negative Meinung = intelligent / positive Meinung = einfältig?

  • Heute morgen habe ich diesen Artikel im Standard gelesen und da es ihn auch online gibt:
    http://derstandard.at/13813682…ng-des-kritischen-Geistes


    würde mich eure Meinung als Leser interessieren.
    Überspitzt formuliert:
    Beurteilt ihr Buchbewertungen (egal ob amazon, hier oder anderswo) so, wie Frau Streeurwitz glaubt, dass "negative" Meinungen intelligenter und ehrlicher sind, hingegen positive Meinungen von einfach denkenden, fast schon einfältigen Lesern kommen, die keine "richtige Kritik" verfassen könnnen, denn als "Kritik" gilt nur, was negativ ist?

  • Hallo Mariangela,


    Frau Steeurwitz bemängelt in ihrem Text die (bewusst?) irreführende Bezeichnung einer negativen Rezension auf der Amazonplattform als "kritische", was eben auch impliziert, dass die positive Kundenbewertung genau dies nicht ist, nämlich kritisch. Womit sie vollkommen richtig liegt - natürlich müsste die Gegenüberstellung lauten "Hilfreichste positive/hilfreichste negative Rezension".*
    Sie behauptet in keinem Satz, dass


    Zitat

    Original von Mariangela"negative" Meinungen intelligenter und ehrlicher sind, hingegen positive Meinungen von einfach denkenden, fast schon einfältigen Lesern kommen, die keine "richtige Kritik" verfassen könnnen, denn als "Kritik" gilt nur, was negativ ist?


    Im Gegenteil, es geht ihr darum, dass dieser Eindruck durch die falsche Gegenüberstellung der Begriffe positiv und kritisch hervorgerufen wird und bemängelt dies ausdrücklich.


    *genau genommen müsste es auch Kundenbewertung statt Rezension heißen, aber das ist nebensächlich

  • Mariangela


    nein, zu Deiner Frage.
    Aber das heißt überhaupt nichts. Und wenn hier siebzehn oder siebenhundertsiebzehn Eulen abwechselnd schreiben: ja, ich finde positive Rezis sind von Doofis und negative Rezis von Gescheiten, und umgekehrt, und es eine endlose Reihe von 'Ja', 'Nein', 'Doch', 'Nö!' etc. gibt, sagte das immer noch nichts.


    Die Meinungsäußerungen über Gelesens, um die es hier geht, sind viel zu unterschiedlich, in jeder Hinsicht. Von der Intention, den Formulierungen, dem schieren Vermögen, sich ausdrücken zu können, dem jeweils aktuellen emtionalen wie körperlichen Befinden derer, die sie schreiben, her.
    Weil sie von Amateurinnen stammen. Das sind keine Leute, die sich berusfmäßig auf eine bestimmte Art, nach einer erlernten Methode und unter Zuhilfenahme bestimmter Kriterien mit einem Text auseinandersetzen. Es sind im Gegenteil Menschen, auf die ein Text unmittelbar wirkt. Ebenso unmittelbar ist i.d.R. ihre Reaktion. Gerade bei amazon.


    Die Art, wie amazon Meinungesäußerungen zu Büchern einteilt, ist ein hilfloser Versuch, diese Unterschiedlichkeit auszugleichen. Das geht schlicht nach verteilten Sternchen.
    Dazu kommen dann Überschwengliche und solche, denen es Spaß macht, Schimpfwörter aneinanderzureihen. Leute, die einem Buch vier Sterne geben, weil das Päckchen schnell ankam und der Inhalt unbeschädigt war. Leute, die über ein Buch schimpfen, weil ihnen der Titel nicht gefällt. Aufgeschlagen haben sie es erst gar nicht. Ergibt einen Stern, ergibt einen 'kritischen hilfreichen' Kommentar.


    Eine Aussage zu treffen, wie genau solche Meinungsäßerungen einzuordnen sind, halte ich aufgrund solcher Beispiele für unmöglich. Da wirdeinzig und allein ein Oberflächenphänomen aufgegriffen.


    Zur eigentlichen Frage von Streeruwit (danke Tilia Salix), inwieweit 'kritisch' positiv bedeutet und 'positiv' deswegen eher unkritisch, müßte man LinguistInnen fragen. Nicht aber gleichfalls AmateurInnen, die wiederum nur mit 'Gefühltem' antworten können.


