'Betty Blue' - Kapitel 10 - 16

Die tiefgreifenden System-Arbeiten sind soweit abgeschlossen. Weitere Arbeiten können - wie bisher - am laufenden System erfolgen und werden bis auf weiteres zu keinen Einschränkungen im Forenbetrieb führen.
  • Betty erwartet offenbar noch viel vom Leben - aber nicht als Ergebnis aus ihrer Hände Arbeit. Obwohl sie sich die Mühe macht, die Hefte ins Reine zu tippen, das schon - aber sie hat ja auch sehr genaue Vorstellungen und Hoffnungen, was die große Kohle betrifft.


    Dieses Manuskript scheint bei den Verlagen nicht so gut anzukommen. Und Betty reagiert schon entsprechend nach der ersten (!) Absage.
    Ich finde die Frau richtiggehend gefährlich.

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“

  • Zitat

    Original von killerbinchen
    Ich finde die Frau richtiggehend gefährlich.


    Bettys gewalttätige Wutausbrüche scheinen mir ziemlich unkontrolliert, der Erzähler ist auch entsprechend geschockt.
    Später ist er aber auch bereit Gewalt anzuwenden, damit der Verlagsmensch bereit ist, die Anzeige gegen Betty zurückzunehmen. Seine Vorgehensweise ist geplant und durchdacht sowie brutal..


    Da frage ich mich doch, welche Form der Gewalt schlimmer ist. Betty kann sich schließlich nicht beherrschen und ist deshalb nicht ganz verantwortlich, er jedoch schon.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar


    Bettys gewalttätige Wutausbrüche scheinen mir ziemlich unkontrolliert, der Erzähler ist auch entsprechend geschockt.
    Später ist er aber auch bereit Gewalt anzuwenden, damit der Verlagsmensch bereit ist, die Anzeige gegen Betty zurückzunehmen. Seine Vorgehensweise ist geplant und durchdacht sowie brutal..


    Da frage ich mich doch, welche Form der Gewalt schlimmer ist. Betty kann sich schließlich nicht beherrschen und ist deshalb nicht ganz verantwortlich, er jedoch schon.


    Ich kann euch da nur Recht geben.
    Ich finde es gravierend, wie der Erzähler sich verändert hat, seit er mit Betty zusammen ist. War er erst passiv, so ist er jetzt der Handelnde, und wie du schon sagtest, Herr Palomar, er handelt geplant und bewusst brutal, um sein Ziel zu erreichen, auch wenn er es tut, um Betty aus dem Knast zu holen, wie er sagt, das Einzige, das ihm etwas bedeutet.
    Betty ist impulsiv und unkontrolliert, für verantwortlich für ihr Handeln halte ich sie trotzdem.


    Im ersten Abschnitt beschreibt der Erzähler noch, wie ideal er sein gemütliches Nichtstun findet, sein Nest aus Gleichgültigkeit. Es scheint auch jetzt noch nichts zu geben, was ihn vorantreibt. Er hat kein Ziel im Leben, das er anstrebt. Wie weit er allerdings für Betty aus seiner Welt heraustritt, finde ich schon erschreckend. Und wo soll das enden...

  • Auch wenn ich es nicht nachvollziehen kann, der Erzähler ist von Betty völlig abhängig. Alles würde er für sie tun. Schuften bis zum Umfallen, sein gewohntes Leben aufgeben. Sie decken, selbst Verbrechen begehen, um sie aus dem Gefängnis zu holen. Es gibt nur wenig Entschlüsse, die er selber fasst. Meist tut er, was Betty will.
    Man muss es schon Hörigkeit nennen.
    Erschreckend.


    Und zunehmend kommt mir der Gedanke, ob das, was Betty über ihre Vergangenheit berichtet hat, den Tatsachen entspricht.

  • Hörigkeit? hm! ich weiß nicht!
    Eigentlich glaube ich doch daran, dass sie sich lieben.


