Komapatienten

  • NTV: Die Komapatientin Terri Schiavo in Florida wird auch weiterhin nicht künstlich ernährt. Der zuständige Bundesrichter wies einen Antrag zu Einsetzung der Magensonde zurück. Mit seiner Entscheidung erteilte das Gericht der Forderung der Eltern der Patientin eine Absage und stützte die Position des Ehemanns. Die Anwälte der Eltern kündigten sofortige Berufung bei dem nächsthöheren Gericht in Atlanta an.


    Nun schaue ich mir dieses Spektakel im TV an und frage mich mich, was zählt der Mensch, was macht die Politik daraus und wie steht ihr Eulen zu diesem Thema?

    Schon der weise Adifuzius sagte: "Das Leben ist wie eine Losbude, wenn Du als Niete gezogen wurdest, kannst Du kein Hauptgewinn werden.":chen

  • Ich verfolge diese Angelegenheit schon länger.


    Aus der SZ

    Zitat

    Terri Schiavo fiel 1990 ins Koma, nachdem ihr Herz auf Grund einer Stoffwechselstörung zu schlagen aufgehört hatte. Ihr Ehemann argumentiert, dass seine Frau es nicht gewollt hätte, künstlich am Leben erhalten zu werden.
    Ihre Eltern dagegen machen geltend, ihre Tochter zeige manchmal Reaktionen auf Stimmen und habe im Koma sogar schon gelacht und geweint. Vom Gericht bestellte medizinische Gutachten kamen allerdings zu dem Schluss, dass ihr Gehirn so schwer geschädigt sei, dass sie ihre kognitiven Fähigkeiten nie zurückgewinnen werde.


    Für mich ist selbstgerechte Arroganz, wenn ein Mensch nicht einmal mehr Anspruch darauf in Würde zu sterben. Der Mensch wird alleine auf Haut, Knochen, Organe, Blut reduziert, deren Funktion auch Maschinen übernehmen können.


    Dieser Fall bestärkt mich, mich über den aktuellen Stand von Patientenverfügungen in Deutschland zu informieren.


    Darüber hinaus verstehe ich nicht, warum Bush und Co, so gegen den "Gottesstaat" sind, denn sie befinden sich auf dem besten Wege dahin.


    Dyke

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Zitat

    Original von dyke
    Darüber hinaus verstehe ich nicht, warum Bush und Co, so gegen den "Gottesstaat" sind, denn sie befinden sich auf dem besten Wege dahin.


    Falsch! Sie haben schon einen.


    Aber eben einen mit der richtigen Religion, keine Ketzerei, keinen alten Aberglauben und kein heidnisches Teufelszeug. :grin

  • Eine absolute Horrorvorstellung, wenn sich die engsten Verwandten nicht einig sind, was der/die Betroffene wirklich gewollt hätte. Um so wichtiger, frühzeitig für so einen Fall Vorsorge zu treffen, auch wenn man meint mitten im Leben zu stehen...

  • Über so einen Fall möchte ich nie urteilen müssen. Dafür sind beide Seiten zu stark. Wer möchte schon zwischen:


    a ) lebende Leiche / Hoffnung ( "Was ist, wenn er / sie doch noch wach wird..." )


    und


    b ) tot / Endgültigkeit


    entscheiden müssen.



    JASS :keks

  • Leider kann eben keiner sagen, zu welchen Empfindungen Menschen, die sich in so einem beklagenswerten Zustand befinden, noch fähig sind. Sind sie wirklich nur noch eine halbwegs funktionierende Hülle für einen abgestorbenen Verstand, eine schon längst gegangene Seele? Oder ist da tatsächlich noch ein Fünkchen Bewusstsein vorhanden?


    Eine verdammt schwierige Entscheidung, einerseits den vorher geäusserten Wunsch nicht künstlich am Leben gehalten zu werden zu respektieren und der nachvollziehbaren Hoffnung von Angehörigen und Freunden einen geliebten Menschen nicht endgültig zu verlieren.


