'Robinson Crusoe' - Seiten 001 - 074

  • Da die meisten Crusoe-Ausgaben keine Kapiteleinteilungen haben, schreibe ich hier mal die ersten Sätze der Abschnitte hinein:


    Beginn S. 11:
    "Ich bin geboren zu York im Jahre 1632..."


    Penguin-Ausgabe S. 5:
    "I was born in the year 1632, in the city of York, of a good family..."

  • In der dtv-Ausgabe endet der erste Abschnitt auf Seite 66.


    Der Icherzähler ist als Schiffbrüchiger und bisher einziger Überlebender auf einer einsamen Insel gerade damit beschäftigt, Werkzeuge, Waffen und Schießpulver aus dem Schiff zu retten, das von den Meeresfluten bald zerstört sein wird. Der junge Mann wird uns als hartnäckiger Abenteurer geschildert, der sich weder durch die Bedenken seiner Eltern noch durch "Winke des Schicksals" von seiner Abenteuerlust abbringen lässt. Einen Beruf oder besondere Fertigkeiten hat unser Mann offenbar nicht. Die Geschichte klingt bisher so, als sollte sie "der Jugend" moralische Lehren und Einsichten vermitteln. Auffallend für eine schon 1719 im Original erschienene Schrift finde ich, dass hier ein Mann nicht als Soldat oder Entdecker Heldentaten begeht, sondern seinen Lesern seine Gefühle und Gedanken mitteilt.

  • Na, die Eltern versuchen nicht nur, ihn von seinen Plänen abzubringen. Sie erreichen , dass es ein ganzes Jahr dauerte, bis der Herr Sohn seinen Vorstellungen überhaupt gestattet hat, dass diese Gestalt annehmen.


    Völlig unbekannt war mir, dass Robinson einen deutschen Vater hatte.


    Und in diesem Abschnitt finden wir die ersten Worte und Wendungen, die bei späteren Übersetzungen vielleicht gestrichen wurden (z.B. Neger, über die auch nicht gerade respektvoll gesprochen wird).


    Ich lese übrigens eine Übersetzung von 1917. :grin


    Vor vielen Jahren in der Schule habe ich das Buch gelesen, und wie ich merke, war das eine extrem gekürzte Ausgabe. Vieles in diesem Roman ist für mich völlig neu.

  • Zitat

    Original von Buchdoktor
    Interessant die Rolle der Mutter als Vermittlerin zwischen Vater und Sohn. Ob der Vater wohl anders reagiert hätte, wenn der Junior eine "ordentliche" Ausbildung als Seeman angestrebt hätte und nicht aus purer Abenteuerlust gestartet wäre?


    Erstaunt hat mich, dass Robinson als erstes den Vater gefragt hat, den er dafür stören musste. Er hätte erst bei der Mutter vorfühlen können. Nun ja, einen ordentlichen Beruf hätten die Eltern schon akzeptiert, aber ob der Seemannsberuf des Vaters Wohlgefallen gefunden hätte, wage ich zu bezweifeln. Sohnemann sollte irgendwann in Vaters Fußstapfen treten und nichts anderes.

  • Der Vater riet dem Sohn er solle bedenken, dass der Mittelstand weder dem Elend und den Entbehrungen des niederen Standes ausgesetzt noch durch den Stolz, Ehrgeiz und Neid der Oberschicht behindert sei. Dem Mittelstand stehe jede Art von angenehmer Zerstreuung und schönen Vergnügungen im Leben offen.

    Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne. (Jean Paul)



  • Ja, man merkt dem Buch das britische Klassenbewusstsein doch ganz deutlich an. Seemann hätte der Vater mit Sicherheit niemals als Beruf für seinen Sohn akzeptiert.


    Auch der religiöse Hintergrund des Autors kommt deutlich durch - der Sohn, der nicht auf seinen Vater gehört hat, ist selbst schuld an seinem Unglück, der verdienten Strafe für sein Handeln.


