Fragen an Jean Bagnol

  • In der Pressemitteilung steht geschrieben "Commissaire Mazan und die Erben des Marquis" sei der Auftakt zu einer außergewöhnlichen Krimireihe um Katzenkommissar Mazan und seiner Partnerin, der Polizistin Zadira Mateo.
    Ist denn ein Nachfolgebuch schon in Planung und wenn ja, könnt ihr schön etwas über den Inhalt verraten?

    Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne. (Jean Paul)



  • Schon nach kurzer Bekanntschaft mit Zadira fühlte ich mich an Dominique Manottis Noria Ghozali erinnert. Die beiden könnten Schwestern sein.
    Kennt ihr die Bücher Manottis?


    Spannend finde ich außerdem, nach welche Kriterien ihr entscheidet, wann ihr bei französischen Bezeichungen bleibt, wann ihr sie "eindeutscht". Das stelle ich mir schwierig vor. Nichts unverständlich zu lassen aber auch nicht pausenlos zu erklären.

  • Zitat

    Original von Donaldduck
    Wie habt ihr euch als Schriftstellerehepaar die Arbeit an dem Buch aufgeteilt?



    Hallo Donaldduck, schön, Dich wieder zu lesen – hier antwortet erstmal JB die J. (Die Jüngere = Nina), während Jo zum Parkplatz hinterm Rathaus geht, Gebührenpfennige nachwerfen …


    und so ähnlich haben wir auch die Arbeit aufgeteilt - ziemlich genau in halb und halb:


    1) Figurenhoheiten festgelegt. Es zeigte sich schon bei den ersten Ideen sehr klar, wer einen Hang zu wem hat. So schreibt Jo z.B. Commissaire Mazan, und die gesamte Katzenbande, während ich z.B. die Obhut über Zadira und den gesamten Polizeiapparat habe, sowie auch über meine Lieblingsnebenfigur Blandine Hoffmann, die Polizei-und Boulevard-Reporterin.
    Natürlich darf der andere auch die Figuren handeln und sprechen lassen, aber der jeweilige Hoheitsinhaber hatte das letzte Wort.
    Als Jo mal Zadira zu Steely Dan singen ließ, habe ich mein Entscheidungsrecht geltend gemacht und sie auf BeeGees und Bob Marley umschwenken lassen. Und als ich Mazan mal "reden" ließ, hat Jo ihn wieder in die Sprache umgewandelt, die er sich vorstellte.


    Wir haben Postkarten gestaltet, auf denen die Ensemble-Aufteilung gut zu sehen ist; so sind der/die/das Mörder Jo, ebenso ist er der Tierarzt und Commissaire Mazan; ich, Nina, bin Zadira, bin Djamal, und bin die Erben des Marquis, bis auf Cesar, der ist ein Gemeinschaftsprojekt.
    manche Figuren sind auch paritätisch verteilt, wie z.B. Madame Roche oder Louise, wie Brell oder die Forensikerin, wie Jean-Luc oder Julie.


    2) Jeder musste immer alles wissen
    Wir haben zuerst geplottet, sprich, Handlungsabläufe festgelegt, Figureneigenschaften umrissen, Indizien, Verdachtsmomente, Wendepunkte und Irrtümer festgelegt. Dies haben wir übertragen auf die Kapitel. Wir hatten schließlich zwei Wände tapeziert mit Zetteln und Zeitleisten, mit Kapitel-Plänen samt Inhalt, Ort/Zeit/Wetter; wir haben unsere Katzen bildlich an die Regale gehangen (Zusammen Fotos ausgesucht die unser gemeinsamer Vorstellung der Katzen entsprach; Louise etwa, die strenge, arrogante Siam mit den intensiven Blauen Augen; oder Mazan, der wild, klug und eigen zugleich aussehen sollte; Rocky mit den Luchsohren und dem dichten, langen Fell…) und Biografien der menschlichen Figuren geschrieben.


    Wir haben unendlich viel geredet bevor und nachdem jeder "sein" Kapitel des Tages geschrieben hatte. Andere Ehepaare reden sieben Minuten am Tag miteinander, wir mussten mal schauen, sieben Minuten Ruhe zu haben!


