Wiedersehen in Hannesford Court [The Year After] - Martin Davies

  • Klappentext


    DECEMBER 1919. Tom Allen, uncomfortable in London after five years in uniform, receives an invitation to spend Christmas at Hannesford Court.It's almost as if nothing has changed. Cards in the library after dinner. The Boxing Day shoot. The New Year ball. Margot.But Tom hasn't forgotten the professor. A strange meeting in Germany has raised a question in his mind: in all his visits to Hannesford before the War, all those years observing the glittering life of its owners, how much did he ever really see?



    Der Autor
    Martin Davies grew up in North West England. All his writing is done in cafes, on buses or on tube trains, and an aversion to laptops means that he always works in longhand. He has travelled widely, including in the Middle East and India, and substantial parts of THE UNICORN ROAD were written while travelling through Sicily. He works as a consultant in the broadcasting industry. Translation rights in Martin's books have now been sold in Germany, Sweden, Poland, France, Italy, Portugal, Greece, Korea, Russia, Serbia, Turkey and Holland.






    Der Klappentext klingt relativ trivial. Ein Mann, der nach seiner Teilnahme am 1. Weltkrieg nach Hause kommt und auf ein Familiengeheimnis stößt. Aber dieses Buch ist viel mehr als das. Schon sehr schnell merkt man, wie intensiv sich der Autor mit der Zeit nach dem 1. Weltkrieg in England auseinandergesetzt hat.


    Tom ist zurückgekehrt vom Krieg. Körperlich unversehrt. Aber wie bei den meisten, hat der Krieg in seiner Seele tiefe Wunden geschlagen. Trotz vieler Vorbehalte nimmt er die Einladung nach Hennesfort Court an. Vor dem Krieg hat er viel Zeit dort verbracht. Er begehrte Margot, die Tochter des Hauses. Zwar hoffnungslos, da er nicht wirklich zum erlesenen Kreis gehörte, aber seine Gedanken kreiste um sie und um Hennesfort Court. Schon vor seiner Ankunft dort hat ihn ein alter Bekannter aus dieser Zeit darauf angesprochen, ob ihm irgendwelche Ungereimtheiten aufgefallen sind in diesem letzten Sommer vor dem Krieg, als ein deutscher Professor plötzlich während dem großen Ball der Rosen verstarb. Tom lässt das alles keine Ruhe, und so forscht er in seinen Erinnerungen, was er vielleicht übersehen haben könnten in jenen Tagen, in denen er nur mit sich und seinem Kummer wegen Margot, die einen anderen heiraten wollte, beschäftigt war.


    Auch meine eigene Inhaltsangabe mag noch trivial klingen. Aber dieses Buch ist wirklich alles andere als das. Es beschäftigt sich intensiv mit der Frage, was mit den Menschen geschah, die diesen schrecklichen 1. Weltkrieg überlebten. In England wurden zu dieser Zeit die Frauen noch dazu erzogen, angemessen zu heiraten und zuviel Bildung war da eher schädlich. Nun blieben ein Großteil der männlichen Bevölkerung im heiratsfähigen Alter auf dem Schlachtfeld. Der Mangel an jungen Männern lies viele Frauen mit der Frage zurück, was sie denn nun mit sich und ihrem Leben anstellen sollten. Tom kam als einer der wenigen völlig unverletzt zurück. Ihn treibt aber ebenfalls die Frage um, was er mit seiner unverhofften Zukunft anfangen soll. Und warum er es war, der zurückkehren und so viele andere nicht. Die Menschen in England erheben die Toten zu Helden, die für ihr Vaterland gefallen sind, während den Heimgekehrten kaum vergeben wird, das sich ihr Gemüt durch die Kriegserlebnisse verdunkelt hat.


    Der Autor beleuchtet dabei alle Seiten. Er lässt die Figuren, meist Frauen, die während des Krieges daheim blieben oder als Krankenschwester Dienst taten, aufzeigen, was diese Krieg und die gesellschaftlichen Veränderungen für sie bedeuteten. Durch Tom, den Heimkehrer, sehen wir, wie schwer es ist, wieder in die Gesellschaft zu finden nach solchen Erlebnissen. Und wie schwer es ist, der Erwartungshaltung zu entsprechen. Das gelingt dem Autor mit leichter Hand, während der Dialoge und in Gedankengängen. Dabei gelingt es ihm ebenfalls, noch eine Geschichte voller Geheimnisse und verborgener Gefühle innerhalb der Familie zu erzählen.


