Jana Walther – Benjamins Gärten

  • Jana Walther – Benjamins Gärten


    • Taschenbuch: 152 Seiten
    • Verlag: Debüt Verlag; Auflage: 1., Auflage (24. Oktober 2010)
    • ISBN-13: 978-3942086011
    • Preis: 9,90 Euro (print), 6,59 Euro (ebook)


    Kurzbeschreibung:


    Nach dem Tod seiner Eltern lebt der 19jährige Benjamin allein in seinem Elternhaus. Verhaftet in seinen Erinnerungen, lässt er sich treiben, ohne zu wissen, was er mit seinem Leben anfangen will. Auch wenn er in seinem Heimatdorf keine Perspektive für sich sieht, ist er eingesponnen in die Natur und die idyllische Umgebung. In die Großstadt zu ziehen kann er sich nicht vorstellen. Doch eines Tages taucht in der leer stehenden Villa der geheimnisvolle Marek auf und mit ihm die Aussicht auf ein ganz anderes Leben. Benjamin muss sich entscheiden ...


    Zur Autorin:


    Jana Walther wurde 1977 in der Oberlausitz geboren, wo sie immer noch lebt. Nach dem Studium der Sozialpädagogik Arbeit mit Tätern häuslicher Gewalt und Suchtkranken.


    Seit 2008 erschienen Beiträge in verschiedenen Anthologien, darunter in Happy end - Das Beste aus dem Mdr-Literaturwettbewerb 2011 und Mein schwules Auge 9.
    An ihren teilweise sehr persönlichen Romanen "Benjamins Gärten" und "Im Zimmer wird es still" hat sie viele Jahre gearbeitet.


    Meine Meinung:


    Die Autorin hat kein Buch geschrieben, sondern mit Worten ein Bild gemalt. Mit kurzen, klaren Sätzen tupft sie ein Szenario vor mein inneres Auge, das unglaublich plastisch wirkt. Ich kann den Frühling und Sommer auf dem Land, den sie schildert, förmlich riechen, schmecken und fühlen.


    Die Hänge ums Dorf sind mit blühenden Obsthainen bedeckt wie mit weißen Wolken. Als wäre der Himmel herabgestiegen.


    Dieser Beschaulichkeit und Idylle steht das Schicksal des 19-jährigen Benjamin entgegen. Er ist gefangen in seiner Einsamkeit, in die ihn der rasch aufeinander folgende Tod seiner Eltern getrieben hat.


    Ich bin vertraut mit der Einsamkeit. Manchmal ist sie mein Schutz davor, dass mir Gefühle zu nahe kommen.


    Ganz zaghaft scheint es Marek, dem neuen, geheimnisvollen Nachbarn zu gelingen, diese Blase der Abschirmung zu durchdringen. Doch das Unausgesprochene, zu dem beide ihren Teil beitragen, steht massiv wie eine Mauer zwischen ihnen.


    Benjamin verharrt in seiner Passivität, erwartet von Marek, dass dieser seine Wünsche und Sehnsüchte erkennt. Ein Ding der Unmöglichkeit, denn wie soll jemand anders etwas erahnen, das man für sich selbst noch nicht als Vorstellung artikuliert hat?


    Wenig hilfreich ist jedoch auch Mareks Eigenart, immer wieder für unbestimmte Zeit zu verschwinden, unerreichbar für Benjamin. Nie weiß er, wann Marek zurückkommt. Statt Beständigkeit und Sicherheit zu bekommen, die Benjamin sich wünscht, ist er dazu verdammt, zu warten und zu hoffen.


    Ich stehe am Fenster, warte auf seine Rückkehr. Ich weiß nicht, ob mein Herz groß genug dafür ist.


    Der Grundtenor des Romans ist Trauerbewältigung. Sanft und leise, wie das ganze Buch verfasst ist, erfahren wir, wie Benjamin damit umgeht. Aufwühlend und doch nicht hoffnungslos.


    Da ist immer noch Traurigkeit in mir, kann nicht durch seine Anwesenheit weggewischt werden. Sie ist ein Teil von mir. Doch sie fühlt sich leichter an mit seinem Atem in meinem Nacken.


    Das Buch ist aber auch eine zarte Liebesgeschichte, mit schön gestalteten, unaufdringlichen erotischen Nuancen.


    Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus Sicht Benjamins im Präsens. Trotz seiner Kürze ist der Roman unglaublich dicht, sprachlich sehr interessant und hat mich neugierig gemacht auf weitere Werke dieser Autorin.


    Ich gebe 10 von 10 Punkten.