    Warum sich jemand wie Streeruwitz an amazon abarbeitet, verstehe ich aber grundsätzlih nicht recht. amazon ist Teil der Unterhaltungsindustrie, zu der gehören unter vielem anderen auch Verlage und Buchhandlungen. Und Feuilletons.
    ;-)



    :wave


    magali



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Ich denke auch, dass hier lediglich auf den Unterschied zwischen negativer und kritischer Rezension, im Vergleich zur positiven Rezension, hingewiesen wird.


    Wenn man etwas bei den Rezensionen von Amazon stöbert, sieht man oft positive wie auch negative (bzw. kritische) Meinungen, die lediglich aus einigen Wörtern und Einzeilern bestehen, über das besprochene Produkt aber nichts bis kaum etwas aussagen. Ich empfehle Rezensionen einiger Hip Hop Alben, wo die Fans der Rapper häufig mit Wörtern wie "Bombe!", "Dope!" oder "zerberstet alles!" nur so um sich werfen, ohne überhaupt irgendein Lied der Platte angesprochen zu haben. Dann gibt es auch negative Rezensionen, die sich mit "Find ich schlecht also ist es auch schlecht!" zusammenfassen lassen.


    Auf der anderen Seite gibt es auch eine Menge positive wie negative (kritische) Rezensionen, die ausführlich und gut argumentiert sind. Dass Leute, die positive Rezensionen verfassen, natürlich eine gewisse Vorliebe für das Produkt haben müssen, ist klar, aber nicht alle Rezensionen, seien es jetzt Buchbesprechungen, etc. sind mit der rosaroten Fanbrille verfasst. Man trifft häufig auf sehr hilfreiche Rezensionen. Meist sind es die, welche am besten bewertet wurden, und davon gibt es positive wie negative.


    Weil sich "negativ" einfach auch negativ anhört, hat Amazon wohl einfach kritisch daraus gemacht, um potentielle Kunden nicht mit zuvielen "negativen" Meinungen zu beunruhigen. Ob das einen großen Einfluss auf das Verhalten der Leser hat, ist fraglich.

  • Das war etwas zu ungenau von mir formuliert, weil ich es ja überspitzen wollte.


    Ihre Aussage lautet ja wortwörtlich:
    "Die unter der Rubrik "hilfreichste positive Rezensionen" zu findenden Texte bekommen eine Färbung des hilflos Dilettantischen."


    Eine Färbung hat meiner Ansicht nach ein Text nur, wenn jemand diese Farbe wahrnimmt. Und für mich liest sich das so, als glaube sie, die Leser nähmten eine positive Rezension als "hilflos dilettantisch" wahr.
    Ist das so? Werden gute Rezensionen als "wertloser" wahrgenommen von denen, welche sie lesen?

  • Ja, wenn man ganz genau an die Wortbedeutungen herangeht, dann klingt positiv als Gegenteil von kritisch schon nach Dilettantismus, zumindest in meinen Ohren. Den meisten Menschen, vor allem auch dem 08/15-User auf Amazon ist der Unterschied zwischen kritisch und negativ allerdings nicht wirklich bewusst, was man auch daran erkennt, dass kritisieren häufig synonym mit bemängeln verwendet wird. Von daher dürfte der von Streeruwit befürchtete Effekt wohl nicht die breite Masse betreffen. Aber es fördert den unsauberen Sprachgebrauch, was mich schon betrübt.

  • What's in a name? that which we call a rose
    By any other name would smell as sweet;


    Wobei ihr hier wohl eher die negativen Rezensionen ihrer Texte stinken. :lache


    Zitat

    Jeder und jede, die mit der positiven Rezension übereinstimmt, muss eine kleine Abwertung über sich ergehen lassen. Seine oder ihre Meinung ist nicht "kritisch", also unparteiisch fragend und argumentierend, um eine Ästhetik und deren Politik aufzuspüren. Die positiven Leser und Leserinnen, die lesen nur, während die "kritischen" dabei auch noch gedacht haben.


