ISBN 3-453-12994-6
Titel der italienischen Originalausgabe „La Chimera“, die bereits 1990 in Turin erschien
Deutsche Erstausgabe von 1997, erschienen im Heyne-Verlag
Broschierte Taschenbuchausgabe mit 411 Seiten
Autor:
Sebastiano Vassalli wurde 1941 in Genua geboren und lebt seit seinen Jugendjahren in der Nähe von Novara.
Mit diesem Roman gelang ihm der internationale Durchbruch und er, der Roman, wurde mit dem Preis „Premio Strega“ ausgezeichnet.
Wenn ich es richtig gesehen habe, ist es leider das einzige auf Deutsch erschienene Werk von ihm, obwohl noch einiges in seiner italienischen Bibliographie zu finden ist.
Das Buch:
Im Klima des Aberglaubens und des Argwohns gegen alles Fremdartige, wächst Antonia als sehr dunkelhaariges Findelkind, als sogenannte „esposta“, in einem Waisenhaus der Stadt Novara auf.
Schon seit frühester Kindheit erkennen die Leute ihre ungewöhnliche Schönheit. Obwohl sie als Waisenkind keiner rühmlichen Zukunft entgegenblicken kann, wird sie von einem Bauern-Paar adoptiert und kommt so in das im Landstrich „Bassa“ gelegene Dorf „Zardino“.
Hier herrscht Don Teresio, der Dorfpfarrer, der die Bauern mit den klerikalen Abgabepflichten knechtet.
Antonia wächst, begleitet von Neid und Eifersucht der Dorffrauen auf ihre Schönheit, zum Teenager und schließlich zur Zwanzigjährigen heran. Alle Heiratsgesuche der dörflichen Männer lehnt sie ab.
Als sie sich mit einem „camminante“, was heutzutage wohl als Wanderarbeiter oder Vagabund zu übersetzen wäre, einlässt und des Nachts auf dem Weg zum Stelldichein von Dorfbewohnern beobachtet wird, wie sie zum „Hexenhügel“ geht, wird sie als Hexe denunziert und von einem frustrierten und machthungrigen Inquisitor vor das heilige Gericht gestellt.
Antonias Schicksal nimmt seinen traurigen Lauf und endet – wie könnte es anders sein – auf dem Scheiterhaufen. Daraus wird von Anfang an kein Geheimnis gemacht.
Meine Meinung:
Ich habe einige Zeit mit diesem Buch verbracht.
Die Sprache ist sehr gut, jedoch scheint die allgemeine Konsequenz daraus zu sein, dass der Text sehr dicht wird, und da kann so ein Satz schon mal über eine halbe Seite oder mehr gehen.
Der Erzähler lebt im 20. Jahrhundert in dem betreffenden Landstrich und hat Antonias Schicksal recherchiert und aufgezeichnet.
Im berichtenden Stil, manchmal in traurig-amüsiertem oder leicht sarkastischem Ton, erzählt er von vielen, vielen Personen, die mit dem tragischen Ende Antonias zu tun haben: Bischöfe, Päpste, Pfarrer, Inquisitoren, Dorfbewohner, Stadtbewohner...
Man findet viele Fakten und Schilderungen zu damaligen Verhältnissen und landschaftlichen Begebenheiten sowie zum Wetter, jedoch fehlt dafür jeglicher Pathos, Kitsch oder Romantik.
Wer konzentriert lesen kann und gern zeitgeschichtlich korrekte und gut recherchierte Romane liest, für den mag dieses Buch vielleicht noch eine unentdeckte Perle sein.
8 Punkte.