    3) Jeder überarbeitet den anderen
    (jetzt kommt der Mann zurück und parkt den Wagen flott auf dem Quai…)
    … und schreibt weiter, während die andere JB ihre Waffel verputzt.
    Ohne das "Hoheitsgebot" zu verletzen, ist jedes kapitel von uns beiden bearbeitet worden, so dass wir bei einigen Dialogen oder Formulierungen manchmal nicht mehr wissen, wer sie geschrieben hat. Ich nenne das gerne einen Schichtkäse.
    Das ist manchmal komisch, aber auf diese Weise decken wir immer wieder Schwächen oder Fehler auf. Jede Überarbeitung wieder wiederum zu Diskussionen. Geben wir dieser Figur diese "Farbe"? Lassen wir die Handlung hier schon enden, oder drehen wir sie noch ein Stück weiter.
    Zusammenzuarbeiten heißt nicht, jeder macht die Hälfte. Sondern jeder arbeitet doppelt.


    4) Abschließend: Jeder hat bestimmte Stärken, die der andere auch zur Geltung kommen lassen musste. Bis wir das heraus gefunden hatten, vergingen natürlich einige Wochen des Probierens und Redens - bis wir z.B. merkten: Jo ist wahnsinnig gut in Ensembledialogen, Nina in Landschafts"malerei". Nina liebt es, in Sachen Polizeiarbeit zu recherchieren, Jo in kätzischem Denken und Tierpsychologie. Nina kennt jede Straße auswendig (Ja, sie ist ein verdammtes fluchendes Navi…), und Jo kann schön böse sein.
    Außerdem kennt er sich weit besser als ich, Nina, in Kommasetzung aus …


    Fazit: Wir mussten lernen, zu teilen, zu vertrauen, und auch dann ehrlich zu sein,wenns weh tat. Wir hatten uns vorgenommen:
    Schreiben wir eine gute Geschichte - und kommen als Paar aus dem irren Experiment raus.


    herzlichst
    die Bagnols.

  • Zitat

    Original von Donaldduck
    Ist denn ein Nachfolgebuch schon in Planung und wenn ja, könnt ihr schön etwas über den Inhalt verraten?


    Lieber DD,


    Der Commissaire Mazan war von Anfang an als Serie angelegt; wir haben ca. 11 weitere grundideen für Plots. Aber davon mussten erst andere überzeugt werden, wie bei jedem Debüt.
    Jetzt, seit vergangener Woche, haben wir das Okay für zwei weitere Teile bekommen.
    (heir ein zünftiges: Miau!)
    Da wir zurzeit noch mit der Lektorin über die Auswahl unserer Themenvorschläge verhandeln, können (und dürften…) wir noch nichts über den genauen Inhalt verraten . Nur soviel:


    Das vertraute Ensemble wird natürlich wieder dabei sein! Dazu der eine oder andere neue Charakter, sowohl auf Menschen- als auch auf Katzenebene. Wir denken da an einen hinreißenden kleinen italienischsprachigen xxxx … und eine … psst, sagt der Mann, nix von dem XXXXXXX-Kater!!


    Es wird wieder in Mazan und Umgebung spielen, eventuell mit einem ähnlich aufregenden historischen Bezug, mit Britzel und Trüffel und Wein und …
    im Juni 2015 sowie im Juni 2016 erscheinen. Wir schreiben jetzt erstmal jeder noch ein Solo-Projekt, und gehen dann von April bis November 2014 in die Mazan-Produktion.



    herzlichst - die Bagnols.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Schon nach kurzer Bekanntschaft mit Zadira fühlte ich mich an Dominique Manottis Noria Ghozali erinnert. Die beiden könnten Schwestern sein.
    Kennt ihr die Bücher Manottis?



    Liebes Rumpelstilzchen,


    jetzt antwortet erstmal Nina / JB d.J.


    Ja, ich kenne und liebe die Manotti-Kriminalromane; ich weiß aber noch nicht, wa sich vond er Kombi Manotti/DEA halten soll.


    Noria ist mir dort auch begegnet, als junge Polizistin (den Roman mit ihr als leitende Beamtin habe ich erst gerade angefangen zu lesen) - und es ist eine unglaubliche Ehre für mich und Zadira, wenn Du sie beide in eine Kategorie Klassefrau einsortierst, danke!