    "The Year After" ist ein dunkles Buch, das auf subtile Weise den Horror dieses Krieges schildert und zugleich die unschönen Geheimnisse dieser anscheinend so unbeschwerten Vorkriegszeit aufzeigt. Tom wird sich mehr und mehr klar, wie eingeschränkt sein Blick auf diese Zeit war und wie jeder im Grunde nur mit sich selbst beschäftigt war. Vor dem Krieg war eine Indiskretion schlimmer als Ehebruch. Nach dem Krieg muss sich die Gesellschaft neu erfinden.


    Das Buch ist nicht besonders umfangreich, und trotzdem steckt sehr viel in dieser Geschichte. Mark Davies braucht dabei nicht viele Worte oder große Ausschweifungen. Es ist sehr spannend zu lesen, wie Tom sich nach und nach mit den Vorkommnissen rund um den plötzlichen Tod des deutschen Professors vor vielen Jahren beschäftigt und so ein wenig zu sich selber findet. Mir hat dieses Buch außerordentlich gut gefallen. Es ist wunderbar leicht geschrieben und hat trotzdem viel zu erzählen. Es gibt eine gewisse Distanz zu den Figuren, die ich aber der englischen Mentalität sehr angemessen fand.
    Von mir volle Punktzahl und eine klare Leseempfehlung.


    Edit: Dt. Titel im Threadtitel und die ISBN ergänzt, damit die dt. Ausgabe auch im Verzeichnis auftaucht. LG JaneDoe

    “Wer kleine Kinder und Hunde nicht mag, kann kein schlechter Mensch sein



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  • Auf Deutsch ist das Buch auch erschienen. Der Titel ist passend, aber der Tiefe der Thematik nicht angemessen.


    Zitat

    London, 1919. Der junge Hauptmann Tom Allen erhält für die Weihnachtstage eine Einladung nach Hannesford Court, dem Landsitz der Familie Stansbury, wo er vor dem Krieg unbeschwerte Zeiten verlebt hat. Zugleich bittet ihn ein Freund, einer alten, nie aufgeklärten Geschichte nachzugehen: Kurz vor Ausbruch des Krieges ist ein deutscher Arzt auf Hannesford Court an einem Herzinfarkt gestorben - so schien es jedenfalls. Doch der Arzt hatte in seinem letzten Brief an seinen Sohn von merkwürdigen Dingen geschrieben, die dort vorgingen. Bevor er jemandem Genaueres sagen konnte, starb er - oder wurde dabei nachgeholfen? Tom beginnt, die Fäden der Vorkriegsgeschichte wieder aufzurollen ... Ein atmosphärischer Schmöker, in England ein Bestseller. Der Autor lebt in den englischen Midlands.


    Hier der Link zur englischen Ausgabe, die ich gelesen habe:

    “Wer kleine Kinder und Hunde nicht mag, kann kein schlechter Mensch sein



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  • Martin Davies: Wiedersehen in Hannesford Court – Roman, München 2014, dtv Deutscher Taschenbuch Verlag, OT: The Year After, Deutsch von Susanne Goga-Klinkenberg, ISBN 978-3-423-24989-8, Klappenbroschur, 331 Seiten, Format: 20,8 x 13,4 x 4 cm, Buch: EUR 14,90 (D), EUR 15,40 (A), Kindle Edition: EUR 12,99.


    „Diejenigen, die drüben waren, wollen den verdammten Krieg vergessen. Und die, die geblieben sind, wollen das um jeden Preis verhindern. Plötzlich sind die Männer, die gestorben sind, alle Helden, und die Heimgekehrten sind undankbare Burschen, die ein bisschen launisch wirken und ein bisschen unbeholfen und die anderen enttäuschen. (...)“ (Seite 265)


    England 1919: Durch Zufall ist Captain Tom Allen, 30, der Sohn einer verwitweten Skandalschriftstellerin, vor Jahren in die vornehmen Kreise der vermögenden Familie Stansbury geraten. Besonders fasziniert ist er, wie alle andern auch, von der glamourösen Tochter des Hauses, Margot, und dem ältesten Sohn, dem „goldenen Harry“. Gegen deren Ausstrahlung verblassen alle ihre Geschwister und Freunde.


