Hier kann zu den Seiten 305 - Ende geschrieben werden.
'Robinson Crusoe' - Seiten 305 - Ende
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Da die meisten Crusoe-Ausgaben keine Kapiteleinteilungen haben, schreibe ich hier mal die ersten Sätze der Abschnitte hinein:
Beginn S. 305:
"Auf meine Frage, was aus diesen Unglücklichen werden würde, und ob sie denn nicht an die Flucht dächten, erwiderte der Spanier, sie hätten wohl oft darüber Rat gepflogen, aber..."Penguin-Ausgabe S. 192:
"I ask'd him what he thought would become of them there, and if they had form'd no design of making any escape?" -
Im fünften Abschnitt rettet Robinson einen Kapitän durch Verhandeln vor dessen meuternder Mannschaft und nimmt wieder seine gewohnte Rolle als Lehrer ein, die er im Verlauf des Buches nie infrage stellt. Nach 28 Jahren ergibt sich endlich die Gelegenheit, die Insel zu verlassen. Dass Robinson aus seiner Zeit in Brasilien noch eine Plantage besitzt, die in der Zwischenzeit sorgfältig verwaltet wurde, empfindet er eher als Last und Zwang zum Handeln. Während der Rückreise nach England erweist sich Freitag als tatkräftiger Helfer, als es auf dem Landweg in Frankreich darum geht, die Reisegruppe gegen angreifende Wölfe und einen Bären zu verteidigen. Mehrere Male ist der Held schiffbrüchig gewesen - und nun lauern die wirklichen Gefahren ausgerechnet in Frankreich! Ein Leben auf seinem Besitz in Brasilien könnte Robinson sich nur vorstellen, wenn er zuvor zum Katholizismus konvertiert (warum das denn?). Statt dessen entscheidet er sich für eine Heirat und ein geruhsames Leben ohne Abenteuer in seiner Heimat, bis ihn mit 60 Jahren wieder der Hafer sticht und er für einen zweiten Buchteil noch einmal auf Reisen geht.
Für die dtv-Gesamtausgabe dieses Klassikers wurde eine in der Gegenwart erfreulich verständliche Sprache gefunden. Dass das Robinson-Bild vieler Leser durch bearbeitete und gekürzte Buchausgaben und Verfilmungen geprägt ist, wurde gleich zu Beginn der Leserunde deutlich. Ich hatte an die Erlebnisse Robinsons die Erinnerung, dass er mit seinem Gefährten Freitag eine Art von Teamarbeit entwickelt. In dieser ungekürzten Buchausgabe stellt die Figur des Robinson sich dagegen als egoistisch auf die eigene Kultur fixiert dar, die er anderen grundsätzlich überlegen findet. Seine Einstellung stellt er trotz der Begegnung mit Freitag niemals infrage.
Von der fremden Umgebung, dem Klima, Pflanzen und Tieren auf der Insel in der Orinoko-Mündung vermittelt Defoe kaum etwas, jedenfalls keine Beobachtungen, die Robinson zu einer bewussten Änderung seiner Fixiertheit auf Europa und das Christentum veranlasst. Denkbar wäre z. B., dass er Freitag bei handwerklichen Tätigkeiten (wie dem Navigieren eines Bootes) beobachtet oder sich dafür interessiert, nach welchen Werten und Normen Freitags Stamm lebt. Auch wenn ich Robinsons kulturelle Überheblichkeit ziemlich anstrengend fand, gibt sie doch Einblick, aufgrund welcher Wertvorstellungen es überhaupt dazu kommen konnte, dass Europäer meinten, andere Staaten und Kulturen kolonialisieren und missionieren zu müssen.
Ob es damals wohl wenigstens einen Leser Defoes gab, dem bei der Lektüre der Robinsonade Zweifel am Verhältnis zwischen herrschenden und beherrschten Staaten gekommen sind?
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Zitat
Original von Buchdoktor
Ein Leben auf seinem Besitz in Brasilien könnte Robinson sich nur vorstellen, wenn er zuvor zum Katholizismus konvertiert (warum das denn?).Er hat doch das Leben lieben gelernt und will ungern brennen. Er verweist ausdrücklich auf die Inquisition.