    Dieser Typus Frau, den Zadira - als auch Noria - darstellen, ist mir sowohl schreiberisch, als auch persönlich, schon imemr nah, sympathisch und vertraut gewesen. Bereits in meinem "Kramer"-Thriller "Ein Leben ohne mich" zeigen sich bei Romy Cohen Züge dieser Wut, dieses Gerechtigkeitsempfindens, und auch dieser Leidenschaft. Natürlich, auch diesem Gefühl des "Anderssein".


    Für Zadira war es uns immer wichtig, dass sie eine außergewöhnliche, schwierige Frau war, kraftvoll - und anders.
    Als ich die Romane von Izzo las, habe ich u.a. mitgenommen, dass es in Marseille nur eine Frage des Zufalls ist, ob man auf der gesetzestreuen Seite, oder der Gangsterseite landet.
    Wir haben uns dann ausgemalt, was für eine Biografie jemand - dass es eine Frau sein MUSS; war uns klar, als wir einen "Partner" für Commissaire Mazan suchten - haben muss, um auf diesem Grat zu stehen und entweder ins Milieu kippt, oder ins Polizeiwesen.
    Und es ist so, dass diesen schmalen Grad zumeist Kinder von Einwanderern beschreiten. Und diese wiederum sind meist pieds noirs.


    Frankreich ist ein Land, in dem Fremdenangst, Fremdenfeindlichkeiten, "ungestümer" und deutlicher ausgelebt und gezeigt werden. Es war uns wichtig, auch das zu zeigen, zu erzählen, nicht zu verschweigen.


    Einen französischen Kriminalroman zu schreiben hieß für uns vor allem, uns mit den politischen, gesellschaftlichen, religiösen und werteinhaltlichen Umständen zu beschäftigen und diese auch zu verwenden, nicht zu verschweigen.


    Eine emanzipierte Frau mit fremden Wurzeln ist auf eine Weise "typisch" für den Süden Frankreichs.


    Liebe Grüße: JB d.J.
    #2 im nächsten Abschnitt.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Spannend finde ich außerdem, nach welche Kriterien ihr entscheidet, wann ihr bei französischen Bezeichungen bleibt, wann ihr sie "eindeutscht". Das stelle ich mir schwierig vor. Nichts unverständlich zu lassen aber auch nicht pausenlos zu erklären.



    Liebes Rumpelstiehlchen,


    (hier schreibt JB d.Ä.; d.J. schaltet sich nach den Schimpfwörtern ein :-))
    es gab von Lektoratsseite durchaus Versuche, das Eindeutschen bzw. Verwenden der französischen Begriffe nach einheitlichen Regeln zu gestalten. Für uns aber war genau das wichtig, was Du schon so treffend formuliert hast: Nichts unverständlich lassen aber auch nicht pausenlos zu erklären.


    Das Glossar im hinteren Buchbereich war dafür ein gutes Instrument.


    Oberste Regel war aber, es soll sich gut und schmatzig lesen lassen. Vieles erschließt sich ja z.B. bereits aus dem Kontext, anderes muss nicht zwingend übersetzt werden, wie Bonjour etwa, merci, oder merde.


    Z.B. Slang (Argot, oder auch die rückwärts gesprochene Dialekte der Jugend, wie Victor es von sich gibt) und auch Schimpfwörter mussten französisch sein. So ein gepflegtes casses-toi, babtou, hört sich einfach wunderbar an, wenn man es brüllt, viel besser als verpiss dich, Weißbrot.


    Kulinarisches und Regionaltypisches haben wir ebenso nach Möglichkeit französisch eingefärbt.
    Außerdem blieben die meisten Orte in ihrer französischen Originalbezeichnung, damit man diese bei Reisen auch wieder findet.


    Dagegen haben wir Berufsbezeichnungen wiederum eingedeutscht, da es nicht sehr charmant gewesen wäre, wenn der Leser, die Leserin, erst hinten im Glossar hätte nachschlagen müssen, mit wem er oder sie es zu tun hat, ob z.B. der Forensikerin, dem Kriminaltechniker oder dem Commico (Kommissariat)-Leiter.


