nichts, gibt es Tabletten damit die Station ruhig ist.


    Von Heim zu Heim wird es unterschiedlich gehandhabt und es ist immer eine Sache der Stationsleitung. So kann es innerhalb eines Hauses auch zu ganz unterschiedlichen Handhabungen kommen.


    Ich gehe nicht grundsätzlich davon aus, dass Heime schlecht geführt werden oder Heimleitungen unfähig sind aber es gibt solche Fälle und man sollte schon die Augen offen halten wenn man Angehörige dort untergebracht hat. Im übrigen ist die Situation der Pflegekräfte bekannt. Es werden zu wenig qualifizierte Kräfte eingestellt und es fehlt einfach die Zeit, sich wirklich zu 'kümmern'.


    Gabi

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    Original von Gabi


    Dass der Mann heute mit einer anderen Frau lebt und Kinder hat finde ich ganz verständlich. Liebe zu einer neuen Partnerin und Sorge um seine im Koma liegende Frau schließen sich ja nicht unbedingt aus und läßt nicht zwangsläufig auf mangelnde Fürsorge oder Moral schließen.
    Gabi


    Ich finde auch nicht, dass sich das ausschließt und es ist durchaus verständlich, dass sich jemand wieder einen neuen Partner sucht. Aber soweit ich das gelesen habe, hat er seine Frau in den letzten Jahren nicht mehr besucht, wohingegen ihre Eltern sich die ganze Zeit um sie gekümmert haben. Und deswegen bin ich der Meinung, dass die Entscheidung nicht von ihm getroffen hätte werden sollen. Bin aber auch nicht sicher ob Eltern, die vielleicht nicht loslassen können, die richtigen sind.
    Insgesamt bin ich sowieso der Meinung, dass Menschen von alleine sterben dürfen sollen, aber Nahrung zuführen heißt für mich nicht künstlich am Leben halten. Wenn ich esse, halte ich mich ja auch nicht künstlich am Leben.

  • Tja, und genau da liegt für mich der Hase im Pfeffer:


    Wenn ein Körper nur 'leben' kann, indem ihm über viele Jahre künstlich Nahrung und Flüssigkeit zugeführt wird, dann ist das für mich nicht der normale Übergang vom Leben zum Tod. Möglich ist das nur durch aufwendige Apparatemedizin, die uns hier und in den reichen Ländern zur Verfügung steht.


    Trifft dich die gleiche Erkrankung in einem anderen Land, auf einem anderen Kontinent dann gibt es nur die Möglichkeit zu sterben und das ziemlich schnell.


    Es wurde sehr medienwirksam dargestellt, dass die Patientin elend verhungern und verdursten wird .................... es hat niemand mehr von einem 'normalen' Sterbeprozeß geredet. Dieser Prozeß hätte ganz unspektakulär schon vor 15 Jahren stattgefunden, hätte man nicht über die nötigen Apparate verfügt.


    Wie weit der Ehemann involviert war oder nicht, das ist eine ganz eigene Geschichte und kann von den Medien so oder so dargestellt werden. Ich vertraue wenig auf RL-Reporte aus den USA, sorry. Ich gehe davon aus, dass jede Geschichte irgendwann ankommt wie bei dem Spiel 'stille Post', ziemlich verzwickt und verdreht und so, dass es möglichst meinungsmachend rüber kommt. Hat ja auch funktioniert wie man sieht.


    Gabi

  • Ich finde es sehr problematisch aufgrund von Informationen, die nur aus dritter Hand stammen können, über das Verhalten eines Menschen und seine Entscheidungsgründe zu urteilen. Das kann niemand der Beteiligten auch nur annähernd gerecht werden. Das gilt nicht nur für die Ursachen der Erkrankung, sondern auch für die jetzigen Lebensumstände der Angehörigen und lässt daher viel zuviel Raum für Spekualtionen. :-(

  • Wenn du genau liest, kannst du merken, dass es nicht um Urteil oder Schuld geht, sondern einfach um Überlegungen, welche Personen, die richtigen wären, so eine Entscheidung zu treffen.
    Ich persönlich mache mir darüber Gedanken, falls ich eine Patientenverfügung ausfülle, wer der richtige wäre, der sie für mich als Vertretung durchsetzt. Das sollte jemand sein, der mich gut kennt, der meinen Verlauf miterlebt, der mir aber auch nicht zu nahe steht und in folge dessen, mich vielleicht nicht gehen lassen kann. So jemanden zu finden, ist wirklich nicht leicht. Es geht nicht um eine Entscheidung, die man irgendwann in jungen Jahren einmal trifft, sondern man verändert solche Entscheidungen im Laufe eines Krankheitsprozesses. Ich kenne jemanden, der bis auf die Finger nichts mehr bewegen kann und sein Leben trotzdem als lebenswert empfindet. Die gleiche Person hat viel früher mal gesagt, wenn er nicht mehr selber den Löffel halten kann, will er nicht mehr leben. Und es steht uns nicht zu, nur weil man von außen kein Bewusstsein mehr erkennen kann, darüber zu urteilen, ob ein Leben sinnvoll ist oder nicht.
    Wir wissen es einfach nicht. Sondern wir urteilen von unserer eigenen Situation ausgehend, in der wir uns selbst nicht mal vorstellen können, dass man als Blinder oder als Gelähmter ein sinnvolles Dasein haben kann.
    Und es ist noch kein Mensch endlos künstlich am Leben gehalten worden, wenn ein Körper sterben will, dann tut er es auch an der Herz-Lungen-Maschine. Darauf kann man schon vertrauen. Ich bin für Schmerztherapie und jegliche lindernden und erleichternden Behandlungen, selbst wenn sie die Lebenszeit eventuell verkürzen, aber nicht bewusst beenden, nur weil wir von außen nicht mehr zuschauen können.