In meiner Schulausgabe wurde auf dem Rückweg das Schiff von Piraten überfallen und Freitag stirbt bei diesem Angriff, da ist das Lachen machen beim Bärentöten doch eine anderere Sache!
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Die Inquisition hat er aber doch nur zu befürchten, wenn er nicht konvertiert. Und genau das kann er sich nicht vorstellen.
Etwas eigenartig und wild fand ich die ganzen Seitenwechsel dort auf der Insel durch die Meuterer. Sie brauchten nur zu versprechen, dass sie ganz brav bleiben und nicht auf Robinson schießen und schon kriegen sie Waffen.
Die Episode in Frankreich und diese alberne Bärenjagd hätte ich nun nicht mehr gebraucht. Auch war mir nach der Rückkehr von der Insel alles zu schnell normal. Heute würde sich die Pressemeute auf Robinson stürzen, damals ging man wohl gleich wieder zur Tagesordnung über.
Für den ersten Band hätte ich die dtv-Ausgabe wohl nicht gebraucht. Aber da ich sie nun schon mal habe, lese ich natürlich auch noch den zweiten Band. Auch wenn der Erzählstil mitunter ziemlich behäbig war und ich letztlich nicht unbedingt begeistert bin. Okay war es, aber oftmals halt auch zu sehr mit missionarischem Eifer.
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Mir hat die Leserunde die Einsicht gebracht, dass ich es mir bisher viel zu einfach vorgestellt habe, in letzer Minute mit einem e-book in eine Klassiker-LR einzusteigen; denn nicht alle Ausgaben eines Klassikers gibt es als e-book. Egal, ob mich der gesamte Text angesprochen hat, kenne ich nun das Original und den Unterschied zu Robinson-Vorstellungen, die vermutlich durch Verfilmungen beeinflusst wurden. Beschäftigt ht mich auch der Gedanke, dass es sich hier um den ersten englischen Roman handelt. Das bedeutet ja auch, dass ein Haushalt zu Defoes Zeit außer der Bibel und der Fibel für die Schulkinder nichts "Erbauendes" zur Verfügung hatte. Im Grunde könnte man Robinson für eine der ersten Utopien halten, die Lesern in Europa eine fremde Welt aufzeigt - auch wenn noch sehr viel Vertrautes/Britisches in diese Welt interpretiert wird.
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Mir kam das an vielen Stellen auch fast wie ne Interpretation oder Bebilderung der Bibel vor. Der philosophische Anteil im Buch ist in jedem Fall sehr groß.
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Wer sich mit einer anderen Robinsonade, die nicht ganz so weit zurück liegt, befassen möchte, dem sei dieses Buch ans Herz gelegt:
Frederick Maryatt: Sigismund Rüstig
Diesmal ist es irgendwann im 19. Jahrhundert, als eine ganze Familie, die auf einem Schiff als Passagiere mitreiste, von der Mannschaft eines in Seenot geratenen Schiffes im Stich gelassen wird. Der Kapitän ist im Sturm verletzt worden und besinnungslos. Das Rettungsboot ist nicht groß genug für alle. Lediglich ein alter Seebär - eben jener Sigismund Rüstig - bleibt bei ihnen.
Sie können sich auf eine Insel retten. Sigismund freundet sich vor allem mit dem ältesten Sohn Willem an und erzählt diesem seine Lebensgeschichte. Willem revanchiert sich, indem er Rüstig die Geschichte erzählt von - Robinson.
Natürlich auch etwas altertümlich (die Familie hält zB eine Sklavin), aber doch flüssiger lesbar als Robinson.
Gibt es in verschiedenen Versionen, ich hab meine verlinkt.
ASIN: B003VHPYM8 -
Man darf beim Lesen dieses Buches nie vergessen, dass es reine Fiktion ist. Der Autor hat England nie verlassen beim Schreiben. Durch so viele visuelle Eindrücke von Verfilmungen, aber auch durch die von dem Autor geschaffene Atmosphäre fiel mir das manchmal schwer- und das ist m.E. Ein Grund dafür, dass dieses Buch zu Recht in nur sechs Jahren sein 300 jähriges Jubiläum feiern kann.
