Malavita - Tonino Benacquista

  • Originaltitel: Malavita (2004)
    Carl’s Books 2013, 302 S.


    Über den Inhalt:
    In dem beschaulichen Ort Cholong-sur-Avre in der Normandie lässt sich eine amerikanische Familie nieder. Fred Blake schreibt ein Buch über die Landung der Alliierten; seine Frau Maggie engagiert sich bei Wohltätigkeitsveranstaltungen; Belle, ihre Tochter, verdreht allen Männern den Kopf; und Sohn Warren wird zum Rächer des Schulhofs. Eine ganz normale Familie also? Nein, denn Fred heißt in Wahrheit Giovanni Manzoni. Er war einer der ganz großen Mafia-Bosse in den USA, bis er im Rahmen eines Zeugenschutzprogramms nach Frankreich umgesiedelt wurde. Und weil es den Blakes nicht wirklich gut gelingt, sich unauffällig zu verhalten, ist vorprogrammiert, dass die Tarnung bald auffliegt …


    Über den Autor:
    Tonino Benacquista, geboren 1961 als Sohn italienischer Einwanderer, lebt in Paris. Nach einem begonnenen Filmstudium organisierte er sich mit Jobs als Schlafwagenschaffner und Pizzabäcker Geld und Stoff für seine originellen Kriminalromane, die mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurden. "Malavita" wurde von Luc Besson mit Robert DeNiro, Michelle Pfeiffer und Tommy Lee Jones verfilmt.


    Meine Meinung:
    Der ehemalige Mafiaboss Frederick Blake befindet sich zusammen mit seiner Familie im Zeugenschutzprogramm. Der kleine Ort in der Normandie ist nicht der erste, in dem die Familie versucht heimisch zu werden. Seiner Ehefrau und den beiden Kindern Belle und Warren gelingt es jedem auf seine Weise, sich mit der Situation zu arrangieren. Nur Fred tut sich damit schwer. Auch die ständige Bewachung durch das FBI kann nicht verhindern, dass er immer wieder in alte Muster verfällt …


    Äußerst unterhaltsam, sehr hintergründig und herrlich komisch erzählt Torino Benacquista, wie die vier Familienmitglieder ihr Leben entschlossen in die Hand nehmen und das Beste aus ihrem Exil zu machen versuchen. Die größten Anpassungsschwierigkeiten hat dabei Vater Fred alias Giovanni Manzoni, der in seinem Leben nie etwas anderes zustande gebracht hat, als Teil der Mafia-Familie zu sein und alle Probleme auf Mafiaart zu lösen. Dass er dabei seine eigene Familie immer wieder in höchste Schwierigkeiten bringt, versteht sich fast von selbst. Wie die Information über den geheimen Aufenthaltsort der Blakes schließlich den auf Rache sinnenden Mafiapaten Don Mimino erreicht, der aufgrund von Freds Aussage für 345 Jahre hinter Gittern sitzt, ist eine wunderbar kuriose Anhäufung von Zufällen.


    Dem Autor sind tolle Charaktere gelungen, die in jeder Szene überzeugen können. Auch wenn es sich hier um eine Gangsterkomödie handelt, wird sehr deutlich, dass mit der Mafia nicht zu spaßen ist. Amüsante, ernsthafte und actionhaltige Szenen wechseln sich ab und machen das Buch zu einem turbulenten Lesespaß.


    Ach ja: Wenn die Verfilmung nur halb so komisch ist wie das Buch, dann dürften viele Lacher garantiert sein. Der Film läuft gerade in den deutschen Kinos an.

  • In einer Nacht- und Nebelaktion ziehen Frederick "Fred" und Maggie Blake mit ihrer 17-jährigen Tochter Belle, ihrem 14-jährigen Sohn Warren und ihrem Australischen Schäferhund Malavita nach Cholong-sur-Avre in der Normandie. Fred gedenkt ein Buch über die Landung der Alliierten in der Normandie zu schreiben, Maggie ist Hausfrau und Mutter, die sich ebenfalls in Wohltätigkeitsaktionen engagiert und die Kinder gehen noch zur Schule. Eigentlich eine ganz normale Familie - eigentlich.


    Vor sechs Jahren mussten Giovanni und Livia Manzoni fluchtartig ihr heimatliches Domizil in Newark, New Jersey, verlassen, ja schlimmer noch, sogar aus Amerika mussten sie fliehen, denn Giovanni hat das noch nie dagewesene getan: der Mafia-Boss hat vor Gericht ausgesagt und somit die Cosa Nostra und deren Familien öffentlich bloßgestellt bzw. dafür gesorgt, dass viele von ihnen hinter Gittern landeten. Seitdem leben sie als Familie Blake in Frankreich, leider auch hier immer wieder an wechselnden Orten, da Fred das Zeugenschutzprogramm immer wieder mit seinen Aktionen unterwandert. Der für die Familie Blake zuständige FBI-Agent Thomas Quintiliani hat somit seit mehr als sechs Jahren alle Hände voll zu tun.


