Alice Munro: Kleine Aussichten. Ein Roman von Mädchen und Frauen

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  • Alice Munro: Kleine Aussichten. Ein Roman von Mädchen und Frauen
    Berlin Verlag Taschenbuch 2005. 384 Seiten
    ISBN-13: 978-3833300240
    Originaltitel: Lives of Girls and Women
    Übersetzerin: Hildegard Petry

    auch: dtv 1988. ISBN 3423109165 (entspricht der Ausgabe von Klett Cotta. ISBN 978-3608950137)


    Verlagstext
    Del Jordan wächst in einer ereignislosen Stadt in Kanada auf. Ziemlich früh muss sie feststellen, dass sie mit ihren Freundinnen nicht viel gemeinsam hat die nur ein Ziel haben: zu heiraten. Schließlich verlässt Del die muffige Kleinstadt und zieht in die Welt hinaus. Dass auch dieser Weg mit Illusionen verbunden ist, wird ihr erst später bewusst.


    Inhalt
    Del Jordan, die Icherzählerin im einzigen Roman Alice Munros, wächst außerhalb der Stadt Jubilee/Ontario auf einer Farm auf. Eine unbefestigte Straße, der nächste Laden und zwei geisteskranke Bewohner markieren den Heimatort von Del und ihrem Bruder Owen. Dels Vater züchtet auf seiner Farm Füchse, die Familie lebt vom Verkauf der Felle. Die Kinder vergnügen sich beim Angeln mit Onkel Benny, dem Arbeiter des Vaters, und saugen begierig die üblichen Familiengeschichten auf. Del wächst mit dem Vorbild ihres genügsamen und fleißigen Vaters auf. Besonders Mädchen wird Bescheidenheit gepredigt. Mädchen sollen nicht "überspannt" sein und besonders Frauen müssen auf Geld, Ruhm, eine Berufsausbildung oder die Fahrerlaubnis verzichten können. Dels Mutter erfüllt ihre Pflichten auf der Farm, bis sie durch ihren Umzug nach "Jubilee-City" mit den Kindern aus dem provinziellen Trott ausbricht und fortan vom Verkauf von Enzyklopädien lebt. Mutter und Tochter verbindet der Hunger nach Wissen. Der Vater betreibt weiter seine Fuchszucht. Die Entdeckung, dass es außer dem jüngeren Bruder noch andere Jungen gibt, läutet - unter den strengen Blicken der Dorfbewohner - Dels Erwachsenwerden ein. Ihr Drang, den für ein Mädchen in der Provinz vorgezeichneten Weg zu verlassen, ist nicht mehr zu bremsen. Dels Mutter mit ihren ungewöhnlichen Ideen ist daran nicht unschuldig. Sie überlegte z. B., ob man Ontarios Schneemassen in der Zukunft evtl. bewältigen könnte, indem die Bewohner unter Kuppeln leben.


    Fazit
    Die Ich-Erzählerin Del gehört zur Generation der Autorin, ihre Lebensumstände ähneln stark der der jugendlichen Alice Munro in den 40ern. Mit der Veröffentlichung der biografischen Erzählungen Munros (engl. 2006) Wozu wollen Sie das wissen? Elf Geschichten aus meiner Familie (2008) hat sich mein Blick auf diesen Roman komplett verändert. Während ich zuvor Munros zeitlos-scharfsichtige Darstellung der kanadischen Provinz bewunderte, entdecke ich beim zweiten Lesen, wie stark Munros eigene Biografie diesen Roman prägte. Auch Munros Vater hat sich als Fuchszüchter durchgeschlagen, bis in der Folge des Zweiten Weltkriegs der amerikanische Markt für Pelze einbrach. Munros Schauplatz ist auch in ihrem einzigen Roman die kanadische Provinz, ihr Thema das Schicksal von Frauen und heranwachsenden Mädchen auf der Suche nach eigenen Wegen. Wie Munros Kurzgeschichtensammlungen beeindruckt auch ihr 1971 erschienener Roman durch seine Zeitlosigkeit und den scharfsinnigen Blick der Autorin für ihre Figuren.


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    Zitat
    "Am Nachmittag saßen sie auf der Veranda, nachdem sie ihre morgendliche Dauerleistung im Bodenschrubben, Gurkenhacken, Einmachen, Pökeln, Waschen, Stärken, Wäschesprengen, Bügeln, Waschen, Backen hinter sich hatten. Sie saßen dort nicht müßig; sie hatten den Schoß voller Arbeit - Kirschen, die entsteint, Erbsen, die enthülst, Äpfel, die entkernt werden mussten. Ihre Hände, ihre alten, dunklen Schälmesser mit den Holzgriffen bewegten sich mit wunderbarer, fast rachsüchtiger Schnelligkeit. Zwei oder drei Wagen kamen in der Stunde vorbei, verlangsamten gewöhnlich die Fahrt, und die Stadtleute, mit denen sie besetz waren, winkten. Tante Elspeth und Tante Grace riefen dann die Formel ländlicher Gastfreundschaft: "Kommt doch eine Weile herein, weg von dieser heißen, staubigen Straße!", und die Leute im Wagen riefen zurück: "Täten wir, wenn wir Zeit hätten! Aber sagt, wann kommt ihr denn mal bei uns vorbei?" " (S. 39/40)


    9 von 10 Punkten

  • Als Tb neu aufgelegt
    Fischer ISBN 9783596032617


    Der einzige Roman der Nobelpreisträgerin Alice Munro – ein frühes Meisterwerk!
    »In der Anlage autobiographisch, nicht aber in den Details«, so hat Alice Munro ihren Roman ›Kleine Aussichten‹ beschrieben: Die junge Del Jordan wächst auf der Fuchsfarm ihres Vaters in dem verschlafenen Provinznest Jubilee auf. Ihre Freundinnen interessieren sich fürs Heiraten, die Tanten sind mit Bodenschrubben, Backen, Bügeln und der Suche nach Gott beschäftigt. Als die Mutter ein Haus in der Stadt mietet, lernt Del eine neue Welt kennen: Die der Bücher, der ersten Liebe, der Suche nach einem eigenen Platz in der Welt.
    Das virtuose Porträt einer jungen Frau – und einmal mehr Weltliteratur.