Kevin Maher - Nichts für Anfänger (The Fields)

  • 12:31 Stunden
    ungekürzte Lesung
    Sprecher: David McFetridge
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    Zum Inhalt (vom Verlag)
    Als Jim Finnegans heiß geliebte Katze überfahren wird, ist für den Jungen klar: So was wird er sich von Gott in Zukunft nicht mehr bieten lassen. Für den jüngsten Spross einer achtköpfigen Dubliner Familie, an deren Spitze eine gottesfürchtige Mutter und ein draufgängerischer, aber ziemlich überforderter Vater stehen, ist das eine radikale Kampfansage.


    Eine Zeit lang läuft auch alles ganz normal für Jim Finnegan: Der Halbwüchsige schlägt sich mit seinen fünf älteren Schwestern herum, bekommt plötzlich Ärger mit dem sonst so unbeschwerten Vater, liefert sich mit seinen Kumpels halsbrecherische Fahrradrennen und trinkt nachts am Lagerfeuer heimlich Dosenbier. Bis er bei einer Party der Nachbarn mit seiner Singstimme nicht nur die schöne Saidhbh (sprich: „Sseif“), für die er schon lange schwärmt, beeindruckt, sondern auch den zwielichtigen Pfarrer Luke O’Culigeen. Saidhbh wird Jims Freundin, und O’Culigeen nimmt ihn unter seine Fittiche – und es zeigt sich, dass die tote Katze nur ein Vorbote für die Schwierigkeiten gewesen zu sein scheint, die das Leben für Jim noch vorgesehen hat ...



    Zum Autor (vom Verlag)
    Kevin Maher wurde 1970 in Dublin geboren und zog 1994 nach London, um dort als Journalist zu arbeiten. Er schrieb unter anderem für den Observer und den Guardian und war Filmredakteur bei The Face. Seit acht Jahren ist er Kolumnist bei der Times. Nichts für Anfänger ist sein erster Roman.



    Meine Meinung
    "Die tragische, komische, verrückte Geschichte von einem, der sich nicht unterkriegen lässt" heißt es im Klappentext und dieser Satz trifft es ziemlich genau.


    Tragisch ist das Schicksal des 14-jährigen Jim und seiner Familie, die im Dublin der 1980er Jahre leben. Der Autor Kevin Maher scheint kaum ein Klischee auszulassen. Die gottes- (oder kirchen-) fürchtige Mutter, der etwas draufgängerische, mit der Verantwortung für sechs Kindern überforderte und unendlich müde Vater, der nach außen so harmlose und hilfsbereite katholische Geistliche, bei dem Jim zuerst in den Chor soll und dann Messdiener wird...
    Die im Klappentext erwähnte Katze spielt kaum eine Rolle, es ist ein anderes Ereignis, in dem das Schicksal grausam zuschlägt, das Jim länger zu verfolgen scheint und das er selbst als ein dunkeles Omen sieht.


    Komisch ist die Erzählung in meinen Augen im Sinne von "seltsam", nicht "amüsant" - auch wenn es einige, wenige Szenen gibt, die mich schmunzeln ließen. Jims Familie scheint in vielerlei Hinsicht vom Pech verfolgt, während Jim versucht, seinen Weg zu gehen, manches stoisch und klaglos hinnimmt, anderes altergemäß eher weniger.


    Verrückt ist das (sehr enttäuschende und meiner Meinung nach unpassende) Ende, der ganze Rest meiner Meinung nach vermutlich durchaus realistisch, wenn auch hoffentlich eher selten in dieser Anhäufung in einer einzigen Familie. Verrückt im Sinne von "ungewöhnlich" ist Jims Liebe zu einer 17-Jährigen, die jedoch von beiden Seiten zart und vorsichtig beginnt, von respektvollem Umgang geprägt ist und von echter Zuneigung, die zu Leidenschaft führt.


    Im Mittelpunkt steht Jim Finnegan, 14 Jahre alt und Ich-Erzähler. Die einsetzende Pubertät, seine erste große Liebe, ein spezieller Vertreter der katholischen Kirche und einiges Andere verändern ihn. Sein Seelenleben wird lebendig und einfühlsam dargestellt, seine Hoffnungen und Nöte berührten mich nach einem sehr spröden Anfang.


    Er ist das Nesthäkchen, hat fünf ältere Schwestern und als einziger Junge zwar trotzdem viele aufzutragende Kleidungsstücke, jedoch auch einige Privilegien, da er als Junge "nicht ins Schwierigkeiten geraten kann", wie es seine Eltern ausdrücken. Nach einigen Kapiteln konnte ich die verschiedenen Mitglieder der Familie Finnegan vor mir sehen, wünschte ihnen ein besseres Schicksal und hoffte, das Buch würde nicht so enden, wie es sich schon früh abzeichnet.


    Wenn die Kinder sich nicht fügen, droht Jims Mutter schnell mit einem Zwangsgespräch beim Priester und auch an anderen Stellen wird der große Einfluss der katholischen Kirche deutlich. Immer wieder wird auch die politische Situation erwähnt, ab und zu mit einem gewissen Schmunzeln einige Witze erzählt, gleichzeitig kommt deutlich durch, wie der Konflikt mit Großbritannien auch das Alltagsleben in Dublin beeinflusst.


    Schade, dass ein für mich völlig abstruses Ende den Gesamteindruck stark trübt. Ach, und wie es zu dem deutschen Titel "Nichts für Anfänger" kam, ist es mir ein Rätsel. Auf Englisch heißt es "The Fields", auch nicht sooo toll, jedoch deutlich passender.


    Der Sprecher David McFetridge findet für Jims unterschiedliche Stimmungen stets die passende Tonlage und Geschwindigkeit, vermittelt die Atmosphäre ganz wundervoll.


    Fazit
    "Nichts für Anfänger" schildert rund ein Jahr im Leben des gerade 14-jährigen Jim Finnegan, der in den 1980er Jahren in Dublin aufwächst. Einfühlsam wird beschrieben, wie die Pubertät einsetzt, sich das Leben in Jims Familie im Laufe der Zeit verändert und auch die politischen Verhältnisse spielen am Rande eine Rolle.
    Ein düsteres Buch, das mich teilweise an "Sterbenskalt" von Tana French erinnert hat, an die von außen vermeintlich trostlose Situation der Hauptfiguren dort. Jim hingegen versucht auf seine Art das beste aus der Situation zu machen, lernt früh, auch extreme Erlebnisse zu verdrängen und den Wert wahrer Freundschaft (unter Gleichaltrigen) zu schätzen.
    Wäre da nicht das abstruse Ende, hätte ich dem Buch durchaus 8 Punkte gegeben, so sind es nur 6.


    PS Eine deutsche Hörfassung scheint es nicht zu geben.

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
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