Piper Verlag, 2013
272 Seiten
OT: De steile helling
Übersetzt von: Gregor Seferens
Kurzbeschreibung:
In »Unter dem Deich« erinnert sich Maarten ’t Hart an sein Maassluis der 50er-Jahre, an ein Kindheitsparadies, wie es nicht mehr lange existieren sollte: Die alten Häuser unter dem Deich sollen abgerissen werden, viele Menschen drohen ihr Heim zu verlieren. In diesem Viertel wohnt auch die begabte junge Clazien, die aus ärmlichen Verhältnissen stammt und keine höhere Schule besuchen kann. Als Aushilfe in einem Lebensmittelladen lernt sie den stillen Piet kennen und beschließt, bei ihm zu bleiben. Die beiden heiraten, doch Claziens Sehnsucht nach gesellschaftlichem Aufstieg lässt sich nicht unterdrücken. Als sie Jan begegnet, einem Lehrer, der neu in die Stadt kommt, sieht sie in ihm einen Seelenverwandten. Sie verlässt Piet und glaubt, es endlich geschafft zu haben. »Unter dem Deich« entführt uns in eine untergegangene Welt und erzählt die tragische Geschichte der Irrungen und Wirrungen einer rastlosen Frau.
Über den Autor:
Maarten ’t Hart, geboren 1944 in Maassluis bei Rotterdam als Sohn eines Totengräbers, studierte Verhaltensbiologie, bevor er sich 1987 als freier Schriftsteller in Warmond bei Leiden niederließ. Nach seinen Jugenderinnerungen »Ein Schwarm Regenbrachvögel« erschien 1997 auf Deutsch sein Roman »Das Wüten der ganzen Welt«, der zu einem überragenden Erfolg wurde und viele Auszeichnungen erhielt. Seine zahlreichen Romane und Erzählungen machen ihn zu einem der meistgelesenen europäischen Gegenwartsautoren.
Mein Eindruck:
Unter dem Deich ist nicht wirklich ein neuer Roman des niederländischen Erfolgs-Schriftstellers Maarten´t Hart, denn das Buch wurde schon 1988 geschrieben und ist erst jetzt ins Deutsche übersetzt.
Der Goldmann-Verlag spielt jedoch mit offenen Karten und hat das auf der Rückseite geschrieben. Erfreulich, manche Verlage versuchen da auch zu tricksen und manchmal hatte ich mich dann schon geärgert.
Ein konventioneller gestalteter Roman ist Unter dem Deich auch nicht. Eingerahmt von einem Prolog und einen Epilog erzählt es in 2 unabhängigen Geschichten von einem Dorf und ihren Bewohnern. Unter dem Deich leben die weniger Privilegierten und über dem Deich die Reichen.
Die erste wird von einem 10jährigen Jungen in den fünfziger Jahren erzählt. Der Junge ist unverkennbar ein Alter-Ego des Autors, den wie bei Maarten´t Hart ist sein Vater ein Totengräber.
Mit leichter Ironie und Humor berichtet er vom realen Leben in so einem Dorf in dieser Zeit. Manche Passagen erinnern mich ein wenig an Siegfried Lenz.
Dieses Dorf macht alles durch, was die Menschen in dieser Zeit so erleben, zum Beispiel, wie es damals die ersten Waschmaschinen gab oder wie Hochwasser droht. Eine Besonderheit ist aber, dass die Schließung des Dorfes unter dem Deich droht, da eine Sanierung geplant ist.
Bei der zweiten Geschichte des Buches verändert sich Erzählstil und Ton. Es geht um ein intelligentes Mädchen, das den sozialen Aufstieg anstrebt. Schwierig in dieser fest etablierten Gemeinschaft. Als sie es durchsetzt, befindet sie sich in einer Lage, wo sie weder zu unten noch zu oben richtig zugehört.
Die beiden Geschichten ergänzen sich gut, vielleicht gerade wegen der unterschiedlichen Machart. Es entsteht ein komplexeres Bild vom Leben im Dorf, das es in dieser Form heute nicht mehr gibt.
Das Buch ist sehr gut gemacht. Vielleicht nicht das bedeutendste Maarten´t Hart-Buch, aber ein makelloses Werk. Ein Leckerbissen für seine treue Lesergemeinschaft.