Jo Nesbø - Koma

  • Inhalt:


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    Ein junges Mädchen wird tot im Wald gefunden. Sie wurde brutal vergewaltigt. Zehn Jahre später wird an derselben Stelle ein Polizist getötet, sein Gesicht ist grausam entstellt. Eine Sonderkommission ermittelt unter Hochdruck. Doch es geschehen weitere Morde. Die Polizei hat keine Spur, und ihr bester Ermittler Harry Hole fehlt. In einem Krankenhaus liegt ein schwerverletzter Mann im Koma. Das Zimmer wird von der Polizei bewacht. Niemand soll erfahren, wer der geheimnisvolle Patient ist. Denn er hat einen Feind. Und der ist überall.




    Meine Meinung:


    Vor zehn Jahren wurde ein Mädchen brutal ermordet. An der gleichen Stelle im Wald wird nun die Leiche eines Polizisten gefunden, dessen Gesicht grausam entstellt wurde.
    Als weitere Morde an Polizisten geschehen, die alle einem vorherigen, unaufgeklärten Mord nachempfunden sind, glaubt man nicht mehr an einen Zufall.
    Die Polizei ist ratlos, und ihr bester Ermittler Harry Hole fehlt.
    Zur gleichen Zeit in einem Krankenhaus liegt ein schwerverletzter Mann im Koma und wird von der Polizei bewacht.
    Niemand darf von seiner wahren Identität erfahren, denn er schwebt in Lebensgefahr.
    „Koma“, der 10. Fall für Harry Hole, ist für mich das meist ersehnte Buch seit langem. Nachdem Jo Nesbø den vorherigen Fall „Die Larve“ so offen enden ließ, dass lange nicht klar war, ob überhaupt ein weiteres Buch erscheint, konnte ich es nach der Ankündigung, dass es doch weiter geht, kaum erwarten endlich zu erfahren wie es meinem Lieblingskommissar ergehen wird.
    Und obwohl ich dieses Buch genießen wollte, denn man weiß ja nicht, ob das jetzt der letzte Fall sein wird, konnte ich einfach nicht mit Lesen aufhören.
    Schon von Beginn an legt Nesbø wieder sein gewohnt hohes Tempo vor und obgleich Harry erst ca. 200 Seiten später aktiv und anders als erwartet auftaucht, war ich sofort mitten in der Geschichte und es ließ mich bis zum Ende nicht mehr los.
    Nesbø schafft es wieder mich mit seinem klaren und mitreißenden Schreibstil in seinen Bann zu schlagen, weswegen ich gar nicht bemerkt habe, wie die Seiten beim Lesen nur so vorbei flogen.
    Harry, dessen Gemütszustände auch immer maßgeblich die Atmosphäre des Buches beeinträchtigen, ist nicht mehr das drogen- und alkoholabhängige Wrack aus den vorherigen Büchern, im Gegenteil, er scheint sein Leben nun endlich im Griff zu haben.
    Dennoch gab es auch für den Leser viele überraschende und gänzlich unvorhersehbare Wendungen, die wieder eine deutlich düstere Atmosphäre schufen.
    „Koma“ ist von Anfang bis Ende ein Buch, das einem den Atem raubt, immer wieder in die Irre führt, mit Harry mitbangen lässt, ein sehr hohes Tempo aufweist und eine längere Leseabstinenz unmöglich macht. Es ist zudem ein Buch dessen Ende nicht ganz befriedigt, den Leser aber auch nicht unglücklich zurücklässt. Im Gegenteil, finde ich hier das Ende doch bei weitem zufriedenstellender als das von Fall neun.
    Nesbø hat mich auch hier mit der Aufklärung des Falles überrascht und besonders die verschiedenen Facetten der Handlung machen seine Krimis zu vielschichtigen und anspruchsvollen Büchern.
    Für das Verständnis von „Koma“ braucht man sicher nicht zwingend die vorherigen Fälle von Harry Hole zu lesen, wobei immer wieder Ereignisse und Details aus „Die Larve“ eingestreut werden und allein für den Cliffhanger des neunten Falles, empfiehlt sich das vorherige Lesen. Für alle „Anfänger“ gibt es am Ende ein Glossar mit den wichtigsten Personen.
    Ob es weitere Fälle meines Lieblingskommissars geben wird, weiß wohl nur der Autor allein. Wünschen würde ich es mir, könnte mich aber auch mit „Koma“ als Abschluss anfreunden.


    10 von 10 Punkten!!

  • Hach, nach dem fiesen Cliffhanger in "Die Larve" freue ich mich total auf den nächsten Fall
    mit Harry Hole und werde mir das Buch schnellstmöglich holen :freude
    Hasewu, vielen Dank für deine tolle Rezi!