    Hannesford Court, das Landhaus der Stansburys, war vor dem Krieg immer voller Gäste Besondere Glanzpunkte waren stets der Rosenball im Sommer und die Festlichkeiten an den Weihnachtsfeiertagen. Der Erste Weltkrieg hat diese Tradition unterbrochen. Jetzt, nach Kriegsende, erhält Tom Allen erstmals wieder eine Einladung zur Weihnachtsfeier. Er ist gerade erst aus Frankreich zurückgekehrt, wartet auf die Demobilisierung und weiß nicht so recht, was er mit seinem Leben anfangen soll. Ist es da klug, nach Hannesford Court zurückzukehren und so zu tun, als sei alles genau wie vor dem Krieg? Als könne man in eine Welt zurückkehren, die in dieser Form gar nicht mehr existiert? Der „goldene Harry“ ist gefallen, genau wie die Männer der Stansbury-Schwestern. Reggie, der Zweitgeborene, der jetzt zum Erben aufgerückt ist, ist als Schwerversehrter aus dem Krieg zurückgekehrt.


    Von den alten Freunden von damals sind nur noch Tom Allen und der etwas alberne Freddie Masters übrig. Und genau der schickt Tom einen verstörenden Brief. In Köln sei er dem Sohn von Professor Schmidt begegnet, der bohrende Fragen nach dem Tod seines Vaters gestellt habe. Der Professor – ein in England lebender Deutscher, der regelmäßig Hausgast bei den Stansburys war – war während des letzten Rosenballs an einem Herzinfarkt verstorben. Das nun stellt der Sohn in Frage. Sein Vater habe ihm Aufzeichnungen hinterlassen, die besagen, dass er kurz vor seinem Tod Zeuge eines ungeheuerlichen Verbrechens geworden sei. Zu weiteren Ausführungen ist er dann nicht mehr gekommen. Ein Zufall? Oder ein Mordfall?


    Freddie Masters hat keine Ahnung, was der Professor mit seinen Andeutungen gemeint haben könnte und bittet Tom Allen um Hilfe. Der ist ebenso ratlos. Ein Verbrechen? Das müsste dann ja von einem der Bewohner oder Gäste von Hannesford Court verübt worden sein. Undenkbar!


    Tom nimmt die Einladung zur Weihnachtsfeier an und beschließt, sich bei der Gelegenheit ein wenig umzuhören. Vielleicht weiß ja Anne Gregory etwas, die ehemalige Gesellschafterin von Mrs. Stansbury. Sie hat den Professor gut gekannt und nach dessen Tod seine persönlichen Sachen zusammengepackt und an seine Angehörigen geschickt.


    Bei der Weihnachtsfeier ist die Stimmung auf dem Landsitz ... seltsam. Auch wenn rein äußerlich alles beim alten geblieben ist, haben sich doch die Menschen verändert. Und es fehlen so viele! Eine besonders große Lücke hinterlässt Harry Stansbury, der jetzt als Gefallener geradezu wie ein Heiliger verehrt wird. Sein Bruder Reggie, der es nie verkraftet hat, immer in Harrys Schatten zu stehen ist jetzt, da er schwer entstellt im Rollstuhl sitzt, noch grantiger und unerträglicher als früher. Was man nachvollziehen kann.


    Die heimgekehrten Soldaten haben allesamt das Gefühl, dass niemand ihre wahren Erlebnisse hören will. Ihre Freunde und Angehörigen haben nur Interesse an der Verehrung der Gefallenen. Tom Allen, der beim Gedenkgottesdienst für Harry eine Rede gehalten hat, bringt es auf den Punkt:
    „Ich hätte mich in die Kirche stellen und sagen können, dass alles elend und barbarisch war, aber ich habe es nicht über mich gebracht. Ich musste ihnen sagen, was sie hören wollten, dass Harry Stansbury für die edelste Sache in unserer gesamten Geschichte gestorben ist und wie stolz wir darauf sein müssen, dass England solche Männer hervorgebracht hat.“ (Seite 319)


    Schritt für Schritt kommen Tom Allen und Anne Gregory auch der ungeheuerlichen Tat auf die Spur, von der der Professor geschrieben hat. Und Tom muss erkennen, dass schon vor dem Krieg vieles nur Fassade war und er sich in einigen Personen gewaltig getäuscht hat. Einige hatten deutlich mehr Tiefgang und Charakter als vermutet, manche waren Blender und Schwächlinge, ein paar gaben sich scheu harmlos und hatten es faustdick hinter den Ohren und andere waren trotz ihres vornehmen Gehabes rücksichtslos und verkommen. Jetzt kann ihn nichts mehr überraschen. Denkt er ...


