Leider komme ich unter der Woche nicht so zum Lesen wie ich es gern hätte. Aber nun habe ich auch den zweiten Abschnitt durch.
Diesmal erfahren wir endlich etwas von Anahitas Leben, ihre Lebensgeschichte, jedenfalls einen Teil davon. Anahita ist nicht nur im Alter sympathisch, sondern schleicht sich auch schon in jungen Jahren in mein Herz. Sie ist so demütig, opfert sich auf und vergisst doch nicht, sie selbst zu sein.
Auch dieser Abschnitt ist sehr gut geschrieben, sehr flüssig lässt sich das Buch weiterlesen. Und diesmal wird man entführt nach Indien, ein Indien vor hundert Jahren. Sehr schön und anschaulich beschrieben. Man kommt sich teilweise vor wie in einem Märchen von 1000 und einer Nacht. Prächtig die Farben, das Essen, die Paläste, das Leben der Maharadschas, dem Zirkus, die ganze Pracht in den Palästen. Die Autorin schafft es, die Atmosphäre damals sehr gut einzufangen.
Anahita berichtet, wie sie aufwächst, mit wie viel Liebe, über den Tod ihres Vaters, und wie sie die Freundin einer Prinzessin wird, die in ihrem Alter ist. Anahita ist ein sehr wissbegieriges Mädchen und sie bekommt durch den Umzug in den Palast von Koch Bihar die Möglichkeit weiter zu lernen. Ihre, von der Mutter erlernten Fähigkeiten in der Heilkunst, kommen später u.a. Selina zu Gute. Ich hoffe, dass sich in diesem Bereich – der Heilkunst – noch einiges tun wird.
Mit ihrer Freundin Indira verbringt sie dann einen Sommer auf Astbury Hall, dem Ort, wo in der Jetztzeit der Film mit Rebecca gedreht wird. Aber hier schleichen sich schon die ersten Rassendiskriminierungen ein. Sie bekommt nur ein kleines Dienstbotenzimmer und wird von der Herrin des Hauses nicht wahrgenommen, sondern eher abgelehnt.
Die Zeit dort hat sie sich allerdings etwas anders vorgestellt, den Indira trifft dort neue Freundinnen und läßt Anahita ziemlich links liegen. Trotzdem hat sie eine schöne Zeit und lernt Donald den Sohn des Hauses kennen, mit dem sie ein paar schöne Ausritte und Stunden verlebt. Als am Schluss der Zeit dort die Maharani Anahita vor die Entscheidung stellt, ob sie in England bleiben will – mit ihrer finanziellen Unterstützung – um sich weiterzubilden, nimmt sie an.
Gut gefallen tut mir hier Indiras Mutter, die sehr westlich und selbstbewusst eingestellt und sehr unabhängig ist – und das zu der Zeit. Es ist – wie eigentlich in Indien untypisch in den Kreisen – eine Liebesehe mit dem Maharadscha und es gibt keine Nebenfrauen. Ihre Selbständigkeit und Unabhängigkeit kommen Anahita sehr zu gute. Schade, dass es nicht auf Indira abgefärbt hat … ich finde es einfach nicht schön, dass sie Anahita so links liegen läßt und sich noch nicht mal darum kümmert, dass sie ein vernünftiges Zimmer bekommt.
Faszinierend ist die Gabe, die Anahita hat und die Gesänge, die sie hört. Wie traurig muss es sein zu wissen, dass man seine Mutter nicht wiedersehen wird. Manchmal kann so eine Gabe auch zum Fluch werden.
Leider endet dieser Abschnitt viel zu schnell und noch so vieles ist offen. Wird sie Donald wirklich wiedersehen? Wird sie Indien wiedersehen? Was ist mit ihrem vergrabenen Vermögen? Was wird aus der Freundschaft mit Indira?
Ich bin sehr gespannt, wie es mit Anahitas Geschichte weitergeht, andererseits aber auch, wie es mit Rebecca weitergeht und Ari … bis jetzt gefällt mir dieses Buch wirklich sehr gut und der Spannungs- und "Neugierigkeits"-bogen steigt.