Im Herzen des Tals, von Nigel Hinton
Kurzbeschreibung:
Der Originaltitel aus dem Englischen lautet: „Heart of the Valley.“
Ein ganzes Tal ist durch einen Schneesturm von der Aussenwelt abgeschlossen. Auf abenteuerlichen Wegen rettet sich ein winziger Vogel in eine Scheune. Hinreissend erzählt dieser Roman von einem Jahr im Leben der kleinen Heckenbraunelle, die ihrem Instinkt folgt, um sich und ihre Nachkommen zu schützen.
„Ich kann mich nicht erinnern, wann ich in den letzten Jahren ein anrührenderes, ergreifenderes Buch gelesen hätte als dieses.“
Elke Heidenreich
„Von Anfang an wird man mitgezogen vom unwiderstehlichen Erzählstrom dieses Romans.“
Quint Buchholz
Über den Autor:
Nigel Hinton wurde 1941 in London geboren. Als er die Schule verliess, arbeitete er zwei Jahre lang in der Werbung. Schliesslich entschied er sich, Englisch an der Universität zu studieren und kündigte seinen Job. Während er studierte, arbeitete er als Strassenkehrer und Schwimmbad-Aufseher. Später lehrte er Englisch und in dieser Zeit schrieb er sein erstes Buch ’Collision Course’. Er konzentrierte sich immer mehr auf das Schreiben und gab seinen Beruf als Teilzeitlehrer bald auf. Bevor er sich ganz dem Schreiben widmete, war er als Schauspieler tätig.
Eigene Meinung:
Mit seinem im Jahre 1986 geschriebenen Buch ‘Im Herzen des Tals‘ hatte der Autor sein erstes literarisches Werk für Erwachsene geschrieben. Hier spielen nicht, wie in vielen Werken aus seiner Feder, schwierige Verhältnisse und Probleme von Jugendlichen eine zentrale Rolle, sondern das Leben eines scheuen und unscheinbaren Vogels. Der Leser begleitet eine Heckenbraunelle durch ein Jahr mit all seinen Herausforderungen, Gefahren, lichten und ungewissen Augenblicken. Lernt, durch eine faszinierende Perspektive das Leben und die Welt des kleinen Tieres kennen und fühlt sich dabei hautnah am Geschehen eines erbarmungslosen Kampfes mit den Gesetzen der Natur, wo ein Augenblick der Unachtsamkeit Sekunden später den Tod bedeuten kann.
Gerade in den Schilderungen des Überlebens in einer unbarmherzigen und unberechenbaren Natur gelingt Nigel Hinton meines Erachtens etwas ausserordentlich Kluges. Die Tiere, die im Buch vorkommen vermenschlicht er in keiner Weise. Den Fehler, eine Gedankenwelt von Tieren zu beschreiben, vermeidet er völlig. Emotionen wie Angst, Wut, Ärger oder Vergnügen finden stets im Kontext zum unmittelbaren Geschehen Einsatz. Der Autor legt das Gewicht des Erzählens auf das Geschehen, die Ereignisse und Veränderungen. Dabei wird die Welt nicht aus der Ich-Sicht des Vogels erzählt. Sondern aus einer neutralen Beobachterperspektive heraus, die mehr einer wissenschaftlichen Dokumentation gleicht und die ganz nah am Geschehen ist. Hinton hat sich für eine sehr realistische Erzählweise entschieden, die zeigt, dass er gut recherchiert hat, um eine glaubwürdige Welt zu erschaffen.
Um eine realistische und glaubwürdige Welt zu gewährleisten, besitzt Hinton die Klugheit, den Mikrokosmos der Tiere auf einen grösseren Bezugsrahmen auszudehnen. Er bezieht auch die kleinen Drahmen und Geschichten der Menschen im Tal mit ein. Erzählt vom mühseligen Leben der Bewohner, die vom Wetter abhängig im Tal leben. Von den Reisen anderer Vögel, die ins Tal zurückkehren und den Veränderungen von Wind und Wetter, die alles Leben im Tal mitbestimmen. Durch eine anschauliche und poetische Sprache erfährt der Leser, wie alles im Tal irgendwie miteinander in Beziehung steht. Alles ineinander fliesst. Es ist eine Geschichte, die einfach erzählt, wie es ist. Schnörkellos. Mit viel Herz und Können.
Die künstlerische Bereicherung des Buches trägt ihren Teil zu einem gelungenen Werk bei. Jeder Kapitelanfang weist eine Zahl plus die schwarzweiss-Zeichnung eines Tieres auf, das im jeweiligen Kapitel auftritt. Unter Zeichnung und Kapitelzahl finden sich ein paar kurze Stichwörter, die dem Leser die wichtigsten Geschehnisse im Kapitel ankündigen. Das Buchcover von Maren Briswalter passt toll zum Charakter der Erzählung und die rote Titelschrift, die über den Ausläufern des malerischen Tales liegt, spiegelt für mich gut die Liebe wider, die Nigel Hinton für die Welt empfindet, die er hier erschaffen hat.
Fazit: Ich kann kaum sagen, was ich bei manchen Beschreibungen des Autors gefühlt habe. Eine ganz besondere Erfahrung. Was für ein Schreiber. Diese einfache, effiziente Sprache, die es so anschaulich auf den Punkt bringt. Kein Wort zuviel oder zuwenig.