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Zitat
Original von xexos
Mir kam das an vielen Stellen auch fast wie ne Interpretation oder Bebilderung der Bibel vor. Der philosophische Anteil im Buch ist in jedem Fall sehr groß.Das auf jeden Fall. Ich hatte eben diesen Anteil nicht als so stark in Erinnerung. Letztendlich war gerade sein Glaube und sein Ringen mit diesem für die Romanfigur Robinson entscheidend für dessen Durchhalten, vielleicht auch dafür, dass er nicht verrückt geworden ist in Angst und Einsamkeit.
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Zitat
Original von beowulf
In meiner Schulausgabe wurde auf dem Rückweg das Schiff von Piraten überfallen und Freitag stirbt bei diesem Angriff, da ist das Lachen machen beim Bärentöten doch eine anderere Sache!So hatte ich das auch in Erinnerung und war nun doch sehr überrascht, dass Freitag nicht stirbt und weiterhin an Robinsons Seite weilt.
ZitatOriginal von xexosDie Episode in Frankreich und diese alberne Bärenjagd hätte ich nun nicht mehr gebraucht. Auch war mir nach der Rückkehr von der Insel alles zu schnell normal. Heute würde sich die Pressemeute auf Robinson stürzen, damals ging man wohl gleich wieder zur Tagesordnung über.
Diese völlig überzogene Bärenjagd fand ich auch sehr übertrieben - zumal sie zudem absolut nicht notwendig war. Ich hätte es besser gefunden, wenn das Buch zum Zeitpunkt des Rettens von der Insel aufgehört hätte und der Rest der Phantasie des Lesers überlassen worden wäre.. (Aber das Leben ist nun mal kein Wunschkonzert :lache)
ZitatOriginal von ClareDas auf jeden Fall. Ich hatte eben diesen Anteil nicht als so stark in Erinnerung. Letztendlich war gerade sein Glaube und sein Ringen mit diesem für die Romanfigur Robinson entscheidend für dessen Durchhalten, vielleicht auch dafür, dass er nicht verrückt geworden ist in Angst und Einsamkeit.
Ja, ja der liebe Glaube, der Berge versetzen kann. Auch der gerettete Kapitän ist dann noch davon überzeugt, dass Gott Robinson "nur" am Leben erhalten hat um ihm dann so viele Jahre später zu retten. Der gute Kapitän war aber wirklich sehr von seiner eigenen Person überzeugt.
Ich bin froh, dass ich mich mit euch durch das Buch gekämpft habe und wir nur wenige LR-Teilnehmer auf dem Weg verloren haben :lache. Ich kann nun sagen, dass ich die "wahre" Geschichte von Robinson kenne, aber richtig gut gefallen hat mir das Buch leider nicht. Aber so langsam muß man ja mal seine Wissenslücken schließen
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Ich bin auch durch.
Ich muss mich mal auf die Suche nach meiner alten Jugendbuchausgabe machen, ich weiß noch, dass ich die Geschichte mit 11 oder 12 jahren geliebt habe, mal sehen, wie hoch der missionarische Anteil da ist. Allerdings war ich zu der Zeit auch leidenschaftlicher Karl May Leser und der ist in Sachen missionarischer Eifer ja auch nicht von schlechten Eltern.
Was mich sehr gewundert hat ist, dass Robinson mit seiner Abreise nicht auf Freitags Vater und die Spanier gewartet hat
Dass er keine Rücksicht auf die Gefühle seines Wilden nimmt, der seinen Vater vielleicht gerne mitgenommen oder sich zumindest von ihm verabschiedet hätte wundert mich nicht, aber er wollte doch ursprünglich mit den Spaniern einen Weg nach Hause finden und jetzt lässt er sie einfach sitzen?!Sehr gestört hat mich auch die lächerliche Bärenjagd und vor allem die Wolfsmassen in Frankreich.
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So, ich bin jetzt auch durch - das war wirklich eine anstrengende Lektüre. Gerade der letzte Teil hat mir überhaupt nicht gefallen. Alles nach der Rettung war irgendwie überflüssig bis unglaubwürdig.
Allerdings freue ich mich darüber, es jetzt doch gelesen zu haben.