  • Zitat

    Original von hasewue
    Ja, ich habe ihn zum Glück von Vorablesen bekommen, dann aber noch etwas gewartet wegen der Vorfreude.
    Eigentlich wollte ich mir auch etwas Zeit lassen, aber ihn dann in 2 Tagen durchgelesen. Er ist wirklich wieder hervorragend!! Viel Spaß dir noch :-)


    ich war sehr enttäuscht ihn nicht gewonnen zu haben. :cry
    Muss auf die TBausgabe warten

  • Ich bin auch begeistert, hasewue! Hier meine Rezi.


    ***
    Nichts ist, wie es scheint - und das ist auch gut so!



    Selten habe ich einen Krimi oder Thriller gelesen, der mich so sprachlos zurückgelassen hat - und zwar im positiven Sinne! Fast möchte ich gar keine Rezension schreiben, weil ich das Gefühl habe, dem Buch niemals mit Worten gerecht werden zu können. Aber anderen Lesern nicht von diesem grandiosen Lese-Erlebnis zu erzählen, wäre ein ebensolches schändliches Versäumnis.


    Dies war mein erster Harry Hole, aber sicher nicht mein Letzter! Das Buch enthielt alles für mich, was ich erwartet hätte, und noch viel mehr. Starke Charaktere, großzügig dosierte Spannung, atmosphärische Beschreibungen, und eine unglaubliche Anzahl an überraschenden Wendungen. Den Inhalt möchte ich gar nicht weiter zerreden, sondern lieber auf die positiven Seiten eingehen.


    Sehr gut war zum Beispiel, dass das Buch eigenständig ist, und ich die vorigen Bände nicht vermisst habe. Allerdings wurde dem Hole-Neuling auch nicht alles "vorgekaut", es blieb genug Raum, um neugierig auf die anderen Bände zu werden. Es wurde deutlich, dass Harry Hole ein Getriebener ist - und dass er trotzdem, oder auch gerade deswegen (?), der beste Ermittler ist.


    Ein sehr findiger Kniff des Autors war natürlich, im ersten Drittel völlig offen zu lassen, ob Harry überhaupt auftaucht. Er wird erst durch dramatische Ereignisse dazu gezwungen, doch wieder zu ermitteln. Angesichts von Harrys sehr eigenem Charakter war das logisch, und fühlte sich überzeugend an. Überhaupt: der Autor hat ein wirklich unglaubliches Händchen für unerwartete Wendungen! Derart raffinierte Cliffhanger, und auch noch in dieser Anzahl, habe ich noch nicht erlebt! Oft saß ich da und rieb mir die Augen vor Verblüffung. wie bitte?! Hatte ich da jetzt etwas falsch verstanden?! Schnell zurück geblättert. Doch nein, beim genauen Lesen stellte ich fest - es war vieles interpretierbar. Der Autor spielt in einem hohen Grad mit den Erwartungen des Lesers, und das kann ich nur meisterhaft nennen!


    Dann wieder war ich überaus positiv überrascht von der rein literarischen Qualität des Buches. Doch, ich würde es sogar ein zweites Mal lesen wollen, "obwohl" ich jetzt den Fortgang und die Auflösung kenne. Es gab so viele tolle sprachliche Bilder, Vergleiche, dichte Stimmungen. Oslo im abendlichen Sonnenuntergang. Leere Krankenhausflure, die von Geistern bevölkert sind. Die professionellen Verstrickungen eines Psychiaters. Eine Beinahe-Vergewaltigung. Verführung, Schuld und Zweifel. Und und und. Einfach genial!


    Das Buch ist auch kein reiner Thriller. Ich würde sagen, dass es zu gleichen Teilen Krimi UND Thriller ist. Denn eigentlich werden im Buch zwei (!) Verbrecher gejagt und zwei Absichten verfolgt. Der eine wird enttarnt und gestellt. Der Handlungsfaden um den anderen jedoch bleibt völlig offen, und erfährt noch auf der allerletzten Seite eine beklemmende Wendung...garstig gut! Mir ist außerdem aufgefallen, dass - sei es bewusst oder unbewusst - besonders im ersten Drittel des Buches Anklänge an berühmte Vorgänger des Genres vorhanden sind. Vor allem an "Das Schweigen der Lämmer". Für mich hat das den Reiz der Lektüre noch gesteigert.


