Kim Henry - Polarfieber
Inhalt:
Ex-Royal-Marines Hubschrauberpilot Silas Greve ist nach Grönland gekommen, um seine Vergangenheit hinter sich zu lassen. Als er den Auftrag der grönländischen Regierung erhält, die Geowissenschaftlerin Kaya Motzfeld aus der Einsamkeit ihres Forschungsstützpunktes in die Hauptstadt zu fliegen, ahnen beide noch nicht, dass sie bald rücksichtsloseren Feinden ausgeliefert sind, als gefährlichen Gletschern, Schneestürmen, dem eisigen Meer - oder ihren Gefühlen füreinander. Denn wenn das Eis taut, öffnet sich nicht nur der Blick auf die Schrecken der Vergangenheit mit Konsequenzen für die Zukunft, sondern auch auf zwei Herzen in Gefahr.
Die Autorinnen:
Hinter dem Pseudonym Kim Henry steckt das Autoren-Duo Corinna Vexborg und Nicole Wellemin. 2011 haben sich die Autorinnen in einem Online-Forum für Schriftsteller kennengelernt. Corinna ist gelernte Restaurantfachfrau und lebt mit ihrem Mann und vier Katzen auf der Insel Fünen in Dänemark. Nicole lebt mit ihrer Familie in einem Reihenhausidyll östlich von München und arbeitet als Produktmanagerin bei einem DVD-Label.
Meine Meinung:
Ein Buch zum mitfrieren und einkuscheln in eine warme Decke...
Der Klimawandel. Ölförderung im grönländischen Eis. Kaya Motzfeldt ist strikt gegen die Pläne, Ölförderlizenzen für dieses Ökosystem an Großkonzerne zu vergeben. Ihre Forschungen beweisen, dass es Risiken gibt und auf diese Risiken weist sie hin, auch wenn sie damit polarisiert. Sie kämpft allein – doch in ihrem Herzen trägt sie die Schatten der Vergangenheit mit sich herum.
Silas Greves Schatten der Vergangenheit sind ganz anderer Art und holen den Ex-Royal-Marines-Kriegspiloten immer wieder ein – doch er ist zum Vergessen in die Einsamkeits Grönland geflohen und setzt sich zunächst nur damit auseinander.
Was passiert, wenn das Schicksal zwei Seelen zusammenbringt und in einer eisigen unwirklichen Welt, in der man dem Tode geweiht ist, in einen Überlebenskampf schickt, nachdem sie mit dem Hubschrauber abstürzen? Wie zwei Magnete ziehen sie sich an, stoßen sich ab...innerlich schon tot durch all das, was sie haben erleben müssen, lassen sie sich beide darauf ein, dass ein Herz zu mehr gut ist, als Blut durch einen Körper zu pumpen...
Der Leser wird stückchenweise mitgenommen in die Welt der Inuit, in das Leben von Silas und das Leben von Kaya. Man lernt sie kennen, lernt ihre Freunde kennen, die Inuit, die Lebensart, die Sprache und die Vorurteile der Europäer gegenüber den Inuit und umgekehrt...man geht mit den Hauptcharakteren in Gedanken zurück in ihre Vergangenheit und kommt der Antwort auf eine Frage bald näher: Wollte jemand, dass sie den Hubschrauberabsturz nicht überleben? Vergangenheit und Gegenwart sind Teile der Antwort und die Vermischung gelingt gut. Die Geschichte leitet im Folgenden darauf hin und endet dann auch erwartungsgemäß in einem eisigen Showdown.
Die Hauptcharaktere Silas und Kaya sind mir im Laufe der Zeit so ans Herz gewachsen, dass man sie warnen will, sie schütteln will, auf sie einwirken will. Viel beeindruckender fand ich allerdings die Nebencharaktere Marc Rossum und Nive Rossum – sie Inuit, er Amerikaner – die beiden ein sympathisches Paar – und Freunde von Silas und Kaya. Mit ihren Vorahnungen und Ideen haben sie es sofort überzeugend in mein Leserherz geschafft und sind für mich mit Weisheit und Herz immer dann zur Stelle gewesen, wenn ihre Freunde sie brauchten und man sich als Leser nach Vertrautheit und Wärme sehnte.
Ich hatte vor dem Lesen dieses Buchs eine grobe Vorstellung vom Leben der Inuit, aber dieses Buch hat mich in diese Welt hineingezogen wie kein anderes Buch zuvor. Die Romance- und Thrill-Elemente in diesem Buch waren für mich – bis auf ein bisschen zu viel Erotik an einer Stelle – gut dosiert und voralldingen mitreißend geschrieben, aber die Autorinnen haben viel mehr als das geschafft, indem sie die Welt so dargestellt haben, dass man sich hineinfühlen konnte. Ohne ein Thema vorab zu bewerten, haben sie sich die Objektivität geleistet, auf die Interessen aller Seiten bei der zukünftigen Veränderung Grönlands durch die Ölförderung hinzuweisen, sodass sich der Leser selbst mit den Argumenten auseinandersetzen konnte.
Silas’ Vergangenheit war für mich das Tüpfelchen auf dem i und war für mich die stärkste Teilgeschichte in dem Buch, die den Leser in eine gegenteilige Welt mitgerissen hat und auf die Dämonen hinweist, die ein Soldat aus einem Kriegseinsatz mit sich trägt...
Nach anfänglichen Startschwierigkeiten wurde das Buch für mich zum Ende hin immer besser: 9 Punkte.