Nils Mohl: Stadtrandritter
rororo 2013. 688 Seiten
ISBN-13: 978-3499216145. 14,99€
Vom Verlag empfohlen ab 14
Verlagstext
Ein Ausflug in deinen Kopf, das wäre, glaube ich, ein Abenteuer! Mädchen trifft Junge wieder. Traum wird Wirklichkeit wird Albtraum. Am Stadtrand, dort, wo die Hochhäuser stehen. Ein Fest wirft seine Schatten voraus, und der Herbst kommt. Laub fällt. Regen, Regen, Regen. Und am Ende gerät die Zeit aus dem Takt, steht die Kirche in Flammen. Ein Kurzschluss? Brandstiftung? Die Folge all der Kreuzzüge, die im Namen von Eifersucht, Trauer, Rache und Überzeugung geführt wurden? Die Frage, die bleibt: Was, wenn sich alle bisherigen Gewissheiten in Rauch auflösen? Woran überhaupt glauben?
Der Autor
Nils Mohl, geboren 1971, lebt und arbeitet in Hamburg. Für seinen letzten Roman «Es war einmal Indianerland» wurde er u. a. mit dem Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis und mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet.
Der Autor über Stadtrandritter "Was ich sagen kann: Den Leser von Stadtrandritter erwarten eine brennende Kirche, Unmengen fallendes Laub und diverse Kreuzzüge gegen die Zumutungen des Erwachsenwerdens. Ein Roman über Enttäuschungen, über Verlust und Eifersucht. Ein Herbstbuch."
Inhalt
"Stadtrandritter" erscheint als unabhängiger zweiter Teil von Mohls Trilogie "Liebe, Glaube, Hoffnung". Im Mittelpunkt der Geschichte stehen der siebzehnjährige Silvester, seine ältere Freundin Domino und die deutlich jüngere Merle. Silvester steht zwar zwischen den beiden Frauen, stärker jedoch bewegt ihn der Tod seiner Schwester Kitty, den er auch nach drei Jahren noch nicht verarbeitet hat. Silvester grübelt noch immer, ob Kitty überlebt hätte, wenn ihr rechtzeitig jemand zu Hilfe gekommen wäre. Silvesters Kiez am Stadtrand verbreitet absolute Trostlosigkeit. Allein Merle hat ein Familienleben, alle anderen Figuren sind sich selbst überlassen. Um Kondor, der in einem Autowrack lebt, kümmert sich Pastor Kamp, als Kondor seinen Tagelöhnerjob und damit den Boden unter den Füßen verliert. Hier können Jugendliche entweder zu Edda in die (aus Es war einmal Indianerland bekannte) Videothek gehen oder sich in der Konfirmandengruppe des Pastors Kamp engagieren. Die Videothek ist nun geschlossen, bleiben nur die "Katakomben", in denen die Kirche einen Filmclub organisiert. Verbindungen zwischen dem Element Feuer, dem Spielen mit dem Feuer und dem sozialem Zündstoff des Stadviertels sind im Roman zu ahnen, sie drängen sich jedoch nicht auf. Auch die Auseinandersetzung mit dem Glauben der Protagonisten und ihrem Verhältnis zur Institution Kirche (symbolisiert durch den kreuzförmigen Grundriss der Hochhäuser auf dem Buchcover) findet fast vollständig im Kopf des Lesers statt.
Dem zentralen Ereignis, dem Brand am Rande einer Hochhaussiedlung, nähert man sich als Leser wie im preisgekrönten "Indianerland" als hätte man wahllos in einen Film hineingezappt und müsste sich erst orientieren, worum es geht. Ein großer Schritt führt um drei Jahre zurück, anschließend werden die Ereignisse rekapituliert, die dem Brand vorausgingen. Optisch wird das Zappen in die Vergangenheit durch die Bediensymbole Vorwärts, Rückwärts, Pause, Aus zwischen den Kapiteln verstärkt. Die wiederkehrende Kapitelüberschrift "Âventiure" sorgt für Assoziationen zu Rollenspielen oder Mittelalterfesten. Rückblenden und Aussagen von Merle, Silvester und Kondor lassen allmählich ein Bild der Ereignisse entstehen. In der letzten Szene werden der Film im Kopf des Lesers und die Wirklichkeit wieder zusammengeführt. Das Zusammentragen von Details aus verschiedenen Erzählperspektiven könnte man wie das Sammeln von Zeugenaussagen im Krimi auf sich wirken lassen.
Fazit
Als 700-Seiten-Epos erfordert Mohls zweiter Großstadtroman hohe Aufmerksamkeit und macht es seinen Lesern nicht leicht, mit seinen spröden Figuren zu sympathisieren. Empfohlen wird das Buch vom Verlag für Leser ab 14! Für einen Roman dieses Umfangs hätte ich mir eine größere Tiefe wenigstens einer Figur gewünscht.
7 von 10 Punkten