    Nur der deutsche Titel hat mich irritiert. Koma? Um den Koma-Patienten geht es eigentlich nur am Rande. Den Originaltitel finde ich da viel aufschlussreicher: "politi", in der englischen Fassung "police". Genau das ist es. Es geht um einen Killer, der sich an der Polizei rächt. Und um diverse moralische Verirrungen von Polizeibeamten. Was man sich bei der Übersetzung gedacht hat, erschließt sich mir nicht völlig.


    Ich kann das Buch nur wärmstens empfehlen. Zum Beispiel solchen Lesern, denen Wallander immer eine Spur zu zahm war. Oder die offene Enden und lose Fäden mögen. Die sich völlig in den Bann eines Buches begeben wollen, weil sie überhaupt keine Chance haben, selber auf die Lösung zu kommen. Die gehobene Kriminalliteratur schätzen. Harry Hole ist für mich der beste Beweis, dass Thriller kein Schund sein müssen.

  • Nach dem fiesen Cliffhanger aus "Die Larve" habe ich voller Spannung auf die Fortsetzung gewartet. Und ich musste lange warten...
    Aber es hat sich gelohnt, und wie!


    Direkt von Beginn an reißt der 10. Harry Hole Fall den Leser mit.
    An den Tatorten früherer Verbrechen werden Polizisten nach fast dem gleichen Muster ermordet. Was alle gemeinsam haben: Sie waren in irgendeiner Form an den Ermittlungen der Morde beteiligt.
    Unterdessen liegt in einem Krankenhaus ein Komapatient der strengstens bewacht wird.
    Und während den Ermittlern Harry Hole mit seiner Erfahrung und seiner Intuition an allen Ecken fehlt, tappt der Leser im Dunkeln wer der geheimnisvolle Komapatient wohl ist.
    Ab Seite 200 erfahren wir es dann.
    Einmal begonnen, konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen.
    Jo Nesbo wartet hier mit Verwirrspielen, falschen Fährten und Verdächtigen auf, die den Leser vollkommen in die Irre leiten.
    Der Spannungsbogen beginnt auf der ersten Seite und bleibt bis zur letzten konstant hoch, auch das Tempo ist von Anfang an rasant.
    Die Auflösung ist schlüssig, logisch und nachvollziehbar.
    Allerdings bleiben am Rande des Geschehens ein paar offene Fragen und so hoffe ich ich, allen entgegengesetzten Vermutungen zum Trotz, auf eine Fortsetzung dieser Reihe.


    Mein Fazit:
    "Koma" ist für mich ein superspannender, intelligenter Thriller, den man nicht zur Seite legen mag. Auch ohne Vorkenntnisse der früheren Fälle kann man das Buch gut lesen. Wer allerdings vorhat "Die Larve" zu lesen, sollte dies vor der Lektüre von "Koma" tun, da hier starker Bezug auf diesen Vorgänger genommen wird.
    Für mich ein rundes, spannendes Lesevergnügen dem ich gerne mehr als die vorhandenen 10 Punkte geben würde!
    Wer Thriller mag, kommt hier ganz bestimmt auf seine Kosten.

  • Zitat

    Original von Zefira
    Eine Frage: Die Rezi auf der Krimi-Couch deutet an, dass das Buch ohne Kenntnis des Vorgängers (Die Larve) schwer verständlich ist. Könnt ihr das so bestätigen?
    Ich würde "Koma" evtl. gern lesen, bin aber nicht sicher, ob ich vorher "Die Larve" lesen will, zumal ich beide Bücher in der Onleihe nicht bekomme.


    Grüße von Zefira


    Ich finde, man nimmt sich mindestens die Hälfte des Lesespaßes, wenn man nur "Koma" liest und nicht vorher noch (mindestens) "Die Larve", weil die Handlung der beiden Bände direkt zusammenhängt.
    Als absoluter Fan der Serie empfehle natürlich, die ganze Reihe zu lesen :grin, obwohl die ersten Bände kaum was mit "Koma" zu tun haben.

  • Danke für die Antworten. Ich habe das Rotkehlchen nicht gelesen und Kakerlaken nicht ausgelesen. Die andere, glaube ich, kenne ich alle. Bin nicht sicher, weil ich einige wieder im Tauschforum vertickt habe. Am besten gefallen hat mir der Schneemann.


    Ich werde die beiden neuesten mal im Hinterkopf behalten, aber erstmal muss ich mich ja an die Leserunde halten; vielleicht danach.

  • Ich mag solche Krimis nicht. Die gesamte Polizei vom Polizeichef über den Ermittler bis zum Dorftrottel kriminell, koruppt und unfähig. Die Hauptfigur ein genialer Ermittler taucht auf Seite 200 von 600 auf und stellt sich Mörder heraus. Nicht mein Ding.