    Ich lese die englische epup-Ausgabe vom Projekt Gutenberg - und bin mal wieder erstaunt darüber, wie gut das Englisch zu lesen ist, wenn man bedenkt, wie alt das Buch schon ist. Ich muss zugeben, mit deutscher Literatur aus derselben Zeit habe ich in sprachlicher Hinsicht manchmal mehr Schwierigkeiten.

  • Ich habe nun die Anaconda- und die dtv-Ausgaben etwas parallel gelesen und kam mit beiden recht gut zurecht. Die dtv-Version ist jünger und die Sprache wurde etwas aktualisiert und ist von daher sogar einfacher zu lesen. Kürzungen habe ich bislang in keiner Ausgabe festgestellt.


    Ich kenne die Geschichte bisher nur als Film und auch das ist schon viele Jahre her. Von daher war ich auf den ersten Seiten von der Vorgeschichte überrascht bis es endlich zum Schiffbruch kam. Nun bin ich auf die Erlebnisse auf der Insel gespannt.

  • Die Sprache meiner Übersetzung ist doch recht altertümlich. ganz offensichtlich will der Autor Moral und Anstand Lehren. Sein Lob des Mittelstandes hätte die FDP eins zu eins ins Wahlprogramm übernehmen können. Robinson ist schon etwas skrupellos, den Kameraden als Sklaven zu verkaufen schockiert mich. Das Löwen- und das Jaguarfell wären bis in Brasilien längst ruiniert, ein ordentlicher Gerbvorgang jedenfalls wird in meiner Ausgabe nicht beschrieben. warum der Zwieback in einem Hohlmaß für Flüssigkeiten, dazu noch in einem nicht englisch üblichen benannt ist würde mich interessieren, leider ist dies keine Leserunde mit Autor :grin , was sind wir verwöhnt.

  • Sklaverei und Kolonialdenken waren damals normal, da ist Robinson einfach ein Kind seiner Zeit.


    Was mich viel mehr an seinem Charakter irritiert, ist, dass er sich zwar Gedanken darüber gemacht hat, welche Strafe Gott für seinen Ungehorsam seinen Eltern gegenüber wohl für ihn bereithält, aber nicht auf den Gedanken zu kommen schien, seinen Eltern eine Nachricht vor seiner Abreise zukommen zu lassen, damit diese sich weniger Sorgen (na gut, andere Sorgen :-)) über seinen Verbleib machen. Er scheint mir schon etwas gefühlskalt und sehr ichbezogen.


    Zwieback in einem Hohlmaß für Flüssigkeiten? Das muss an mir vorbeigegangen sein. Wenn du mir sagst, auf welcher Seite, in welchem Zusammenhang das vorkam, kann ich mal in der englischen Version nachschauen.

  • Zitat

    Original von xexos
    ...
    Ich kenne die Geschichte bisher nur als Film und auch das ist schon viele Jahre her. Von daher war ich auf den ersten Seiten von der Vorgeschichte überrascht bis es endlich zum Schiffbruch kam. Nun bin ich auf die Erlebnisse auf der Insel gespannt.


    Mir war auch nicht mehr bewusst, dass Robinson vor seinem für die Geschichte eigentlich relevanten Schiffbruch in Gefangenschaft war.
    In diesem Zusammenhang hat es mich erstaunt, was er so alles konnte: kunstgerecht segeln, fischen und beim Schießen auch noch treffen. Letzteres kann er durchaus von seinem Vater gelernt haben im Rahmen seiner Bürgerlichen Erziehung, aber woher kann er ein Langboot führen, wenn er doch nie aus seiner Heimat rausgekommen ist vor seinem großen Abenteuer? :gruebel

  • Ganz am Ende dieses Abschnittes findet er bei seinem vorletzten Besuch ein Faß Zwieback, gemessen in Oxhoft, genauer "ein großes Oxhoft mit Zwieback, drei ansehnliche Fäßchen mit Rum...".

