Geschichte und Utopie - E.M.Cioran

  • Broschiert: 130 Seiten
    Verlag: Klett-Cotta


    OT: Histoire et utopie, 1960
    Aus dem Französischen von Kurt Leonhard


    Kurzbeschreibung:
    Geschichte und Utopie – für Cioran sind sie Fiktionen, die darüber hinwegtäuschen sollen, wie die Menschen wirklich sind.


    Gedanklich wie stilistisch ist Ciorans Werk eines der wichtigsten Zeugnisse für das Weltverständnis unserer Zeit.


    Über den Autor:
    E. M. Cioran wurde 1911 in Rumänien geboren. Er studierte in Bukarest Philosophie - vor allem Kant, Fichte, Schopenhauer, Hegel und Bergson -, kam...


    Mein Eindruck:
    Erst vor kurzen habe ich Ciorans frühe Artikel gelesen, in denen er rechte Ideologie befürwortete. Das war verstörend, den diese Artikel waren schlimmer als erwartet.
    Am Anfang von Geschichte und Utopie von 1957 gibt er Erklärung zu seiner frühen politischen Einstellung ab und wie er sich davon entfernt hatte. Als Form dafür nutzt er einen Brief an einen fernen Freund, der im Gegensatz zu ihm in Rumänien geblieben ist. Diese Form empfinde ich als sehr geeignet.
    Ciorans Erklärung, dass er toleranter geworden ist und den Hass verloren hat, finde ich nachvollziehbar und so rückt dieser Text Ciorans Werk in seiner Gesamtheit für mich wieder zurecht.


    Cioran spricht dann sehr im Detail von verschiedenen Gesellschaftsformen.
    Das Thema setzt sich in den weiteren Texten des Essaybandes fort, z.B. in “Mechanismus der Utopie“ und in “Rußland und das Virus der Freiheit“(1958).
    Eine offensichtliche Erkenntnis ist: “Jede Zivilisation denkt, ihre Lebensform sei die einzig gute und einzig begreifliche, und sie müsse die Welt dazu bekehren oder sie ihr aufzwingen.”

    Die Schule der Tyrannen: Ciorans Ausführungen reichen von Napoleon über Hitler und Stalin. Er erläutert den Machthunger (Machtgier) als krankhaften Zustand. .
    Zitat: Wenn man unsere Epoche nach den Tyrannen beurteilen will, die sie hervorgebracht hat, dann wird sie alles gewesen sein, nur nicht mittelmäßig.


    Aufgrund des Alters des Buches fehlen natürlich Erkenntnisse zu gesellschaftlichen Wandlungen der letzten 50 Jahre, man merkt dem Text also teilweise sein Alter an.


    Wiederum kein positives Menschenbild zeigt Cioran in dem Essay “Odyssee der Ranküne”, in dem es um den Willen zu Rache und Zerstörung geht.


    Das letzte Essay “Das goldene Zeitalter” besteht aus 7 Kapiteln, bildet einen Höhepunkt und beschließt das Band auf angemessene Weise.



    Fazit: Cioran geht in diesem interessanten Buch ambitioniert viele komplexe Themen um das Wesen der Menschen und Gesellschaften an. Deswegen ist es auch heute noch ein lesenswertes Buch!