    Was sollte man da also schwerer gewichten? Den Respekt vor dem Leben an sich oder den Respekt vor der einmal getroffenen Entscheidung eines Menschen?


    Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. So eine Situation lässt einen ziemlich hilflos erscheinen. Ich möchte niemals so eine Entscheidung treffen müssen.


    Gruss,


    Doc

  • Ich habe die Bilder im Fernsehen gesehen und fand die Vorstellung auch furchtbar, mich für oder gegen das Leben entscheiden zu müssen. In dem Zusammenhang kam von Bush (glaube ich zumindest) auch die Aussage, wenn sie sich irren, dann wollen sie sich lieber zugunsten des Lebens irren.


    Unheimlich finde ich auch die Vorstellung, dass sie Reaktionen zeigt, also ihre Augen offen sind, dass sie blinzelt, lacht, weint, aber gleichzeitig eigentlich nicht lebt.


    Andererseits liegt sie seit 15 Jahren im Koma. Ich kann den Ehemann verstehen, der wahrscheinlich keine Kraft mehr hat. Wenn jemand seit so langer Zeit im Koma liegt, kann man dann nicht berechtigterweise die Hoffnung verloren haben, dass der Patient irgendwann wieder aufwacht?


    Daher finde ich die Patientenverfügung auch absolut sinnvoll.

  • Meine Meinung dazu ist, dass jeder Mensch das Recht haben sollte in Würde zu sterben und ganz 'normal'. D.h., wenn jemand nicht mehr in der Lage ist, Nahrung aufzunehmen, das Gehirn nicht mehr arbeitet, der Körper selbst in einem nicht lebensfähigen Zustand ist ............ dann muss man den Tod einkalkulieren.


    Was erhoffen sich die Eltern und die Schwester dieser Frau???? Sie werden sie niemals wieder 'bei sich' haben. Dass sie in die wenigen Reaktionen mehr hinein interpretieren ist verständlich, sie haben die Hoffnung nicht aufgegeben. Aber nach 15 Jahren sollte man in der Lage sein Abschied zu nehmen und sie gehen zu lassen als sie in diesem Zustand zu belassen.


    Gabi

  • Für den Fall hab ich vorgesorgt, wir haben mittlerweile (mit der freundlichen unterstützung von Telefonhexe) für jeden in unserer Familie mit dem Anwalt/Notar ein solches Ding aufgesetzt in dem genau steht, wie man mich und meine Familienmitglieder zu behandeln hat, wenn der Fall eintreten sollte.
    Außerdem weiß Tarzan ziemlich genau was ich will.
    Außerdem steht in meiner Verfügung, daß im Fall einer schweren Erkrankung/Unfalls meinerseits Tarzan Auskunft zu geben und ihm Zutritt zu meinem Krankenzimmer zu gewähren ist. Da wir ja nicht verheiratet sind, würde das ansonsten Probleme aufwerfen.


    Ich möchte unter gar keinen Umständen am Leben erhalten werden und auf gar keinen Fall will ich das zu Gunsten meiner Lebenszeitverlängerung die Schmerztherapie vernachlässigt wird.


    Da vor einigen Jahren mein Onkel aufgrund mehrerer Herzanfälle an eben solchen lebenserhaltenden Maschinen angeschlossen war, war unsere Familie gezwungen sich mit diesem Thema sehr eingehend zu beschäftigen.



    Was den aktuellen Fall angeht..... totales Unverständnis meinerseits..... 15 Jahre unbeweglich in einem Bett....???

  • Dieses Thema ist schwierig, da es zweischneidig ist. Auf der einen Seite verstehe ich die Familienmitglieder, die ihre Lieben nicht verlieren wollen und am Leben erhalten in der Hoffnung, dass sie aus dem Koma erwachen. Auf der anderen Seite finde ich den Zustand in der sich diese Frau befindet traurig, denn sie bekommt im Grunde nicht wirklich etwas von ihrer Umgebung mit, befindet sich seit 15 Jahren in diesem Zustand und ob sie jemals aufwacht weiß keiner. Was ist das für ein Leben? Ich weiß nicht, auf welcher Seite ich stehe und was ich tun würde, wenn ich in der Situation wäre, einen Menschen zu haben der im Koma liegt.

