Die Frau des Täuferkönigs - Michael Wilcke

  • Taschenbuch: 390 Seiten
    Verlag: Aufbau Taschenbuch; Auflage: 1 (11. November 2013)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3746629977
    ISBN-13: 978-3746629971
    Größe und/oder Gewicht: 18,8 x 11,4 x 3,4 cm


    Kurzinhalt:


    Amalia und die Wiedertäufer: Im Jahr 1534 trifft in Osnabrück eine Gruppe Gaukler ein, die sich beim Jahrmarkt ein gutes Geschäft erhoffen. Ihr Anführer ist Emanuel Malitz, der einen Handel mit gefälschten Reliquien betreibt. Doch alles geht schief. Everhard Clunsevoet, ein Gutsherr aus Rheine, dem sie das Haus angesteckt haben, nimmt sie gefangen und stellt sie vor die Wahl. Entweder befreien sie seine Tochter Amalia aus Münster, wo die Wiedertäufer die Macht an sich gerissen haben, oder er lässt die Gaukler grausam töten. Malitz bleibt nichts anderes übrig: Er muss sich auf dieses Himmelfahrtskommando einlassen. Dann erfährt er, dass Amalia mittlerweile eine der Ehefrauen von Jan Bockelson, dem selbsternannten König der Wiedertäufer, geworden ist. Ein packendes Epos über die Wiedertäufer. Vom Autor des Bestsellers „Hexentage“.


    Autoreninfo:


    Michael Wilcke, Jahrgang 1970, wohnt im niedersächsischen Bramsche, in der Nähe von Osnabrück. 2003 erschien im Berliner Aufbau-Verlag sein Roman »Hexentage«. In den Jahren darauf folgten seine Romane »Der Glasmaler und die Hure«, »Die Falken Gottes« und »Der Bund der Hexenkinder«. Sein fünfter Roman »Die Frau des Täuferkönigs« erscheint im November 2013.


    Eigene Meinung:


    Titel: Wenn drei Gaukler in die Hölle der Täufer stapfen...


    Ehrlich gesagt bin ich nach dem Lesen dieses Buches beseelt, denn selten hat mich ein historischer Roman so sehr zum Schmunzeln gebracht wie dieses Werk.


    In diesem Buch, welches ich fast als Abenteuerroman bezeichnen würde, lernt der Leser die Gauklertruppe um Emanuel Malitz kennen, der durch ein Missgeschick um sein Leben und das seiner Freunde fürchten muss. Nur wenn er die Tochter des Gutsherren Clunsevoet aus Münster befreit, darf er sein Leben behalten und bekommt seine Tochter Mieke lebend zurück. Doch wird dem ungeschickten Gaukler dieses Unterfangen zusammen mit seinen Freunden gelingen, wo dort doch nur Chaos herrscht?


    Michael Wilcke besitzt eine Erzählgabe, die den Leser einfach nur fesselt. Das Geschriebene ist nicht nur witzig, sondern zur selben Zeit auch ungemein spannend. Selbst die Nebenrollen sind mit Sympathieträgern besetzt und man kann sich das Geschilderte bildlich vorstellen.


    Vor dem Lesen des Buches hatte ich noch nie etwas von den Wiedertäufern gehört, ich wurde hier also nicht nur gut unterhalten, sondern lernte auch noch etwas dazu.


    Fazit: Es war ein einziger Spaß dieses Buch zu lesen, welches bis auf den letzten Seiten überaus spannend war. Ich kann daher nur meine absolute Leseempfehlung aussprechen. Einfach toll!


    Bewertung: 9,5/ 10 Eulenpunkte

  • Mich konnte das neue Buch von Michale Wilcke nicht fesseln. Ich denke mal, es lag vor allem an dem unverbindlichen, humorvollen Plauderton aus der Ich-Perspektive, in dem die Geschichte erzählt wurde. Was nicigirl85 so gut gefallen hat, war so gar nicht meins. Mir war das ganze ZU witzig und ZU albern. Ich mag lieber die Bücher von Wilcke, in denen er ruhiger und ernster erzählt - möglichst in der dritten Person.
    Auch die Handlung fand ich manchmal fragwürdig. Die Helden begehen jede nur denkbare Straftat mit einem Augenzwinkern und ohne Unrechtsbewustsein. Sie stehlen, lügen, betrügen, stecken Häuser in Brand usw. Ich konnte einfach keinen Draht zu ihnen finden.


    Die Wiedertäufer in Münster ist eigentlich eine sehr interessante Sache, da wusste ich wenig davon. Aber die historischen Fakten waren ebenfalls fast ein Possenspiel - was durchaus so gewesen sein mag - aber ich konnte auch diese Gruppe nicht wirklich ernst nehmen.


    Manchmal hat man einfach ein Buch, eines gerne gelesenen Autors, welches nicht zu einem passt. Vielleicht beim Nächsten Mal wieder.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Heumahd - Susanne Betz


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Meine Meinung:


    Ein Ausflug ins mittelalterliche Münster, der ein paar unterhaltsame Stunden beschert.


    Wir bekomen diesen historischen Roman aus Sicht des Protagonisten Emanuel erzählt. Er berichtet von seinen Ereignis in einer Art Chronik, also im Rückblick. Somit wird dem Leser schon auf den ersten Seiten klar, dass es eine Art des Happy End geben muss, da er ja schlecht aus dem Jenseits berichten kann ;-) Der Schreibstil ist so locker und dennoch der Epoche in der Wortwahl angepasst, dass die Seiten nur so dahinfliegen.


