Kurzbeschreibung (Quelle: amazon)
Ruth Holländer kann sich nicht beklagen: Die Scheidung ist durch, der Sohn aus dem Haus, und die 16-jährige Tochter pubertiert fast nicht mehr. Auch Ruths französisches Bistro läuft erfreulich gut. Aber dann kommt ein Bescheid vom Amtsgericht: Zu ihrem Entsetzen wird Ruth zur Schöffin berufen. Sie muss in einem Mordfall beisitzen. Schon bald hegt sie Zweifel an der Schuld des Hauptangeklagten: Hat der junge Mann wirklich seine Schwester getötet? Ruth beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln. Und schon nach den ersten Fragen im Umfeld des vermeintlichen Mörders wird ihr klar, dass sie mitten im gefährlichsten Abenteuer ihres Lebens gelandet ist ...
Autorin (Quelle: amazon)
Judith Arendt ist das Pseudonym einer erfolgreichen Krimi-Autorin. Sie schreibt gelegentlich Drehbücher für deutsche Fernsehserien und sieht umso lieber amerikanische. Ihre Leidenschaft gilt dem Kriminalroman, insbesondere dem skandinavischen und britischen. Judith Arendt lebt mit ihrer Familie seit einigen Jahren in der Nähe von München.
Allgemeines
Erscheinungstermin: 4. Januar 2014 im Ullstein Verlag, Taschenbuch mit 320 Seiten
Die Kapitel sind nicht nummeriert, sondern jeweils mit Handlungsort und -zeit überschrieben.
Erzählung in der dritten Person aus der Perspektive der Protagonistin
Zum Inhalt
Die Berlinerin Ruth Holländer ist knapp 50 Jahre alt, seit zehn Jahren geschieden und Mutter des zwanzigjährigen Lukas und der sechzehnjährigen Annika. Der Sohn studiert und ist bereits ausgezogen, die Tochter besucht das Gymnasium und hat ihre Pubertät größtenteils hinter sich, sodass sich das Zusammenleben von Ruth und Annika meistens problemlos gestaltet. Ruth betreibt als Selbstständige mit ihrer Freundin Jamila ein sehr gut gehendes französisches Bistro und ist mit ihrem Leben ziemlich zufrieden, als sie plötzlich die Aufforderung erhält, sich dem Gericht als Schöffin zur Verfügung zu stellen. Dieser Verpflichtung kommt sie zunächst nur unwillig nach, dann wird sie jedoch vom verhandelten Mordfall so gefesselt, dass sie sich immer intensiver mit den Umständen des Verbrechens beschäftigt.
Verhandelt wird der brutale Mord an der sechzehnjährigen in Berlin aufgewachsenen Kurdin Derya Demizgül. Das junge Mädchen, das einen westlichen Lebensstil pflegte und einen deutschen Freund hatte, war mit 21 Messerstichen grausam abgeschlachtet worden. Als Angeklagter steht ihr sechs Jahre älterer Bruder Aras vor Gericht, als Motiv für die Tat wird ein "Ehrenmord" vermutet, obwohl die Familie Demizgül einen sehr gut in Deutschland integrierten und liberalen Eindruck macht.
Aras verweigert zunächst die Aussage, vor Gericht geht es nun darum, den Ereignissen der Mordnacht anhand zahlreicher Zeugenaussagen auf den Grund zu gehen. Ruth Holländer, die selbst zwei Kinder im Alter der Demizgül-Kinder hat, ist emotional stark involviert und kann sich nicht vorstellen, dass dieser sympathische junge Mann seine Schwester getötet haben soll...
Persönliche Beurteilung
Obwohl es in diesem Roman um einen blutigen Mord geht, handelt es sich bei "Unschuldslamm" nicht um einen Thriller. Auch als Krimi ist das Buch eher als "ruhig" einzustufen. In erster Linie wird das Leben der bisher juristisch völlig unerfahrenen Ruth Holländer beleuchtet, die eher widerwillig in Kontakt zur Justiz tritt, sich dann aber sehr betroffen fühlt und entsprechend engagiert. Es kommen keine brutalen Szenen vor, auch der Mord wird im Rückblick recht sachlich geschildert.
Die Kapitel sind sehr unterschiedlich gestaltet, teilweise beinhalten sie eine fortlaufende Schilderung aus Ruths Leben und dem Prozess, teilweise präsentieren sie Verhöre oder Verhörprotokolle, dazwischen sind rückblickende Kapitel eingeschoben, die sich mit den Ereignissen im Vorfeld der Mordnacht befassen und es dem Leser ermöglichen, eigene Theorien zu entwickeln. Aufgrund dieses Perspektivwechsels bietet der Roman viel Abwechslung und lässt sich rasch lesen, der authentische Sprachstil verleiht dem Leser den Eindruck, selbst bei den geschilderten Vorfällen anwesend zu sein.
Es gelingt der Autorin, durch eine gelungene Ausarbeitung der Charaktere ihrer Romanfiguren und die realitätsnahe Konstruktion der Romanhandlung den Leser gefühlsmäßig anzusprechen, sodass er sich mit den Romanfiguren identifizieren kann.
Fazit
Eher ein Roman als ein Krimi oder gar Thriller, besticht "Unschuldslamm" durch die ungewöhnliche Perspektive mit einer Schöffin als Hauptfigur. Empfehlenswert für Freunde ruhiger Krimis mit "gesellschaftskritischer" Thematik.
8 Punkte