    Ach, Blödsinn. Verhaltenstherapeutisch würde ich sagen, dass es nicht das Wort "kritisch" ist, das sie aufregt, sondern ihre Interpretation des Wortes. ;-) Und letztendlich ist es auch wurscht, wie Linguisten das Wort interpretieren, weil dann noch immer nicht gesagt ist, dass Amazon-Käufer es genauso interpretieren. Die Autorin hat doch hier bloß die Befürchtung, dass einer negativen Rezension mehr Bedeutung als einem reinen "Erfahrungsbericht" und einer "Befindlichkeitsbeschreibung"zugemessen wird als einer positiven, weil die negative Rezension von Amazon als Kritik etikettiert wird und die positive nicht und Kritik für sie irgendwie mehr wert ist. Dabei weiß sie noch nicht mal, ob Amazon-Käufern Erfahrungsberichte und Befindlichkeitsbeschreibungen vielleicht sogar mehr wert sind als eine kritische Meinung, die "unparteiisch fragt und argumentiert, um eine Ästhetik und deren Politik aufzuspüren" (was auch immer das heissen soll). Vielleicht profitiert sie sogar von Amazons vermeintlicher Ungleichbehandlung positiver und negativer Rezensionen. Wer weiß das schon.


    Und ich weiß auch nicht, wie oft Leserinnen schon eine Abwertung erfahren haben, weil sie es gewagt haben, eine negative Rezension zu schreiben. Nach dem Motto, wer das Buch nicht mochte, hat es nur nicht verstanden, sich nicht ausreichend darauf eingelassen, nicht aufmerksam gelesenen, konnte zwei Arten von Lärm nicht unterscheiden und hat sich damit schon als Rezensent disqualifiziert, hat nicht verstanden, dass der Kritikpunkt genau das war, was die Autorin beabsichtigt hatte.

  • Zitat

    Original von Delphin
    What's in a name? that which we call a rose
    By any other name would smell as sweet;


    Wobei ihr hier wohl eher die negativen Rezensionen ihrer Texte stinken. :lache


    :lache Das war für mich eigentlich auch die Kernaussage dieses geschwollenen und absolut überflüssigen Textes. Da wagen es Leute - die nur zu doof sind, es zu verstehen - mein Buch negativ zu beurteilen aus einer reinen Laune heraus und nicht aus Nachdenken, und dann wagt zusätzlich noch Amazon, deren Rezensionen als kritisch zu bezeichnen! Ein Unding! :lache


    Im Übrigen hat "kritisch" viele Bedeutungen. Nicht nur die: etwas nach wissenschaftlichen o. ä. Maßstäben gewissenhaft, streng prüfend und beurteilend. Sondern es bedeutet ganz einfach auch nur "negativ beurteilend". Es gibt auch "kritische Situationen" und das sind meistens oder jedenfalls häufig nicht jene, in denen man erst mal in sich geht, nachdenkt, Für und Wider abwägt und dann handelt. Sich so aufzuregen über ein Wort, das viele Bedeutungen hat, spricht nicht unbedingt für diese Frau.


    Und hat die da was von Zensur erzählt? Wegen eines Wortes? Ganz ehrlich: es gibt Leute, die wissen gar nicht unbedingt, dass "kritisch" noch was anderes bedeuten kann als "negativ beurteilend". Und es gibt Leute, die wissen es, wissen aber auch, dass das Wort noch andere Bedeutungen hat. Auf mich jedenfalls hat diese Unterscheidung bei Amazon nie so gewirkt, als sollten die positiven Rezis als "unkritisch" dargestellt werden, sondern es wirkte auf mich so, als wollte man einfach ein "feineres" Wort verwenden als negativ.


    Und ganz vielleicht hat man für die deutsche Amazon-Homepage auch einfach das englische "critical" nur übersetzt und sich keine weiteren Gedanken gemacht. Da gleich eine Verschwörung und Manipulation zu wittern, finde ich schon höchst bedenklich, wenn nicht sogar paranoid. Ist schließlich nicht jeder so ein Erbsenzähler wie diese Frau.

    Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.


    Johann Nepomuk Nestroy
    (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor

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  • Zitat

    Original von Delphin
    Die Autorin hat doch hier bloß die Befürchtung, dass einer negativen Rezension mehr Bedeutung als einem reinen "Erfahrungsbericht" und einer "Befindlichkeitsbeschreibung"zugemessen wird als einer positiven, weil die negative Rezension von Amazon als Kritik etikettiert wird und die positive nicht und Kritik für sie irgendwie mehr wert ist.