    So!


    Au revoir für heute abend,
    wir lesen uns wieder morgen, am Mittwoch gegen Mittag. Dann vermutlich aus dem WLAN-Netz des bioveganen Tortenbäckers Kranz. Doch. Wirklich.


    Herzlichst, à demain
    Die Bagnols.

  • Nach dem Lesen des ersten Abschnitts interessieren mich zwei Dinge:


    Seid ihr beiden selbst große Katzenliebhaber, dass es zu diesem Buch kam (und vielen weiteren Ideen für Fortsetzungen)? Und vor allem habt ihr selbst Katze oder/und Kater?


    Ansonsten würde ich gern noch wissen, was denn eigentlich der Unterschied zwischen Police und Gendarmerie ist? Kann man die jeweilige Institution mit etwas ähnlichem/ gleichwertigem in Deutschland vergleichen?

  • @ nicigirl85


    Der Unterschied zwischen Police und Gendarmerie wird im Buch auf Seite 429 erklärt.
    Die Gendarmerie übernimmt polizeiliche Aufgaben im ländlichen Raum, die Police Nationale ist für die Städte zuständig. Die Gendarmerie unterstand als Militärpolizei bis 2009 nur dem Verteidigungsministerium, seither aber dem Innenministerium, wie auch die Police Nationale.
    Informationen zum Aufbau der französischen Polizei findest du auch hier

    Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne. (Jean Paul)



  • Zitat

    Original von nicigirl85
    Seid ihr beiden selbst große Katzenliebhaber, dass es zu diesem Buch kam (und vielen weiteren Ideen für Fortsetzungen)? Und vor allem habt ihr selbst Katze oder/und Kater?



    Liebes nicigirl 85,


    hier antwortet erstmal Nina.


    Als Kind, Mädchen und junge Frau hatte ich immer Katzen an der Seite; meine erste hieß Mittymau (schwarz mit weißen Strümpfen), die zweite eine Tigerkatze Namens "Katze", und zuletzt war es ein Brüderpärchen, schwarz as schwarz can. Aber seitdem ich in Hamburg im vierten Stock/Altbau wohne, bringe ich es nicht übers Herz, ein Katzenwesen bei mir leben zu lassen – sie sollen raus dürfen, in Gärten, an die Luft, jagne und wittern und in der Sonne träumen dürfen.


    Aber: wir haben ab und an eine "Leihkatze", ein britisches Kurzhaar Namens –


    (und jetzt JB d.Ä.:


    "Hey, ich bin der coole Gigi
    und ich lieg hier nur so rum.
    Ich bin die faulste Cat in town
    und das wunderbar …"


    Gigi liebt Rap-Musik, leider hat er das nicht so mit dem Reimen.
    Wir passen auf ihn auf, wenn seine BesitzerInnen in Urlaub sind.
    Jos Katzen bis dahin hießen:
    Josephine, Pawlow, Sina und … und … und


    Auch ich hatte meine kätzischen Begleiter, und auch wenn ich weiß, dass die Felinen auch als Wohnungskatzen prächtig überleben können, möchte auch ich die Gartenvariante. Am besten im Doppelpack.



    Fazit: Ja, wir sind echte Katzenmenschen. Bei den nächsten Mazans arbeiten wir mit einer Tierpsychologin zusammen, sie hat da noch einige wertvolle Ratschläge und Korrekturen parat ---> es gibt z.B. keine Nüstern bei Katzen, nur Nasen. Nicht mal auf Nüsen wollte sie sich einlassen... ;-)


    Liebe Grüße aus dem Cafe Kranz, Eure Bagnols.
    Morgen dann aus Dänemark. Oder Langballig. Bei den Krabben.


    PS: Wir haben heute tatonkas gesehen, und Wildpferde. Und einen Fasan. Die Rothäute haben sich wahrscheinlich im Garten versteckt.


    PPS; Und gleich wird weiter geschrieben, nach Sonnenuntergang.