  • Zitat

    Original von smarana
    Doppelt makaber finde ich die Tatsache, dass die Komapatientein aufgrund eines Herzinfarktes ins Koma fiel, der durch eine Ess-Störung verursacht wurde. Eine Ess-Störung, die sie während ihrer Ehe mit diesem fürsorglichen Mann entwickelt hatte. Dass er nach all dieser Zeit, in der er schon wieder eine andere Frau und Kinder hat, es durchsetzen kann, dass sie verdurstet und verhungert finde ich einfach unfassbar.


    Genau das meine ich, smarana. Das sind weitgehend unbestätigte Informationen aus dritter Hand. Es gibt da auch andere Versionen, nach denen sie ihre erste Diät im Teenageralter gemacht hat. Es geht so schnell, dass die eigene Meinungsbildung durch die Berichterstattung in den Medien beeinflußt wird. Nicht mehr und nicht weniger wollte ich damit sagen. Nichts für ungut.


    Ich kann auch für mich selbst im Sinne einer Patientenverfügung nur vom augenblicklichen Standpunkt aus verfügen, was im Falle eines Falles für mich richtig sein könnte. Im Ernstfall kann das völlig anders beurteilt werden, je nachdem wie gut oder schlecht man sich mit einem Leben mit mehr oder weniger handicaps abfinden kann. Ich meine zwar, meine Meinung dazu zu kennen, aber wer weiß, ob das dann noch zutrifft, wenn es hart auf hart kommt? Da hilft auch nicht, dass die Patientenverfügung alle 6 Monate aktualisiert werden soll. Augenblicklich kenne ich niemand, dem ich eine solche Entscheidung so ohne weiteres aufbürden würde.

  • Hallo, Grisel.


    Zitat

    Muß die Öffentlichkeit wirklich über jeden letzten Atemzug informiert werden?


    Ein Mensch war (nur) noch am Leben, weil es die moderne Medizin ermöglicht hatte. Viele von uns sind ebenfalls nur noch aus diesem Grund am Leben, tatsächlich, vielleicht sogar die meisten; immerhin steigt die durchschnittliche Lebenserwartung genau deswegen kontinuierlich an. Dieser Mensch unterschied sich von uns, die wir rechtzeitig ein Medikament bekommen haben, operiert wurden, den richtigen Impfstoff intus hatten, nicht jämmerlich an einem entzündeten Backenzahn eingehen mußten: Dieser Mensch lag im sogenannten "Wachkoma". Es gab sehr eingeschränkte motorische Fähigkeiten, aber keine offensichtliche Reaktion auf die Umwelt. Es gab kaum meßbare Gehirntätigkeit, aber Augen-, gar Körperbewegungen. Hier war definitiv noch "Leben" vorhanden. Zwar keine Entscheidungsfähigkeit - jedenfalls nach außen hin -, aber Existenz. Einen Gutteil dieser Existenz konnte man allerdings nicht mehr wahrnehmen, prüfen, diagnostizieren - oder gar mit ihm in Verbindung treten. Das aber sagt m.E. nur wenig aus.


    Und genau das macht diesen Fall zum Sonderfall, zu einem, bei dem es auch wichtig ist, über ihn zu diskutieren, haarklein und in aller Öffentlichkeit. Hier wurde keine Entscheidung über Lebensverlängerung um jeden Preis getroffen, hier wurde ein lebendiger Mensch wissentlich und vorsätzlich getötet. Die zugrundeliegende Entscheidung betraf die Lebensqualität. Das unterscheidet diesen Fall im Kern von fast allen anderen Euthanasiefällen. Es wurde - zuungunsten der Patientin - angenommen, daß ihre Existenz nicht mehr lebenswürdig wäre. Die Diskussion über Apparatemedizin ist nur ein Schein-, ein Randgefecht. Es gibt Wachkomapatienten, die (noch) über Schluckreflexe verfügen und deshalb gefüttert werden können, ohne Magensonde. Ansonsten sind diese Fälle sehr ähnlich gelagert.


    Hier wird, hier wurde ein Paradigmenwechsel markiert. Es wurde keine Entscheidung über Tod oder Dahinsiechen getroffen, sondern eine über die Wertigkeit des Lebens - und zwar von Außenstehenden. Diese Frau war definitiv noch am Leben. Sie ist getötet worden. Das ist erschütternd und deprimierend, wie ich finde. Ich finde es widerlich, daß derlei möglich wurde.

  • Zitat

    Original von Tom
    Es wurde keine Entscheidung über Tod oder Dahinsiechen getroffen, sondern eine über die Wertigkeit des Lebens - und zwar von Außenstehenden. Diese Frau war definitiv noch am Leben. Sie ist getötet worden. Das ist erschütternd und deprimierend, wie ich finde. Ich finde es widerlich, daß derlei möglich wurde.


    Besonders schockieren finde ich, daß dieser Totschlag auch noch von Ärzten und Richtern abgesegnet wurde und den Eltern praktisch verboten wurde, ihre Tochter zu retten.