    Nicht nur für die Autorin. Der Begriff Kritik umfasst eben deutlich mehr als eine positive oder negative Wertung. Er impliziert eine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Text und umschließt sowohl positive als auch negative Aspekte.



    Zitat

    Original von Delphin
    Dabei weiß sie noch nicht mal, ob Amazon-Käufern Erfahrungsberichte und Befindlichkeitsbeschreibungen vielleicht sogar mehr wert sind als eine kritische Meinung, die "unparteiisch fragt und argumentiert, um eine Ästhetik und deren Politik aufzuspüren" (was auch immer das heissen soll). Vielleicht profitiert sie sogar von Amazons vermeintlicher Ungleichbehandlung positiver und negativer Rezensionen. Wer weiß das schon.


    Streeruwit bezieht sich hier auf das Prinzip einer autonomen Ästhetik. Literatur als Kunstwerk sollte innerhalb der von dem entsprechenden literarischen Werk postulierten ästhetischen Vorgaben bewertet werden und nicht aufgrund von äußeren, nichtliterarischen Wertvorstellungen, wie es eben auch persönliche Geschmacksvorlieben ("das Buch ist doof, weil ich ein Happy-End will. Außerdem ist der Pudel auf dem Cover total hässlich")sind.


    Zitat

    Original von Delphin
    Und ich weiß auch nicht, wie oft Leserinnen schon eine Abwertung erfahren haben, weil sie es gewagt haben, eine negative Rezension zu schreiben. Nach dem Motto, wer das Buch nicht mochte, hat es nur nicht verstanden, sich nicht ausreichend darauf eingelassen, nicht aufmerksam gelesenen, konnte zwei Arten von Lärm nicht unterscheiden und hat sich damit schon als Rezensent disqualifiziert, hat nicht verstanden, dass der Kritikpunkt genau das war, was die Autorin beabsichtigt hatte.


    Das kommt sicherlich häufiger vor. Genau so oft wird einer kritischen Autorenstimme jedoch vorgeworfen, sie reagiere aufgrund negativer Rezensionen verstimmt. Nicht wahr? ;-)


    Edit: Mit dem Namen steh ich auf Kriegsfuß, so scheint's :lache

  • Zitat

    Original von Tilia Salix
    Nicht nur für die Autorin. Der Begriff Kritik umfasst eben deutlich mehr als eine positive oder negative Wertung. Er impliziert eine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Text und umschließt sowohl positive als auch negative Aspekte.


    Möglicherweise weiss so mancher Leser eine Amazon-Rezi dieses aber gar nicht pder empfindet diesen Aspekt nicht so wichtig und interpretiert überhaupt nichts von dem, was die Autorin in die Überschrift "hilfreichste kritische Rezensionen" hineininterpretiert, selbst in die Überschrift hinein.


    Zitat

    Streeruwit bezieht sich hier auf das Prinzip einer autonomen Ästhetik. Literatur als Kunstwerk sollte innerhalb der von dem entsprechenden literarischen Werk postulierten ästhetischen Vorgaben bewertet werden und nicht aufgrund von äußeren, nichtliterarischen Wertvorstellungen, wie es eben auch persönliche Geschmacksvorlieben ("das Buch ist doof, weil ich ein Happy-End will. Außerdem ist der Pudel auf dem Cover total hässlich")sind.


    Das kann sie sich ruhig wünschen. Aber mit solchen "sollte"-Sätzen macht man sich das Leben nur schwer, wenn die anderen sich dann nicht an die eigenen Norm halten. Als Literaturwissenschaftlich muss ich mich möglicherweise an solche Vorgaben halten, als Amazon-Rezi-Schreiber muss ich das nicht.


    Zitat

    Das kommt sicherlich häufiger vor. Genau so oft wird einer kritischen Autorenstimme jedoch vorgeworfen, sie reagiere aufgrund negativer Rezensionen verstimmt. Nicht wahr?


    Und zu Recht! :lache ;-)

  • Zitat

    Original von Delphin


    Möglicherweise weiss so mancher Leser eine Amazon-Rezi dieses aber gar nicht pder empfindet diesen Aspekt nicht so wichtig und interpretiert überhaupt nichts von dem, was die Autorin in die Überschrift "hilfreichste kritische Rezensionen" hineininterpretiert, selbst in die Überschrift hinein.


    Absolut. Aber woran liegt das? Und darf sie sich nicht darüber ärgern, dass dies so ist?