    Betty ist ziemlich auf ihn fixiert und er merkt, dass sie manchmal nicht rational reagiert, das weckt sein Verantwortungsgefühl und das Bedürfniss, sich um Betty zu kümmern.


    Ich lese das Buch als leicht melancholische, selbstzerstörrerische Liebesgeschichte!

  • Zum Beispiel diese fantastische Aktion, nachdem Eddie und Lisa abgefahren sind. Völlig erschöpft und fertig, nach einer eher albtraumartigen Woche. Betty will unbedingt das tonnenschwere Sofa verrücken, ebenso den Geschirrschrank, danach kann die Lady nicht in dem Bett schlafen ( könnte man ja noch verstehen ), da muss das Sofa umgeklappt werden, was aber nicht so ohne weiteres funktionieren will.
    Und unser Erzähler? Er traut sich nicht einmal, ernsthaft zu widersprechen.


    Oder noch schlimmer, der Tag, an dem Betty ihre Faust absichtlich durch die Scheibe der Küchentür stößt, mit allem davor und danach.
    Ich sehe das nicht so, dass Betty auf ihn fixiert ist. Sie lebt in einer eigenen Welt und wenn auch nur irgendwas sie stört, rastet sie völlig aus. Wie es dem anderen geht, ist ihr völlig wurscht.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Hörigkeit? hm! ich weiß nicht!
    Eigentlich glaube ich doch daran, dass sie sich lieben.


    Betty ist ziemlich auf ihn fixiert und er merkt, dass sie manchmal nicht rational reagiert, das weckt sein Verantwortungsgefühl und das Bedürfniss, sich um Betty zu kümmern.


    Ich lese das Buch als leicht melancholische, selbstzerstörrerische Liebesgeschichte!


    Hörig würde ich es auch nicht nennen, abhängig schon. Mit der Definition von Liebe ist das so eine Sache. Ihre Beziehung entspricht nicht dem, was ich persönlich unter Liebe verstehen würde.
    Ich glaube, er mag das Gefühl, dass sie ihn braucht und sein Leben verändert. Er hat so etwas, um das er sich kümmern kann.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    ...
    Oder noch schlimmer, der Tag, an dem Betty ihre Faust absichtlich durch die Scheibe der Küchentür stößt, mit allem davor und danach.
    Ich sehe das nicht so, dass Betty auf ihn fixiert ist. Sie lebt in einer eigenen Welt und wenn auch nur irgendwas sie stört, rastet sie völlig aus. Wie es dem anderen geht, ist ihr völlig wurscht.


    Sie ist aus dem Gleichgewicht, vor allem seelisch. Haltlos, getrieben, impulsiv, intensiv, selbstzerstörerisch - wie eine Kerze, die von beiden Enden her angezündet wird.


    Die von die genannte Szene fand ich auch heftig, sehr heftig.

  • Wenn man suchen würde, fände man einige Krankheitsbilder, die in Frage kommen.
    Es geht mir aber nicht darum, ihr ein Etikett anzuhängen. Vielmehr finde ich seine Reaktion interessant.
    Er belohnt ja ihr Verhalten, durch Zuwendung, Kümmern, Hinterherlaufen. Und das, obwohl er ja keineswegs dumm ist, ich meine dumm in Bezug auf menschliche Beziehungen.
    Ich hätte ihr den Notarzt gerufen und meinen Kram gepackt.....

  • Was ihr zu diesem Abschnitt geschrieben habt, kann ich alles unterschreiben.


    Es ist eine Liebe, die einem echt Angst machen kann. Betty hat irgendwie psychopathische Züge. Eine Weile geht es erstaunlich gut, aber irgendwann kocht sie über, manchmal aus heiterem Himmel bzw. nichtigen Anlässen (objektiv gesehen nichtig ;-)).
    "Er" lässt sich zwar nicht alles von Betty gefallen, doch letztlich gewinnt seine Liebe immer die Oberhand über eventuelle Zweifel. Er sieht in Betty den Sinn seines Lebens. Und ja, ich habe auch den Eindruck, dass er sich verändert. Ich bin echt gespannt, wie diese Geschichte ausgehen wird. Manchmal hat man ja so ein Gefühl, wohin sich die Sache entwickeln wird, aber hier habe ich keine Ahnung - alles ist möglich.