    Auch aus Steinen,
    die dir in den Weg gelegt werden,
    kannst du etwas Schönes bauen

    Erich Kästner

  • Die Entscheidung könnte ich auch nicht treffen. Aber wenn schon dafür entschieden wurde sie sterben zu lassen, dann ist die Art bigott.


    Keine Frage, JEDES Lebewesen leidet, wenn es verdursten muss. Unmenschlich, ihr nicht wenigstens das Sterben so zu erleichtern, wie es jeder normale Mensch für sein Haustier tun würde.


    Liebe Grüße

  • Zitat

    Original von geli73
    In dem Zusammenhang kam von Bush (glaube ich zumindest) auch die Aussage, wenn sie sich irren, dann wollen sie sich lieber zugunsten des Lebens irren.


    Diese Äußerung klingt aus dem Mund eines überzeugten Christen äußerst bizarr! (Damit meine ich Bush, nicht dich, Geli!)


    Zitat

    Unheimlich finde ich auch die Vorstellung, dass sie Reaktionen zeigt, also ihre Augen offen sind, dass sie blinzelt, lacht, weint, aber gleichzeitig eigentlich nicht lebt.


    Die Reaktionen werden m.W. nur von den Eltern behauptet -- die Mediziner konnten das nicht beobachten; es gebe es keine meßbaren Reaktionen des Gehirns auf Wahrnehmungsreize, auch keinen REM-Schlaf etc. (jedenfalls habe ich das der Presse entnommen).


    Meiner Ansicht nach wird die Seele dieser Frau in einem Organismus "unterhalb" vegetabilen Lebens eingekerkert -- für mich das Grauenhafteste, was ich mir vorstellen kann ...

  • Zitat

    Original von Buchling
    Die Entscheidung könnte ich auch nicht treffen. Aber wenn schon dafür entschieden wurde sie sterben zu lassen, dann ist die Art bigott.


    Keine Frage, JEDES Lebewesen leidet, wenn es verdursten muss. Unmenschlich, ihr nicht wenigstens das Sterben so zu erleichtern, wie es jeder normale Mensch für sein Haustier tun würde.


    Liebe Grüße


    Eben das ist ja die Frage. Wird sie leiden wenn sie verhungert/verdurstet oder wird sie an Organversagen sterben????


    Sicher ist, dass alle 'Lebenszeichen' von ihr Reflexe sind, dass sie aber nicht mehr bei Bewußtsein ist. Das ist schwer zu verstehen wenn man versucht, in ihrem Gesicht Mimik zu erkennen.


    Ich möchte auch nicht diese Entscheidung treffen ohne vorher genau zu wissen, was Ärzte dazu auszusagen haben und die Aussagen scheinen klar zu sein, sonst hätte es nicht diese Urteile gegeben.


    Dieses Ding mit der Magensonde ist hier in Deutschland schon lange ein Problem bei alten und sterbenskranken Menschen. Mit Magensonde kannst du locker eine 90jährige bis zum 95. Geburtstag leben lassen ohne dass sie auch nur ein Fünkchen Lebensqualität fühlt. Ich habe solch eine 'Patientin' im TV gesehen. Sie war seit Jahren nicht ansprechbar, abgemagert und ein Bild des Elends. Durch das jahrelange Liegen war sie wundgelegen und ihre Kinder konnten nichts anderes tun als zuzusehen.


    Wenn ein Körper nicht ohne Apparatemedizin leben kann, dann sollte man den Menschen sterben lassen, so wie es früher mal war. Manchmal ist Technik ein Fluch. Aber wer will die Grenzen ziehen????


    Gabi

  • Die Sache ist wirklich verdammt schwer. Das Hauptproblem liegt für mich darin, dass es sich im Grunde nicht um passive, sondern um aktive Sterbehilfe handelt. Es geht nicht darum, lebenserhaltende Technik abzuschalten, sondern es geht darum, der Patientin Nahrung vorzuenthalten.


    Ohne Nahrung und Flüssigkeitszufuhr stirbt jeder!