    Die Charakterzeichnungen haben mir überaus gut gefallen. Schon auf den ersten Seiten werden die Protagonisten lebendig. Gerade weil sie so unperfekt sind, erscheinen sie umso glaubhafter. Dabei haben alle eine Prise Humor abbekommen, die der Geschichte guttut. Die vier Protagonisten machen – jeder für sich – eine Wandlung durch. Egal ob Emanuel, der für seine Tochter Verantwortung übernehmen muss, Jasmin, die sich über ihre Gefühle klar werden muss, oder Cort, der seine Motive komplett überdenkt – jeder geht für sich einen Weg, der klar zu erkennen ist. Die Anpassungsfähigkeit der Charaktere macht Spaß und lässt die Geschichte in einem noch glaubhafteren Licht erscheinen.


    Auch die Nebencharaktere wurden liebevoll ausgestaltet und waren in sich authentisch. Der Autor schafft es, ohne Stereotypen auszukommen, was bei mir durchaus positiv angekommen ist. Gerade weil sich die Charaktere teilweise untypisch für ihre eigentliche Rolle verhalten, kommt so ein bisschen Würze ins doch eher triste Geschehen der (scheinbar) biederen Wiedertäufer.


    Das mittelalterliche Setting von Münster ist malerisch beschrieben. Erst hinterher ist mir aufgefallen, dass der Autor hier gar keine großen Worte gebraucht hat, mir aber trotzdem eine komplette Stadt in den Kopf gezaubert hat. Diese unterschwelligen Beschreibungen gefallen mir gut, weil sie den lockeren Schreibstil nicht durch seitenlange Ausführungen behindern, sondern sich fließend in die Geschichte einfügen. Ich habe mich wirklich in eine andere Epoche versetzt gefühlt.


    Leider habe ich auch einen Kritikpunkt zu vergeben: die Spannungskurve bzw. der Plot an sich. Eigentlich sehr erfreulich für die Charaktere, leider aber eher unspannend für die Leser sind die Handlungen, die für meinen Geschmack zu perfekt ablaufen. Bis auf eine Situation läuft alles wie geschmiert, was bei mir keine rechte Spannung aufkommen lässt. Es muss ja nicht unbedingt jemand sterben, aber ein paar kniffligere Situationen wären durchaus drin gewesen. Die letzten 20 Seiten werden dann auch praktisch im Galopp abgefertigt, sodass ich schon dachte: Na hier möchte aber jemand fertig werden.


    Insgesamt ein durchschnittlicher, historischer Roman, der für ein paar entspannte Stunden Lesestunden sorgt und einen in das mittelalterliche Münster entführt. Der Aspekt Religion kommt immer wieder zur Sprache, also sollte man die Thematik mögen oder sie sollte einem zumindest nichts ausmachen.


    Bewertung: 8 Punkte

  • Historischer Hintergrund:
    Eine eher unbekannte geschichtliche Episode - das Täuferreich von Münster. Vielleicht kennt jemand noch die Oper "Der Prophet" von Giacomo Meyerbeer, die diesen Stoff behandelt, allerdings sehr stark von den historischen Fakten abweicht, oder den Fernseh-Zweiteiler "König der letzten Tage" mit Christoph Waltz als Jan Bockelson, der vor vielen Jahren gezeigt wurde.


    Diesen Film könnte der Autor möglicherweise auch gekannt haben, zumindest ist sein Zugang zu dieser geschichtlichen Episode und zur Figur des Jan Bockelson ein ähnlicher. (Allerdings findet sich bei ihm nichts, was er aus dem Film selbst übernommen haben könnte.)


    Persönliche Meinung:
    Wilcke nimmt in diesem Roman das fiktive Mittelalter des 21. Jahrhunderts auf die Schippe, einige Stereotypen werden hier auf den Kopf gestellt. Moralisch zweifelhafte Antihelden/innen sind gezwungen, eine gefährliche Befreiungsaktion auszuführen. Gefährlich ist diese Befreiungskation tatsächlich, andererseits aber entpuppt sie sich auch als fragwürdige Sache. Schon bald stellt sich auch die Frage, wer hier wirklich die "Bösen" sind.


    Dabei geraten die Antihelden/innen, als Schauspielergruppe gesellschaftlich Außenseiter, in ein Gemeinwesen, das ein Gegenentwurf zur üblichen Gesellschaft ist, aber letztlich auch nicht die ideale Gesellschaft.


    Fazit:
    Der Klappentext ist irreführend, denn ein packendes Epos über die Wiedertäufer ist dieser Roman eindeutig nicht, und wer so etwas erwartet hat, wird wohl eher enttäuscht sein.


    In Wirklichkeit ist es ein historischer Abenteuerroman, der etwas von einem Schelmenroman an sich hat (bzw. von einer Tragikomödie) und als solcher ist er eindeutig gelungen, vorausgesetzt Leser/in ist bereit, sich im Genre "historischer Roman" auf eine etwas schräge Geschichte einzulassen.

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    Die gefährlichsten Unwahrheiten sind Wahrheiten, mäßig entstellt. (Georg Christoph Lichtenberg)

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