Haddon Klingberg, Jr. - Das Leben wartet auf Dich. Elly & Viktor Frankl

  • Titel im Original: When Life Calls Out To Us. The Love and Lifework of Viktor and Elly Frankl


    Klappentext:


    Der Begründer der Logotherapie, Viktor E. Frankl, kam 1905 in Wien zur Welt. Nach seinem Medizinstudium arbeitete er in verschiedenen Wiener Krankenhäusern, bevor er 1942 seinen Leidensweg durch vier Konzentrationslager antreten mußte. Er verlor seine gesamte Familie und kehrte trotzdem nach dem Krieg nach Wien zurück.
    1946 schrieb er in nur wenigen Tagen „Ein Psychologe erlebt das KZ“, das in der Neuauflage unter dem Titel „…trotzdem Ja zum Leben sagen“ in 27 Sprachen übersetzt wurde. Doch obwohl Frankls Denken immer wieder analysiert wurde, gab es bis heute keine autorisierte Darstellung seines Lebens und der von inniger Liebe und intensivem Gedankenaustausch geprägten Beziehung zu seiner Frau Elly.
    Diese Hommage an zwei außergewöhnliche Menschen basiert auf Gesprächen, die Haddon Klingberg Jr. über Jahre mit den Frankls und deren Freunden und Kollegen führte. Er beschreibt ihre Lebenswege, bevor sie sich kennen lernten, und ihre 52 gemeinsamen Jahre.
    Das Buch skizziert die Grundzüge der Logotherapie und greift Kontroversen auf, die Viktor Frankls Thesen und Argumentationen hervorriefen. Klingbergs Schilderung eröffnet eine neue Sicht auf Elly und Viktor Frankls Leben und ihren Beitrag zu einer besseren Welt.


    Meine Meinung:


    Viktor Emil Frankl ist unbestritten eine der größten österreichischen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts, auch wenn dies hierzulande immer wieder in Vergessenheit zu geraten scheint.
    Die vorliegende (Doppel)Biografie besitzt einen unschätzbaren Vorteil: der Autor Klingberg hatte ein Naheverhältnis zu den Frankls, führte zahllose Gespräche mit ihnen und nahm diese auch auf Tonband auf. So entstand dieses umfangreiche, faszinierende und auch sehr persönliche Werk, dem man eine fehlende Objektivität gerne nachsieht.


    Es wird Frankls Kindheit und Jugend geschildert, seine medizinische Ausbildung und der Beginn seiner vielversprechenden Berufslaufbahn, die dann so jäh unterbrochen wurde durch die Schrecken der Naziherrschaft. Schon früh interessierte er, der schmächtige, nachdenkliche Junge, sich für Philosophie und Psychologie, begann einen Schriftverkehr mit dem übermächtigen Freud und gelangte allmählich zu unabhängigen, eigenständigen Ansichten – die Vorboten seines Lebenswerkes, der Logotherapie.


    Seine schreckliche Zeit in den Konzentrationslagern wird natürlich ausführlich geschildert, ebenso die schwierige Zeit nach der Befreiung, als es darum ging, wieder Fuß zu fassen im Leben, den Verlust der gesamten Familie zu verwinden und Antwort auf die Frage zu finden, warum das Schicksal – oder Gott – oder was auch immer gerade ihn mit dem Leben davonkommen ließ.
    Kindheit und Jugend seiner späteren Frau Elly werden ebenfalls geschildert, bis hin zum ersten Zusammentreffen der beiden, woraus bald eine große, innige, bis in den Tod reichende Liebe wurde.


    Sehr interessant auch das Kapitel über Kontroversen, die Frankls Werke hervorgerufen haben; schon erstaunlich, was diesem Mann alles vorgeworfen wurde im Laufe seiner produktiven, sinnstiftenden Lebens.
    Den Abschluß bilden Einblicke in das Privat- und Familienleben sowie ein Kapitel über Frankls große Leidenschaft, das Klettern.


    Mich hat diese Biographie sehr begeistert, nicht zuletzt aufgrund der häufigen launigen Einwürfe der Frankls, wenn sie gerade mit Klingberg über ein Thema oder eine Episode ihres bewegten Lebens sprachen. Aber auch oft sehr erschreckend und berührend, wenn sich Viktor Frankl an seine KZ-Zeit erinnert und Momentaufnahmen davon schildert – eigentlich unfaßbar, wie unwägbar das Leben und das Schicksal ist und wie oft er nur durch Zufall oder Glück dem sicheren Tod entronnen ist.


    Abschließend bleibt anzumerken, daß mich Viktor Frankl schon seit meiner Jugend fasziniert, als mir sein berühmtestes Buch „…trotzdem Ja zum Leben sagen“ in die Hände fiel, woraufhin ich auch einige seiner wissenschaftlichen Publikationen las und mich eingehender mit dem Konzept der Logotherapie beschäftigte. Viktor Frankl legte Zeit seines Lebens eine beeindruckende Haltung und eine Konsequenz an den Tag; er war keiner, der Wasser predigte und Wein trank, sondern stand rückhaltlos für seine Ansichten ein und schuf ein Lebenswerk, das vielen Menschen in Krisensituationen Hoffnung und vielleicht sogar ein bißchen Sinn gab.


    Viktor Emil Frankl starb am 2. September 1997, 2 Tage nach Lady Dianas Unfalltod und 3 Tage vor Mutter Teresas Ableben, wodurch sein Tod medial in den Hintergrund rückte.