    Und die Tatsache, dass sie sich selbst nicht ernähren kann, ändert daran auch nichts. Auch ein schwer spastisch Gelähmter oder eine Querschnitt ab Hals kann sich nicht selbst ernähren.


    Schwierig, schwierig.


    In Deutschland wäre jedenfalls nach Ansicht von Fachleuten ein Entfernen der Magensonde nicht denkbar.


    siehe


    http://www.stern.de/politik/deutschland/538084.html?nv=hp_st

  • Hallo Gabi,


    Zitat

    Original von Gabi


    Eben das ist ja die Frage. Wird sie leiden wenn sie verhungert/verdurstet oder wird sie an Organversagen sterben????


    Das ist nicht die Frage, denn Verdursten bedeutet ja letztendlich Organversagen - und wenn diese Frau nicht mehr Bewußtsein hat, als eine Zimmerpflanze - auch der gebe ich Wasser, damit sie nicht leidet.


    Auch die Ärzte vermuten nur - es sind schon genug Wachkomapatienten aufgewacht, wenn auch nicht nach so langer Zeit, die durchaus etwas "mitbekommen" haben.


    Das spielt doch auch eigentlich gar keine Rolle. Würde die Mutter jetzt eine Pistole nehmen und ihre Tochter, die evtl. leidet erschießen, dann würde sie wegen Mordes vor Gericht gestellt werden.


    Zitat

    Wenn ein Körper nicht ohne Apparatemedizin leben kann, dann sollte man den Menschen sterben lassen, so wie es früher mal war. Manchmal ist Technik ein Fluch. Aber wer will die Grenzen ziehen????


    Gabi, ich halte sie für einen Segen, wenn damit ein Leben gerettet werden kann - einen Versuch ist es wert, solange die Aussicht auf eine Genesung besteht, die ein halbwegs lebenswertes Leben noch möglich macht.
    Aber sollte ich einen Schlaganfall erleiden wie diese Frau, die Mediziner alles versuchen mich am Leben zu halten und irgendwann beschließen mich doch lieber sterben zu lassen, dann ist es eine Sauerei mich jämmerlich verdursten zu lassen - dann haben sie Verantwortung übernommen - und sollen diese bitte auch wahrnehmen.


    Liebe Grüße

  • Habe ich auch gerade gehört. Und dass sie daher innerhalb der nächsten 2 Wochen sterben wird.


    Zitat

    Gabi schrieb: Aber sollte ich einen Schlaganfall erleiden wie diese Frau, die Mediziner alles versuchen mich am Leben zu halten und irgendwann beschließen mich doch lieber sterben zu lassen, dann ist es eine Sauerei mich jämmerlich verdursten zu lassen - dann haben sie Verantwortung übernommen - und sollen diese bitte auch wahrnehmen.


    Das unter diesem Gesichtspunkt zu sehen, würde in meinen Augen heißen, dass die Ärzte sie "ermorden". Wäre es besser, ihr mittels Medikamenten o.a. aktive Sterbehilfe zu leisten?

  • Geli, weil der Satz von mir ist, werde ich drauf antworten:


    von ermorden soll hier nicht die Rede sein. Es geht darum, eine Patientin, die sowieso stirbt, evtl sogar Qualen erleidet von diesen Qualen zu erlösen.


    Hätten die Ärzte damals bei ihrem Schlaganfall nichts getan, dann wäre sie vermutlich innerhalb von wenigen Stunden gestorben, so haben sie eine Verantwortung, für ihr Leben und auch für ihr Sterben übernommen und können sie nicht einfach verdursten lassen.


    Die logische Konsequenz ist natürlich aktive Sterbehilfe.


    Liebe Grüße

  • @ Buchling, sorry, ich habe das "Gabi" in Deiner Anrede wohl im Hinterkopf gehabt, als ich zitiert habe.


    Das empfände ich auch als verantwortungsvolles Handeln der Mediziner. Und es wäre vielleicht für die Familie leichter zu ertragen als der Gedanke, dass sie verhungert/verdurstet.