    Zitat

    Original von Delphin


    Das kann sie sich ruhig wünschen. Aber mit solchen "sollte"-Sätzen macht man sich das Leben nur schwer, wenn die anderen sich dann nicht an die eigenen Norm halten. Als Literaturwissenschaftlich muss ich mich möglicherweise an solche Vorgaben halten, als Amazon-Rezi-Schreiber muss ich das nicht.


    Eben drum der Autorin Kritik an Amazons Verwendung des Begriffs "kritisch" - denn eine literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung (=Kritik) beinhaltet diesen Hintergrund. Das ist aber nicht das, was Amazon bietet. Und die Frage, warum sich der Händler davor drückt, eine negative Kundenbewertung einfach auch als solche zu benennen, ist nicht damit abzutun, dass der Autorin negative Rezensionen des eigenen Buches stinken. Das finde ich etwas kurz gedacht.


    Zitat

    Original von Delphin


    Und zu Recht! :lache ;-)


    DAS ist die große Frage, deren Antwort allein Frau Steeruwit weiß. :grin

  • Zitat

    Original von Tilia Salix
    Eben drum der Autorin Kritik an Amazons Verwendung des Begriffs "kritisch" - denn eine literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung (=Kritik) beinhaltet diesen Hintergrund. Das ist aber nicht das, was Amazon bietet. Und die Frage, warum sich der Händler davor drückt, eine negative Kundenbewertung einfach auch als solche zu benennen, ist nicht damit abzutun, dass der Autorin negative Rezensionen des eigenen Buches stinken. Das finde ich etwas kurz gedacht.


    Amazon redet aber nicht von "Kritik", sondern von "hilfreichster kritischer Rezension" unter der Überschrift: "Kundenrezensionen".


    Laut Duden kann "kritisch" bedeuten:


    Zitat


    1.
    a) nach präzisen wissenschaftlichen, künstlerischen o.ä. Maßstäben gewissenhaft, streng prüfend und beurteilend
    b) negativ beurteilend; eine negative Beurteilung enthaltend


    Da das Ganze unter "Kundenrezensionen" läuft, kann ich genauso gut sagen, dass Amazon hier Bedeutung 1b) zugrunde legt, da die Masse der Amazonkunden wohl keine Literaturwissenschaftler sind und bei ihren Rezis, ob positiv oder negativ wohl eher selten wissenschaftliche, künstlerische Maßstäbe anwendet.


    Ich kann mir ja sogar vorstellen, dass Amazon bewusst das Wort "negativ" vermeidet und dass da irgendeine psychologische Überlegung dahinter steckt. Trotzdem glaube ich, dass die Autorin viel mehr rein interpretiert als da drin steckt. Wenn sie gesagt hätte, dass Amazon aus marketingtechnischen Gründen das Wort "negativ" vermeidet, hätte ich nichts gesagt.


    Aber:


    Zitat

    "Vernichtung des kritischen Geistes"
    "Der Titel "kritisch" verleiht diesen Kundenrezensionen jedoch eine Aura, die sie über die persönliche Wirkung hinaushebt."
    "positiv wird mit parteiisch gleichzusetzen sein."


    Das kommt mir etwas weit hergeholt vor. :pille


    Wenn ich sag, ich fand das Buch doof, weil es kein Happy End hatte, dann wird meiner Rezi nicht dadurch "eine Aura verliehen, die sie über die persönliche Wirkung hinaushebt", weil Amazon das ganze unter kritischer statt unter negativer Kundenmeinung einsortiert.


    Und deswegen kommt es mir eben so vor als würde sie negative Rezensionen über irgendwelche semantischen Haarspaltereien abwerten wollen, indem sie sagt, dass diese negativen Rezensionen ja gar keine "richtigen" (literaturwissenschaftlichen Kriterien entsprechenden) Rezensionen sind und deshalb eben auch nicht mehr wert sind als bloße Befindlichkeitsäußerungen.


    Nur dass manche Leute die Info, dass andere Leser sich von einem Text bedrängt fühlten, vielleicht als hilfreich empfinden, auch wenn, oder gerade weil das bloß eine schnöde Befindlichkeitsäußerung ist. Egal, ob das nun unter der Kategorie "negativ" oder "kritisch" steht.


    Mir ist das vorher sogar noch nie aufgefallen.