    Im Grunde passiert nicht viel in dem Roman. Ein Kriegsheimkehrer besucht Freunde aus Friedenszeiten und sieht den alten Glanz mit neuen Augen. Nichts ist mehr das, was es noch nie war. ;-) Aber man kann einfach nicht aufhören zu lesen Was hat der Professor gesehen? Was weiß die Witwe des Verwalters? Und was weiß die Familie? Den Stansbury-Brüdern und ihren Kumpanen traut man so ziemlich jede Lumperei zu und die Fähigkeit, sich von den Folgen freizukaufen, obendrein. Was wird der jähzornige und unberechenbare Hannesford-Erbe Reggie als nächstes anstellen? Und kommen Tom Allen und Anne Gregory nun zusammen oder verkraften sie die Wahrheit nicht?


    Es dauert eine Weile, bis man herausfindet, welche Abschnitte in Tom Allens Gegenwart spielen, welches die Rückblicke sind und wer gerade erzählt. Ich habe das System erst nach knapp 90 Seiten durchschaut und manches Mal verwirrt zurückgeblättert. Hier eine kurze Gebrauchsanweisung:

    • Wenn es draußen kalt ist, haben wir 1919.
    • Wenn es Sommer ist, spielt die Episode vor dem Krieg.
    • Wenn Tom Allen erzählt, ist die Schrift streng und „geradlinig“ (Sabon) und der Text hat auch eine gerade Initiale.



    • Wenn Anne Gregory die Ich-Erzählerin ist, erkennt man das an einer etwas feminineren Schrift (Cochin), die eine kursive Initiale hat.



    Da muss man aber schon genau hinsehen. Für den Laien, vor allem, wenn er das Buch nur „häppchenweise“ liest, ist der typographische Unterschied nicht besonders augenfällig. Da hätte es gern ein deutlicherer Kontrast sein dürfen.


    WIEDERSEHEN IN HANNESFORD COURT ist kein kitschiger Downton-Abbey-Verschnitt, sondern eine intelligente und einfühlsame Geschichte über Krieg und Frieden, Konventionen und Fortschritt, Wahrheit und Illusion. „Hier wird der Mythos der Vorkriegsidylle gründlich auseinandergenommen“, schrieb die britische Zeitung The Independent on Sunday (Klappentext). Genau so ist es!


    Der Autor
    Martin Davies wuchs im Nordwesten Englands auf. Er hat viel Zeit auf Reisen im Nahen Osten und Indien verbracht und lebt heute in den englischen Midlands, wo er für den Rundfunk arbeitet. Seine Romane schreibt er in Cafés und öffentlichen Verkehrsmitteln und immer mit der Hand.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Kurzbeschreibung (Quelle: amazon)
    London, 1919. Der junge Hauptmann Tom Allen erhält für die Weihnachtstage eine Einladung nach Hannesford Court, dem Landsitz der Familie Stansbury, wo er vor dem Krieg unbeschwerte Zeiten verlebt hat. Zugleich bittet ihn ein Freund, einer alten, nie aufgeklärten Geschichte nachzugehen: Kurz vor Ausbruch des Krieges ist ein deutscher Arzt auf Hannesford Court an einem Herzinfarkt gestorben - so schien es jedenfalls. Doch der Arzt hatte in seinem letzten Brief an seinen Sohn von merkwürdigen Dingen geschrieben, die dort vorgingen. Bevor er jemandem Genaueres sagen konnte, starb er - oder wurde dabei nachgeholfen? Tom beginnt, die Fäden der Vorkriegsgeschichte wieder aufzurollen ... Ein atmosphärischer Schmöker, in England ein Bestseller. Der Autor lebt in den englischen Midlands.


    Autor (Quelle: amazon)
    Martin Davies wuchs im Nordwesten Englands auf. Er hat viel Zeit auf Reisen im Nahen Osten und Indien verbracht und lebt heute in den englischen Midlands, wo er für den Rundfunk arbeitet. Seine Romane schreibt er in Cafés und öffentlichen Verkehrsmitteln und immer mit der Hand.
    Er hat bereits mehrere historische Romane veröffentlicht, von denen einer ('Die Pflanzenmalerin') 2007 bei Goldmann auf Deutsch erschienen ist (noch als e-book lieferbar).


