Der Vogel ist krank - Arnon Grünberg

  • Kurzbeschreibung laut Amazon:
    Vor den Wagnissen einer Schriftstellerkarriere hat sich Christian Beck in eine Existenz als Übersetzer von Gebrauchsanweisungen geflüchtet - ein Asyl vor dem eigenen Leben. Doch wie lange kann man sich aus dem Leben heraushalten? Als seine langjährige Freundin todkrank wird, will sie heiraten - aber nicht ihn.


    Über den Autor:
    Arnon Grünberg, geb. 1971 in Amsterdam, arbeitete als Tellerwäscher, Apothekenhelfer und Verleger. Nun lebt und schreibt er in New York. Grünberg schreibt auch unter dem Pseudonym Marek van der Jagt.


    Meine Meinung:
    Christian Beck hat gar eigene Weltanschauungen. Er glaubt nicht an Glück, Hoffnungen, Leidenschaft oder ähnliches, er will all das desillusionieren. Das hat zur Folge, dass er sich und sein Leben völlig zurücknimmt und sein Ziel darin sieht, seine todkranke Freundin glücklich zu machen, die er aber trotzdem betrügt, die er nicht mehr berührt und deren Vorstellungen von einem Lebenspartner er dadurch auch nicht wirklich erfüllt. Beck gibt seine Schriftstllerkarriere auf und lebt so dahin. Bis seine todkranke, namenslose Freundin, "der Vogel", ihm eröffnet, dass sie heiraten wird. Einen Asylbewerber.
    Hier fängt die eigentliche Geschichte an, die mithilfe von Rückblicken das Leben von Beck und seiner Freundin erzählt. Die Geschichte beginnt ganz stark, lässt dann zwischendurch aber leider nach und ist stellenweise recht zäh. Es scheint, als würde man die Hauptfigur - Beck - wie durch einen Schleier bei seiner Selbstzerstörung beobachten. Großteils fesseln diese Beschreibungen, nur zwischendurch gibt es immer wieder Augenblicke, wo man Back am liebsten einen Tritt verpassen würde, damit er endlich mal checkt, was alles falsch läuft und sein Leben ändert. Der Schluss versöhnt aber wieder mit den teilweise langweiligen Stellen und endet konsequent passend zum restlichen Buch.
    All in all: Das Buch liest sich nicht bequem zwischendurch (obwohl es nicht "schwer geschrieben" ist, es regt schon auch zum Nachdenken an. Es ist eine Mischung aus Liebesgeschichte (in nicht-kitschiger Form) und Abrechnung mit gesellschaftlichen Konventionen. Es ist zwar kein Muss, aber trotzdem interessant zu lesen.

  • Zwei Fragen an den deutschen Verlag:
    Erstens: Warum wird Arnon Grunberg in Deutschland unter Grünberg vermarktet? Welchen Mehrwert haben die ü-Tüpfelchen für die deutschen Leser? Ich habe diese Rezension hier beinahe übersehen, da ich unter Grunberg im Alphabet nicht fündig wurde.
    Und
    Zweitens: Warum wurde der Originaltitel „De Asielzoeker“ übersetzt als „Der Vogel ist krank“?
    Immerhin verbirgt sich im Titel schon die Flucht des Protagonisten aus dem Leben.
    Andererseits: Vielleicht hat der deutsche Verleger sogar besonders gut nachgedacht über den Inhalt des vorliegenden Werkes und wollte mit dem Titel den Akzent darauflegen, daß die Hauptperson Christiaan Beck sich völlig selbst wegradiert und sich lediglich mittels ander Menschen, insbesondere seiner Frau identifizieren kann. Sie ist der einzige Grund, zu leben, und da sie todkrank wird, hat auch sein Leben keinen Zweck mehr.


    Egal, was auch immer der Grund für die Änderung von Titel und Schriftstellername, es ändert nichts an meinem Urteil über den Roman.
    Die Lektüre hat allerlei Reaktionen in mir hervorgerufen: Verwunderung, Bewunderung, Schmunzeln, Kopfschütteln, Verärgerung, um nur ein paar zu nennen.
    Arnon Grünberg kann gut mit der Sprache umgehen, das muß man ihm lassen. Allerdings, wenn jemand gut mit der Sprache umgehen kann, bedeutet das noch nicht, daß er /sie auch ein gutes Buch abliefert.
    Als schlecht abstempeln kann ich der „Vogel ist krank“ allerdings auch nicht. Ehrlich gesagt, bin ich mir noch nicht ganz schlüssig, wo und auf welcher Werteskala ich es einordnen soll. Auf jeden Fall mehr Daumen rauf als Daumen runter.


