Inhalt:
"Die Karte der Welt" erzählt die Geschichte des Schweinehirten Wax, der ein besonderes Talent für das Zeichnen hat. Er träumt von Abenteuern und der Welt, die sich hinter dem Schleier verbirgt, der das Land in dem er lebt, begrenzt und jeden verschluckt, der ihm zu nahe kommt. Als eine Delegation des Königs sich auf den Weg zum Schleier macht, um die Grenzen des Königreichs zu vermessen und dabei einen Ersatz für ihren erkrankten Karthographen sucht, gerät der junge Schweinehirte unvermittelt in ihren Fokus und schon bald findet er sich auf einer Abenteuerreise wieder, denn mit jedem Strich auf der Karte, verschiebt Wax den Schleier und gibt Dinge wieder frei, die vielleicht besser in der Dunkelheit verborgen geblieben wären.
Meinung:
Die Abenteuer von Wax und seinen Gefährten lässen mich zwiegespalten zurück, denn besonders zu Beginn ist es mir teilweise schwer gefallen, mit den Charakteren warm zu werden. Nicht etwa, weil diese unsympathisch gestaltet wären, ganz im Gegenteil. Aber es dauert recht lange, bis sich die Figuren durch mehr als nur Äußerlichkeiten voneinander unterscheiden lassen. Besonders emotional gesehen sind die Charaktere in den ersten Kapiteln blass gezeichnet, was sich besonders in Situationen zeigt, in denen jemand stirbt oder verletzt wird. Manchmal hatte es den Anschein, als wäre niemand aufrichtig erschrocken oder traurig, zumindest nicht in angemessenem Maße. Dadurch schien ich auch als Leser ähnlich teilnahmslos zu reagieren, selbst wenn der verstorbene Charakter durchaus sympathische gewesen ist.
Es hat sich dann im Laufe des Buches und mit sinkender Charakterzahl relativ zügig gebessert und ab einem gewissen Punkt war es dann nicht mehr schwer die Charaktere in sein Herz zu schließen, aber es hat eben seine Zeit gedauert.
Ähnlich verhielt es sich auch mit der Handlung selbst, die eine Weile benötigte, um wirklich in Schwung zu kommen, dann aber richtig los gelegt hat. So ist besonders der Mittelteil sehr rasant und actionreich, was sich dann bis zum Ende des Buches fortsetzt. Ein wenig hat Wax Reise an die der Gefährten aus „Der Herr der Ringe“ erinnert, wobei mir der kleine Schweinehirte deutlich sympathischer war, als Frodo
Sobald der Schleier das erste Mal ein Stück Land zurückgibt, hat die Geschichte schnell an Fahrt aufgenommen und die Welt, in die die Charaktere daraufhin eingetaucht sind, war wirklich spannend und interessant gestaltet. Wax und seine Gefährten stoßen immer wieder auf lebensgefährliche Hindernisse, die die Charaktere im Laufe ihrer Reise immer mehr zusammen schweißen oder sie zumindest zur Zusammenarbeit zwingen. Sie fordern allerdings auch ihre Opfer und in diesem Punkt finde ich das Buch wirklich gelungen, denn der Autor geht mit seinen Figuren alles andere als Zimperlich um und wenn eine Situation ein Todesopfer erfordert, dann scheut er sich nicht, dieses dem Leser auch zu geben, selbst wenn es einem beim Lesen in der Seele weh tut.
Was mich ein wenig gestört hat war das Tempo, indem die Charaktere fremde Sprachen aufgenommen und gelernt haben. Wenn man in Betracht zieht, dass die Reise durch fremde Gefilde nur etwas über eine Woche dauert, finde ich es unglaubwürdig [ein passendes Wort für eine Welt, in der es blutsaugende Echsen gibt ^^], dass viele Charaktere eine völlig fremde Sprachen vielleicht nicht perfekt, aber immerhin soweit gelernt haben, dass sie ausführliche Gespräche führen konnten.
Selbst wenn man mich eine Woche lang in Frankreich aussetzen würde, würde ich danach bestenfalls mit Händen und Füßen nach Essen betteln oder nach dem Weg zum nächsten Klo fragen können.
Die Sprache des Buches ist in Ordnung, der Stil auch ganz angenehm, nur stellenweise recht Jugendbuchmäßig, was im krassen Gegensatz zu manchen Sterbe- und Kampfszenen steht, die wirklich blutig und ausführlich ausfallen [manche Hinrichtungsarten waren überaus einfallsreich und erschreckend bildhaft]. Es handelt sich also keinesfalls um ein Jugendbuch, deshalb hätte ich mir manchmal mehr sprachliche Ausgereiftheit und Finesse gewünscht, besonders zu Beginn [denn dort ist das Maß an Tod und Zerstörung noch nicht vorhersehbar und entsprechend dachte ich durchaus, ich würde ein Jugendbuch in Händen halten]. Eventuell wäre es in dieser Hinsicht besser, das Buch in der Originalsprache zu lesen.
Ich finde es schön, dass das Buch mit zahlreichen Karten versehen ist, die sich der Verschiebung des schwarzen Schleiers anpassen. Sobald der Schleier ein Stück der Welt dahinter frei gibt, gibt es eine neue Karte im Buch. Das hilft ungemein einen Überblick über den Weg der Truppe zu behalten. Sie rennen, flüchten und paddeln ja doch recht chaotisch durch die Gegend.
Da das Buch als Broschur 15 Euro kostet, finde ich es schön, dass in diesem Fall auch die Buchklappen genutzt worden sind.
Die Covergestaltung ist wunderschön und sie war es auch, die mich das Buch überhaupt erst in die Hand hat nehmen lassen. Alles ist in kräftigem Rot und hellem Braun gehalten, ganz im Stil einer alten Landkarte, was wunderbar den Inhalt des Buches wiedergibt.
Meine Bewertung klingt stellenweise negativer, als sie wirklich sein soll, denn das Buch war im Grunde genommen wirklich alles andere als schlecht und wenn man vom wackeligen Anfang einmal absieht, waren es danach lediglich Kleinigkeiten, die mich gestört haben, über die man allerdings aufgrund der rasanten Handlung nicht einmal wirklich stolpert. Auffallen tun sie einem eher, wenn man das Buch später noch einmal Revue passieren lässt.
Das Ende des Buches fand ich zufriedenstellend, auch wenn sich die Handlung zum Schluss hinaus hastig beeilt noch alle Handlungsstränge zu einem Ende zu führen. Ein klein wenig ging es mir dann zu schnell, aber an sich sind für mich keine Fragen offen geblieben, auf die ich unbedingt eine schriftliche Antwort benötigen würde. Die Geschichte wäre damit eigentlich abgeschlossen und das Buch wird auch als Stand-Alone bezeichnet, allerdings habe ich letztens irgendwo gelesen, dass ein weiterer Teil in Arbeit ist. Bestätigt gefunden habe ich das bisher nirgendwo, aber möglich wäre es durchaus, die Geschichte von Wax und seinen Freunden fortzusetzen.
Fazit: Eine packende Fantasygeschichte, mit ziemlich holprigem Start, aber einer rundum fesselnden Abenteuerreise.