  • Vielen Dank für eure sehr ausführliche Antwort, so hatte ich mir das gewünscht. :blume


    Das Glossar habe ich mittlerweile auch gefunden... ;-)


    Ich habe keine Katze, weil mein Mann leider keine Katzen mag, aber zum Glück haben unsere Nachbarn zwei Katzen, die sich immer wieder gern auf unser Grundstück zurückziehen und sich dann auch mal bereit erklären sich streicheln und verwöhnen zu lassen. Die Kätzchen hier haben das große Glück auf dem Lande groß zu werden mit jeder Menge grün, frischer Luft usw....


    P.S.: Meine Schwiegermutter hat mir verraten, dass mein Gemahl als ganz kleiner Junge mal von einem Kater überfallen wurde und böse zerkratzt wieder kam, sie meinte daher komme seine Katzenfeindschaft. Aber wenn er dann doch mal ganz alleine im Garten ist und eine der Katzen treudoof zu ihm angelaufen kommt, dann streichelt er sie auch solange es keiner sieht, hat Frau alles schon beobachtet. :-)

  • Eure ausführliche Antwort zu der Katzenfrage hat mir eine andere Frage wieder in den Sinn gebracht.
    Katzen sind ja schlaue Tiere, aber - die Katzenfans mögen es verzeihen - ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Katze eine andere Katze aus einer Tonne retten würde....
    Vielleicht eine Katzenmutter ihre Jungen verteidigen. Aber sowas erscheint mir schon sehr unwahrscheinlich.
    Ist euch wichtig, ob so etwas realistisch ist?


    Ein bioveganer Tortenbäcker? In Kappeln? Das ist erstaunlich - die sind doch eher selten!

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Katzen sind ja schlaue Tiere, aber - die Katzenfans mögen es verzeihen - ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Katze eine andere Katze aus einer Tonne retten würde....
    Vielleicht eine Katzenmutter ihre Jungen verteidigen. Aber sowas erscheint mir schon sehr unwahrscheinlich.
    Ist euch wichtig, ob so etwas realistisch ist?



    JB d.Ä.:
    Liebes Rumpelstiehlchen,
    wir nenne es lieber: Die Realität ein wenig biegen, verdichten und weiter erzählen :-D


    Es gibt ja ganz erstaunliche Geschichten aus der Tierwelt, die mit unseren Bildern unserer vierbeinigen Genossen nicht zusammenpassen wollen. Wie ticken Tiere, im speziellen Katzen? Denken sie? Sind sie nur funktionale Fressmaschinen? Die klügsten Untersuchungen über Tiere haben ergeben, dass wir herzlich wenig von ihnen wissen. Sie zu sehr zu vermenschlichen ist ebenso falsch wie sie zu unterschätzen.
    Ganz nebenbei: Vor ein paar Jahren hat mein Hofkater Mikesch seine Freundin Katzelin rausgehauen, als sie bedroht wurde. Es scheint auch bei den als Egoisten verschrieenen Katzen einen Beschützerinstinkt zu existieren.


    J.B.d:J.:
    Ansonsten halten wir gerade bei den Katzenkenntnissen und Eigenarten sehr viel von dem (uns bekannten) Realismus – heißt: wie riechen, sehen sie, wie spüren sie Wind, wie nehmen sie Menschen wahr (Katzen riechen sehr gut, in ihrem Gehirn werden Düfte in Farben umgewandelt; sie sehen uns Menschen z.B. als unterscheidbare Farbwolken), wie erkennen sie, wer zu ihrem Revier gehört (über den Rudelduft, den sie u.a. auch an uns verteilen, wenn sie uns um die Waden streicheln - das ist eine Reviergeste, kein Kuscheln ...).
    Wir halten uns so dicht es nötig ist, an die Wirklichkeit - und biegen sie dort, wo die Geschichte es von uns als Erzähler verlangt.


    Liebe Grüße
    Die Bagnols.

  • Danke! Bei eurer Antwort fällt mir der schöne Aufsatz "What it's like to be a bat " ein.


    Offenbar habe ich Frage-Wasser getrunken.....
    Wieviel vom Marquis de Sade habt ihr für euer Buch gelesen?
    War es schwer für euch, da den nötigen Abstand zu wahren um dann Szenen für das Buch zu schreiben, in denen ja beides vorkommt. Einmal die Faszination der Verführung, die auch bei Julie aufkommende Lust und den Schrecken und die Furcht vor der Gewalt. Den Exzessen zu denen es ja auch kommen kann und kommt.