    Die Blakes versuchen wirklich, sich in Cholong-sur-Avre zu integrieren, aber die Einheimischen machen es ihnen nicht unbedingt leicht. So kann es schon einmal vorkommen, dass nach einem Besuch im örtlichen Supermarkt das Schaufenster in Flammen steht (legt euch nicht mit Maggie an), Jungs mit gebrochenen Nasen zurückbleiben (legt euch nicht mit Belle an), Handwerker mit gebrochenen Armen in der Notaufnahme landen (legt euch bloß nicht mit Fred an) und mafiaähnliche Strukturen in der Schule herrschen (Warren hilft immer wieder gern). Wider erwartend gelingt es Familie Blake dann doch, sich einzuleben - doch wie lange kann eine Mafiafamilie wirklich unerkannt leben, ohne dass ihre Verfolger ihnen auf die Schliche kommen?


    Legt euch nicht mit den Blakes an! Der Plot wurde ausgesprochen erfrischend und abwechslungsreich gestaltet und ganz ehrlich, ich kann verstehen, warum die Figuren so gehandelt haben, wie sie es taten, ich hätte es wahrscheinlich in deren Situation nicht anders gemacht. Die Figuren wurden facettenreich erarbeitet, wobei gerade die Figur des Fred sehr tiefgründig entwickelt wurde, was sicherlich auch damit zusammenhängt, dass dieser seine Memoiren schreibt. Den Schreibstil empfand ich als ausgesprochen angenehm zu lesen, sodass ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen wollte. Abschließend kann ich sagen, dass dieses Buch mir herrliche Lesestunden und ein vergnügliches Kopfkino bereitet hat. Jetzt bin ich am überlegen, ob ich mir nicht doch die entsprechende Verfilmung anschauen sollte.

  • Bloß icht auffallen!!!


    Gemächlich beginnt Tonino Benacquista seine Geschichte um die Familie Blake/Manzoni. Sie erscheint dem Leser zunächst ganz normal, die netten Nachbarn von nebenan eben. Nach und nach wird aber immer deutlicher, dass sich hinter den Blakes eigentlich eine Mafia-Familie verbirgt. Mit viel schwarzem Humor und der Verwendung der hinlänglich bekannten Klischees nimmt die Handlung Fahrt auf ohne dabei platt zu wirken. Die Personen sind in ihrer Widersprüchlichkeit gut charakterisiert und in Szene gesetzt. Besonders Fred war für mich der große Sympathieträger.


    Ich hätte nicht erwartet, dass ein Roman über eine sich im Zeugenschutzprogramm befindende Mafiosi-Familie, angerichtet mit einer guten Portion Witz, Ironie und fast schon an Slapstick grenzenden Aktionismus, mich so gut unterhalten würde. Ich habe mich bei der Lektüre sehr gut amüsiert. Dieser Roman ist sehr leicht und schnell zu lesen, man will einfach wissen, wie es mit der ehrenwerten Familie weitergeht, weil man ahnt, gut kann das nie im Leben ausgehen.


    Mein Fazit: Dieser temporeiche, mit schwarzem Humor gespickte Roman hat mich durchgehend gut unterhalten. Er brachte genau das richtige Maß an Witz, gut konstruierter Geschichte und erzählerischem Können für genüssliche Lesestunden mit. „Malavita“ ist ein wirklich netter Roman um vom trockenen Alltagsgeschehen abzuschalten und den Feierabend zu genießen.

  • Das war wirklich ein großer Spaß :-]!


    Eine schräge Story, die herrlich mit den Klischees spielt, manche Szenen Slapstick pur, in denen filmreife Bilder vor meinem inneren Auge abliefen.
    Dass nicht alles ins Lustige gezogen wird und es immer wieder auch einen ernsthaften Blick auf Geschehnisse, Gefühle und Entwicklungen gibt, hebt das Buch aus dem puren Klamauk und macht es umso lesenswerter.


    Zitat

    Original von JaneDoe
    Wie die Information über den geheimen Aufenthaltsort der Blakes schließlich den auf Rache sinnenden Mafiapaten Don Mimino erreicht, der aufgrund von Freds Aussage für 345 Jahre hinter Gittern sitzt, ist eine wunderbar kuriose Anhäufung von Zufällen.


    Das hat mich an dieser Geschichte besonders beeindruckt, bis ins Kleinste durchkonstruiert, gleichermaßen kurios wie genial :grin!


    Hat eigentlich jemand von euch den Film geschaut?
    Trotz der vielen filmreifen Szenen bin ich mir nicht sicher, ob er mir ähnlich gut gefallen würde wie das Buch :gruebel.

  • Zitat

    Original von Lumos
    Hat eigentlich jemand von euch den Film geschaut?
    Trotz der vielen filmreifen Szenen bin ich mir nicht sicher, ob er mir ähnlich gut gefallen würde wie das Buch :gruebel.


    Ich wollte, habe es dann aber aus den Augen verloren. Ist ja selten so, dass einem beides gleich gut gefällt, Buch und Film.