Verleumdet - Thomas Enger

  • Klappentext:
    Ein brutaler Killer: In einem Pflegeheim wird eine Frau tot aufgefunden. Der Täter muss rasend vor Wut gewesen sein. Eine anonyme Drohung: Justizministerin Trine Juul wird der sexuellen Nötigung bezichtigt. Eine beispiellose Medienhetze beginnt. Dann, die Botschaft: Treten Sie zurück, sonst kommt alles ans Licht. Die Suche nach der Wahrheit: Henning Juul soll den Mord im Pflegeheim untersuchen, doch auch seine Schwester Trine braucht Hilfe. Er macht eine Entdeckung, die nie bekannt werden darf. Und dann schlägt der Killer erneut zu.



    Rezension:
    Ole Christian Sund ist Pfleger in einem Altenheim. Er geht voll und ganz in seinem Beruf auf, ja für ihn ist es sogar eine Berufung. Er setzt sich voll und ganz für die alten Menschen ein, sodass er auch arbeiten geht, wenn er eigentlich seinen Sohn beaufsichtigen soll. Seinen Sohn Ulrik nimmt er öfter mit zur Arbeit und dieser kommt auch sehr gut mit den alten Menschen zurecht. So auch an einem Sonntag im September 2009. Doch dieses Mal ist alles anders, denn der 9-jährige Ulrik macht im Altenheim eine furchtbare Entdeckung: Die 83-jährige Erna Pedersen wurde in ihrem Zimmer ermordet - anschließend wurden ihr ihre Stricknadeln in die Augen gerammt. Der kleine Junge ist so verstört, dass er nur die Worte "Bruchstriche, Bruchstriche, Bruchstriche", von sich geben kann.


    Kriminalkommissar Bjarne Brogeland wird mit den Ermittlungen beauftragt, doch er steht vor einem Rätsel. Wer hatte einen Grund, eine 83-jährige ehemalige Lehrerin auf so grauenhafte Art und Weise zu töten? Von ihrem Sohn erfährt er, dass sie nicht unbedingt das gewesen ist, was man einen Menschenfreund nennen kann, aber dennoch war sie nur eine hilflose alte Frau, deren Tage gezählt waren. Auch Henning Juul erfährt von dem Mord und berichtet über diesen. Da er eine gemeinsame Vergangenheit mit Bjarne Brogeland hat, gelingt es ihm, ein paar Details aus ihm herauszubekommen, über die die übrigen Journalisten vor Ort nicht verfügen.


    Als er jedoch am nächsten Tag in die Zeitung schaut, muss er feststellen, dass nicht sein Artikel über den Mord an der alten Frau auf Seite 1 ist, sondern ein Artikel über Justizministerin Trine Juul-Osmundsen, Hennings Schwestern, die einen Politiker sexuell belästigt haben soll. Henning kann es nicht fassen. Zwar hat er seit Jahren keinen Kontakt mehr zu seiner Schwester, doch so etwas würde er der gradlinigen Trine niemals zutrauen. Doch alle Zeitungen berichten darüber, niemand jedoch stellt sich auf ihre Seite. Henning sind die Hände gebunden, denn als ihr Bruder ist es ihm untersagt, in dieser Sache als Journalist zu berichten. Eine Tatsache, die Henning dennoch nicht davon abhält, den Versuch zu starten, herauszufinden, was sich wirklich hinter dieser Geschichte verbirgt. Dadurch entgeht ihm, dass der Mörder von Erna Pedersen weiter auf der Jagd ist - und ihm näher, als er glaubt ...


    Der 3. Band der Henning-Juul-Reihe! Der Plot wurde ausgesprochen vielseitig und spannend erarbeitet, sodass es mir nicht möglich war herauszubekommen, in welche Richtung sich die Geschichte entwickeln wird. Positiv überrascht haben mich die Entwicklungen der jeweiligen Handlungsstränge und wie der Autor es schlussendlich geschafft hat, diese doch sehr unterschiedlichen Geschehnisse, miteinander zu verknüpfen. Die Figuren wurden facetten- und abwechslungsreich erarbeitet, wobei mir hier ganz besonders gut gefallen hat, dass der Leser hier mehr aus dem Leben von Hennings ominöser Schwester erfährt und Andeutungen gemacht werden, warum das Verhältnis zwischen den Beiden so abgekühlt ist und dass diese Tatsache in Hennings Vergangenheit zu suchen ist. Den Schreibstil empfand ich als ausgesprochen fesselnd zu lesen, sodass ich mich genötigt gesehen habe, das Buch am Stück zu lesen. Ich konnte und wollte einfach nicht aufhören, ich musste einfach erfahren, wie es weiter geht und wie sich der ganze Plot auflöst. Jetzt ist leider erst einmal Warten angesagt, ich hoffe jedoch, dass der Autor bald einen weiteren Band aus dieser überaus faszinierenden Reihe liefern wird.

  • Online-Journalist Henning Juul soll über den gewaltsamen Tod einer dementen Pflegeheimbewohnerin berichten. Gleichzeitig macht seine Schwester, Justizministerin Trine Juul-Osmundsen, Schlagzeilen, weil sie einen jungen Kollegen sexuell belästigt haben soll.


    Henning hat nach dem schrecklichen Tod seines kleinen Sohnes Jonas beruflich wieder Fuß gefasst und sucht weiterhin nach Beweisen, dass es kein Unfall war, sondern dass Jonas einem Brandanschlag zum Opfer fiel, der eigentlich ihm gegolten hat. Doch noch immer hat er keine Ahnung, wem er damals bei seinen journalistischen Ermittlungen in die Quere gekommen sein könnte.


    Engers Schreibstil empfinde ich als sehr angenehm sachlich, ohne Effekthascherei. Dabei sind die Themen, die er hier anfasst, wie Kindesmissbrauch und die Sensationsgier der Medien im Umgang mit Personen des Öffentlichen Lebens durchaus dazu angebracht, die Gemüter in Wallung zu bringen.
    Diesmal gibt es ein paar Anlaufschwierigkeiten, bis die Geschichte in Gang kommt. Enger baut zwei zunächst voneinander unabhängige Handlungsstränge auf, bei deren Verknüpfung er sich schwertut, das wirkt dann doch zu konstruiert auf mich.
    Bisher war ich von der Figur des hartnäckigen Journalisten Henning Juul, der sich in seine Fälle verbeißt und nicht loslässt, bis er die Wahrheit herausgefunden hat, sehr angetan. Nun erfahren wir düstere Einzelheiten aus Hennings Kindheit, die mir weniger gefallen. Das ist mir einfach zuviel und ich glaube nicht, dass es der Figurenentwicklung gut tun wird.

    Alles in allem war es ein gut und flüssig zu lesender Krimi mit starken Themen (daraus hätte man auch zwei Bücher machen können) mit leichten Schwächen. Nach gewissen Anlaufschwierigkeiten gewinnt die Geschichte an Tempo. Die Spannung bezieht sie hauptsächlich durch den Wechsel zwischen den einzelnen Handlungssträngen, deren Kapitel immer wieder mit kleinen Cliffhangern aufwarten. Der Showdown zum Schluss hin kann nicht davon ablenken, dass die Zusammenführung der beiden Handlungsstränge konstruiert wirkt und nicht alles zufriedenstellend aufgeklärt wird. Hier könnte ich mir vorstellen, dass der Autor in einem späteren Band noch einmal darauf zurückkommen möchte.


    Und am Ende ist Henning der Wahrheit über den Tod seines Sohnes ein kleines Stück näher gekommen. Fortsetzung folgt.