    Ich stelle mir vor, es ist für ein Paar leichter, weil immer einer den Gegenpart übernehmen kann, andererseits könnte es auch zu ernsten Komplikationen führen.


    Grüße in den Norden

  • Liebes Rumpelstilzchen,


    heute mal wieder WLAn geschnorrt beim Hafenmeister in Kappeln.


    Mein Mann sagte eben: "Wir gehen in jeden Abgrund hinein, wie Rotkäppchen in den Wald" - was so viel heißt, wie: Gerade als KriminalromanautorInnen sind wir einerseits wahnsinnig interessiert an den Geheimnissen, ABgründen, Grausamkeiten und komplizierten Psychen der Menschen. Andererseits fällt es uns leicht, uns selbst außen vor zu lassen. Wir beobachten, wir hören zu, wir bewerten nicht. Aber wir machen daraus eine Geschichte.


    Als wir in Mazan waren und erfuhren, dass der Marquis de Sade dort gewirkt und gelebt hatte, recherchierten wir, um mehr als das heraus zu finden, was allgemein über ihn bekannt zu sein scheint.


    So etwa, dass er nicht allein auf seine sexuellen Eskapaden zu reduzieren ist; zwar lebte er im privaten ein durchaus delikates, handfest und promisk zu nennendes Liebesleben aus – zu was ihn übrigens sein Onkel, ein Abbe aus der Gegend, angeleitet hat, als er ihn regelmäßig fesselte und geißelte - , aber er war auch ein überaus gebildeter und politisch revolutionärer Mann. Er hing "zwischen den Stühlen", da er adelig war und dennoch die Revolution begrüßte.


    So gehören die Essays, Studien und Meinungen zur Sozial- und Gewaltforschung de Sades zu den allerersten Werken auf diesem Gebiet.


    de Sade war ein Rechtswissenschaftler, intelligent, besessen, verführerisch, und vielleicht auch in mancher Art ein Vordenker (jenseits der sexuellen Konnotation gesprochen). Er zeigte genauso feminstische Ansätze, in denen er Frauen gleiche Rechte und Freiheiten zugestand, wie soziale Interessen, weil er kritisierte, dass dem einfachen Mann das Recht nicht so an der Seite stand wie dem reichen. Er war auch Hedonist und lustbetont.


    Kurz gesagt: Ja, wir haben uns mit de Sade beschäftigt, haben auch seine Theaterstücke und Essays gelesen, z.B. jenes, auf das sich die vier Erben beziehen: "Die Philosophie im Boudoir oder Die Unmoralischen Lehrmeister", wo vier angesehene Personen eine junge Frau "erziehen", in dem sie sie verführen, ihr Kritik an Religion, Gesellschaft, Muttersein und Treue einimpfen.
    Wir haben heraus gefunden, wie sehr sich de Sade von dem heute allgemein durch Privatfernsehen "bekannten" S/M unterscheidet - nämlich in allem.
    Lack, Leder, Peitschen, Rollenspiel 24/7, das wäre dem Grafen zu wenig gewesen, er wollte den Geist befreien, die Angst besiegen und wusste genau, dass der Mensch auch manchmal ein Tier sein kann...
    Also eine sehr komplexe und vielschichtige Person, von der auch wir nur einen kleinen Teil kennengelernt haben.


    Sooo … und das war es erstmal für heute.


    Morgen MACHEN WIR FREI!!!!


    Wir schauene rst Sonntagabend wieder hier hinein und freuen uns sehr auf Euch. Es macht uns großen Spaß, wie imemr, mit den BücherEulen.


    herzlichst
    die Bagnols.

  • Mich würde mal interessieren, wie lange hat es von der Idee bis zur Vorlage des fertigen Buches gedauert? Und wann können wir mit dem nächsten Teil rechnen?

    Kein Buch ist so schlecht, dass es nicht auf irgendeine Weise nütze.
    (Gaius Plinius Secundus d.Ä., röm. Schriftsteller)