    Die meist durchaus witzigen Dialoge, die sich durch das ganze Buch ziehen, stimmen mich positiv. Viele der übertriebenen skurillen Szenen nerven mich teilweise.
    Ich hab ja nichts gegen ein bißchen Gesellschaftskritik, aber in diesem Buch prasselt der Zynismus manchmal gar zu rechthaberisch und unkontrolliert auf den Leser nieder und im Geiste habe ich Grunberg mehrmals den Stinkefinger gezeigt.


    Die Hauptfigur des Romans ist Übersetzer von Gebrauchsanleitungen. Die Sprache erinnert mich oft auch irgendwie daran. Protagonist Beck versucht sein Leben mittels Gebrauchsanweisungen zu ordnen. Jedes Gefühl wird analysiert, desillusioniert, zerfasert.
    ‚Mensch, reiß Dich doch mal zusammen’, möchte ich dem Kerl so manches Mal zurufen und ihm am liebsten einen kräftigen Tritt in den Allerwertesten geben.


    Noch eine Frage: Welche Funktion – wenn überhaupt – hat eigentlich die Epsiode mit dem Machen von Ziegenkäse, das die todkranke Frau so gerne lernen möchte?


    Zum Schluß: Egal ob einem das Buch gefallen hat oder nicht, ich glaube, man kommt nicht umhin, über den Inahlt mehr oder weniger ausgebreitet nachzudenken. Jedenfalls konnte ich die Maschinerie in meinem Kopf nach Beendigung der Lektüre längere Zeit nicht mehr stillsetzen.
    Vielleicht ist dieser Umstand der größte Pluspunkt dieses Werkes.

  • Wilma Wattwurm


    Ich finde es hatte doch was, dass das Titel geändert wurde, nach einem Buch, das "De Asielzoeker" heisst, würde ich persönlich eher nicht greifen,
    aber "Der Vogel ist krank" hat für mich was. :-)

    Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen,

    der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig. :lesend
    Ernst R. Hauschka

    Liebe Grüße von Estha :blume

  • Hallo, Levita,


    Ja, jetzt wo Du's sagst - ich würde auch eher ein Buch kaufen, das "Der Vogel ist krank" heißt.
    Ob das wohl der Grund war für den deutschen Herausgeber, um den Titel zu ändern?


    Je länger ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir der deutsche Ttel. :-)

  • Wilma Wattwurm


    Man denkt sich, hinter diesem Titel, verbirgt sich aber sicher was spannendes, etwas, was nichts mit "Vögelkrankheit" zu tun hat.


    Und schon will man es wissen. :-]

    Nicht wer Zeit hat, liest Bücher, sondern wer Lust hat, Bücher zu lesen,

    der liest, ob er viel Zeit hat oder wenig. :lesend
    Ernst R. Hauschka

    Liebe Grüße von Estha :blume

  • Der Vogel ist krank ist eigentlich die ideale Bettlektüre für mich. Das Buch ist so langweilig, dass ich nach spätestens 5 Seiten einschlafe. Da sich auf dem SUB aber mit Sicherheit interessantere Bücher finden, breche ich jetzt bei knapp der Hälfte ab, lasse den Vogel krank sein und Beck weiterhin unter der Garderobe schlafen, weil Becks seinen Platz im Bett dem Asylbewerber überlassen hat, der seine Freundin geheiratet hat. Sprachlich gefällt es mir eigentlich recht gut. Grünberg schreibt reduziert, aufs Nötigste beschränkt, beinahe leidenschaftslos. Dieser karge Stil spiegelt Innenleben & Weltsicht seiner Hauptfigur sehr gut wider. Allerdings regen mich die Figuren mit ihren wirklich merkwürdigen und für mich nicht nachvollziehbaren Verhaltensweisen ziemlich auf und die Handlung schleppt sich so dahin, dass ich jetzt nicht mehr weiterlesen mag.
    Definitiv nicht mein Buch!