  • Zitat

    Original von beowulf
    ... Das Löwen- und das Jaguarfell wären bis in Brasilien längst ruiniert, ein ordentlicher Gerbvorgang jedenfalls wird in meiner Ausgabe nicht beschrieben. warum der Zwieback in einem Hohlmaß für Flüssigkeiten, dazu noch in einem nicht englisch üblichen benannt ist würde mich interessieren, leider ist dies keine Leserunde mit Autor :grin , was sind wir verwöhnt.


    In Zusammenhang mit seiner Kenntnis von Jagdwaffen fand ich das auch widersprüchlich. Selbst wenn jagende Familienmitglieder das Gerben in Aufrag geben würden, müsste er doch etwas davon mitgekriegt haben. Ob Leser über Widersprüche stolpern könnten, war damals für einen Autor wohl noch kein Thema.

  • Zitat

    Original von Clare


    In diesem Zusammenhang hat es mich erstaunt, was er so alles konnte: kunstgerecht segeln, fischen und beim Schießen auch noch treffen. Letzteres kann er durchaus von seinem Vater gelernt haben im Rahmen seiner Bürgerlichen Erziehung, aber woher kann er ein Langboot führen, wenn er doch nie aus seiner Heimat rausgekommen ist vor seinem großen Abenteuer? :gruebel


    Ist das den unterschiedlichen Ausgaben geschuldet? Bei mir erzählt er ausführlich von seiner ersten Guineafahrt, auf der er faul gewesen und von seiner Fahrt nach der Flucht aus der Sklaverei von Afrika nach Brasilien, wo ihm der Kapitän alles beigebracht hat, was man zur Seefahrt wissen müsste. Er lehrte gern und darum lernte ich gern, heißt es. Fischen hat er in der Sklaverei gelernt, genauso wie handwerkliches.

  • Zitat

    Original von beowulf


    Ist das den unterschiedlichen Ausgaben geschuldet? Bei mir erzählt er ausführlich von seiner ersten Guineafahrt, auf der er faul gewesen und von seiner Fahrt nach der Flucht aus der Sklaverei von Afrika nach Brasilien, wo ihm der Kapitän alles beigebracht hat, was man zur Seefahrt wissen müsste. Er lehrte gern und darum lernte ich gern, heißt es. Fischen hat er in der Sklaverei gelernt, genauso wie handwerkliches.


    Hat er das echt vorher gelernt?
    Ich meinte eigentlich eher, woher er seine Kenntnisse bei seiner Flucht aus der Sklaverei hatte, denn das war doch vor der Fahrt nach Brasilien mit dem wirklich schon fast unglaubhaft wohlwollenden Kapitän.

  • Stelle gefunden


    Im Englischen ist die Rede von einem Hogshead, was laut dem Oxford Dictionary of English neben der Bedeutung als Hohlmaß (52,2 imperial gallons) auch einfach ein großes Fass bedeuten kann. Heute wird der Begriff wohl im wesentlichen als Maßeinheit für Wein und Whiskey verwendet, allerdings habe ich ihn auch schon im Zusammenhang mit Fischereiertrag gelesen und bin deshalb nicht drüber gestolpert.

  • Zitat

    Original von Clare


    Ich meinte eigentlich eher, woher er seine Kenntnisse bei seiner Flucht aus der Sklaverei hatte, denn das war doch vor der Fahrt nach Brasilien mit dem wirklich schon fast unglaubhaft wohlwollenden Kapitän.


    Na ja, da segelt er ja nach Sicht und er beschreibt, wie er in der Sklaverei langsam das Segeln erlernt hat und da Boot auch selbst bedienen durfte und weil er Erfolg beim Fischen hatte auch alleine auf Fischfang gehen durfte, da reden wir doch über einen Zeitraum von zwei Jahren, da kann man so was schon lernen, er konnte halt nicht navigieren, deshalb musste er immer unter Sicht entlang der Küste segeln.

  • Zitat

    Original von Ellemir
    Stelle gefunden


    Im Englischen ist die Rede von einem Hogshead,


    Auch ein Hohlmaß, für Zwieback eher seltsam, aber ein englisches. Da scheint der Übersetzer altes Hohlmaß englisch gegen altes Hohlmaß deutsch ausgetauscht zu haben.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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