    Allgemeines
    Titel der englischen Originalausgabe: The Year After, ins Deutsche übersetzt von Susanne Goga-Klinkenberg
    Erschienen am 22. September 2015 bei dtv als TB mit 336 Seiten
    Gliederung: Prolog – 12 Kapitel – Information zum Buch - Information zum Autor
    Ich-Erzählung von Tom Allen und Anne Gregory in wechselnden Kapiteln
    Handlungsort und -zeit: Hannesford Court, England im Jahr 1919 (Rückblick auf 1914)


    Zum Inhalt
    Vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs trafen sich im Sommer alljährlich zahlreiche junge Leute auf dem Landsitz der Familie Stansbury und scharten sich um zwei der fünf jungen Stansburys: den feschen, allseits beliebten Harry und die kokette, höchst attraktive Margot. Beim Rosenball im Juli 1914 kam es zu einem tragischen Zwischenfall. Professor Schmid, ein schon lange in England lebender deutscher Freund der Familie, geriet in einen heftigen Streit und starb kurz darauf an einem Herzinfarkt. Auch eine junge Frau kam in diesem Sommer unter ungeklärten Umständen ums Leben.
    1919 sind die meisten der jungen Männer dieser Freundesclique – inklusive Harry Stansbury – tot, Harrys Bruder Reggie kommt schwer versehrt aus dem Krieg zurück. Nur Tom Allen und Freddie Masters haben den Krieg unbeschadet überstanden und kehren zu Weihnachten nach Hannesford Court zurück. Freddie hat einen Brief aus Deutschland vom Sohn des Professors bekommen, in dem dieser andeutet, dass sein verstorbener Vater im Sommer 1914 schockierende Dinge beobachtet habe.
    Tom Allen versucht nicht nur, das vom Professor mit ins Grab genommene Geheimnis zu ergründen, er muss sich auch mit seinen Kriegserinnerungen auseinandersetzen und stellt dabei fest, dass er nicht mehr derselbe ist wie 1914 und dass er an sein altes Leben nicht mehr anknüpfen kann. Auch Anne Gregory, die seinerzeit als Gesellschafterin von Lady Stansbury auf Hannesford Court weilte und jetzt als Pflegerin der Pfarrersgattin tätig ist, blieb von den Ereignissen des Jahres 1914 nicht unberührt.


    Beurteilung
    Der Roman ist als Ich-Erzählung in zwei sich abwechselnden Erzählsträngen gestaltet. Die Erzählung von Anne Gregory ist im Sommer 1914 angesiedelt, ist also ein Rückblick auf die damaligen Ereignisse.
    Die Erzählung von Tom Allen bezieht sich auf die Tage von Weihnachten 1919 bis zum Silvesterabend, enthält jedoch auch Rückblicke auf die Vorkriegszeit. Auch wenn ein ungeklärter Todesfall thematisiert wird, handelt es sich keinesfalls um einen Krimi, sondern um eine ruhige, von wenig Spannung geprägte Erzählung, in der die Veränderung der Menschen durch die Erfahrungen des Ersten Weltkriegs im Mittelpunkt stehen. Die Schilderung des ungezwungenen Daseins junger Leute aus der oberen Gesellschaftsschicht im Jahr 1914 wird geschildert, ein Dasein, an das man(n) nach dem Krieg nicht mehr wirklich anknüpfen kann. Durch die Gesellschaft geht ein Riss, die Daheimgebliebenen wollen ihrer Trauer um gefallene Familienmitglieder Ausdruck verleihen und neigen dazu, diese als Helden, die ihr Leben für das Vaterland gegeben haben, zu glorifizieren. Die ehemaligen Soldaten haben dagegen ganz andere Einblicke in das Kriegsgeschehen und auch in den Charakter der „Kriegshelden“ bekommen und würden am liebsten nur still und leise ihr ziviles Leben wieder aufnehmen.
    Die Handlung ist mit ihren Verwicklungen in der Vergangenheit und den kriegsbedingten Veränderungen von Gesellschaft und Persönlichkeiten gut konstruiert. Der Erzählstil ist jedoch leider über mindestens die erste Hälfte sehr hölzern und irgendwie „steril“: Beide Ich-Erzähler berichten mit einer gewissen desinteressiert wirkenden Distanz, als ob sie einfach nur Fakten zu Protokoll geben wollten, von denen sie nicht wirklich berührt werden. Dadurch bleiben ihre Charaktere seltsam blass und konturlos. Erst gegen Ende hin kommen zunehmend Gefühle zum Ausdruck, wodurch die Protagonisten an Kontur gewinnen und dem Leser nachvollziehbarer und sympathischer werden.
    Während die Handlung in der ersten Hälfte ziemlich spannungslos vor sich hin plätschert, steigt das Interesse des Lesers im zweiten Teil, als bruchstückweise Informationen über die Vorfälle des Sommers 1914 durchsickern. Jetzt kann der Leser miträtseln und wird vermutlich auch noch überrascht.


    Fazit
    Ein thematisch ansprechender Roman, der vom Erzählstil gesehen fesselnder hätte gestaltet werden können!
    7 Punkte