    Trotz der nach wie vor bestehenden Faszination gefällt es mir nicht mehr ganz so gut wie zu Anfang. Ich finde Betty total anstrengend.
    Der inflationäre Gebrauch von "Scheiße" nervt mich, erfreulich, dass es im letzten Teil des Abschnittes ab und an eine ganze Seite "ohne" gab.

  • Der Mann tut alles für seine Betty, er will sie unbedingt vor sich selber retten, geht dafür bis an die Selbstzerstörungs-Grenze.


    Das mit dem Möbel-Umstellen, tja, ähm, also das kann ich ein Stück weit nachvollziehen. Wenn wir nach Dänemark in den Urlaub fahren, muss ich dort auch immer erstmal umräumen, möglichst noch, bevor wird unsere Sachen reinholen... :schaem
    Und ich hätte auch nicht im Bett der Toten schlafen können.


    Hm, ich weiß nicht, ob man direkt nach einem Krankheitsbild suchen müsste; der Erzähler deutet dem Polizisten gegenüber etwas von "einmal im Monat" an, und es gibt ja tatsächlich Frauen, die aufgrund ihrer Hormonschwankungen vor ihrer Menstruation aber mal so richtig austicken. Für mich würde das als Erklärung und Grund schon reichen.

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“

  • Zitat

    Original von Lumos
    ...
    Trotz der nach wie vor bestehenden Faszination gefällt es mir nicht mehr ganz so gut wie zu Anfang. Ich finde Betty total anstrengend.
    ...


    Mir geht es da wie dir: Die Faszination ist noch da, aber ich tue mich momentan schwer mit dem Buch.
    Draußen ist es grau, und der Roman ist für mich auch grau.
    Er ist ganz Reaktion auf sie. Sie ist ganz Verzweiflung und hat etwas Zwanghaftes an sich. :wow

  • Endlich konnte ich das Buch weiterlesen. Es nimmt mich ziemlich mit und ich war zwischendurch nicht sicher, ob ich es weiterlesen will.


    Zitat

    Original von Herr Palomar


    Bettys gewalttätige Wutausbrüche scheinen mir ziemlich unkontrolliert, der Erzähler ist auch entsprechend geschockt.
    ...


    :write Betty ist krank, sie lebt immer auf der Überholspur, ist ständig am Limit und spürt sich selbst dabei doch nicht.
    Er liebt Betty und wird doch immer absolut überrascht von ihren Ausbrüchen. Den letzten im Supermarkt erkennt er frühzeitig, aber er kann nichts dagegen tun.


    Zitat

    Original von Herr Palomar
    ...
    Da frage ich mich doch, welche Form der Gewalt schlimmer ist. Betty kann sich schließlich nicht beherrschen und ist deshalb nicht ganz verantwortlich, er jedoch schon.


    Das sehe ich auch so.
    Seine Aggression erkläre ich damit, dass er nicht mehr weiß, wohin sein Zusammenleben mit Betty hinsteuert. Ich vergleiche das Geschehen mit einem fahrenden Zug, der nicht mehr zu bremsen ist und immer schneller rast.


    Zitat

    Original von Clare
    ...
    Betty ist impulsiv und unkontrolliert, für verantwortlich für ihr Handeln halte ich sie trotzdem.
    ...


    Das ist eine komplexe Frage. In den Momenten der Ausbrüche ist sie nicht verantwortbar zu machen. Aber im Normalzustand schon, denn sie müsste sich Hilfe suchen. Nur wird sie das nicht erkennen.


    Zitat

    Original von Clare
    ...
    Wie weit er allerdings für Betty aus seiner Welt heraustritt, finde ich schon erschreckend. Und wo soll das enden...


    Das kann nur in Selbstzerstörung enden.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin