Komischer Umgang mit dem Tod
-
-
Hallo, Lolita.
ZitatEntschuldige die direkte Frage: Hat dein Bruder sich umgebracht?
Genau das ist "komischer" Umgang mit dem Tod. Warum die Entschuldigung?
Mein kleinster Bruder ist an den Folgen eines Verkehrsunfalls gestorben, mit Anfang zwanzig. Mein bester Freund ist vor dreieinhalb Jahren an den Folgen der HIV-Infektion gestorben, er war Mitte dreißig. Zwei Freunde sind in den letzten sechs Jahren an den Folgen der Leukämie verstorben, eine sechsundzwanzigjährige Frau und ein wirklich fitter Typ Anfang sechzig. Ein langjähriger Freund ist vor ein paar Wochen tot im Garten aufgefunden worden, Gehirnschlag.
Sie sind weg, sie kommen nicht wieder, aber sie könnten auch nach Guatemala ausgewandert sein; in meinem Herz und meinem Kopf haben sie unauslöschliche Spuren hinterlassen. Das Leben endet irgendwann, das ist zwar schlimm, aber absolut nicht zu ändern. Es schmerzt mich, Menschen zu "verlieren", aber dieser Schmerz ist nicht mit "Trauer" gleichzusetzen. Ich empfinde Trauer als der Unabänderlichkeit des Todes nicht angemessen. Aber den Schmerz kann und muß man ausleben.
Und überhaupt. Es kann jederzeit vorbei sein, nach dem nächsten Fingerschnippen oder erst in hundert Jahren. Und deshalb gibt es eigentlich nur ein Motto, das wirklich Bedeutung hat: Carpe Diem.
Übrigens nervt es mich schrecklich, wenn Leute ihren Umgang ändern, weil es einen "Trauerfall" gegeben hat.
-
Zitat
Original von Tom
Übrigens nervt es mich schrecklich, wenn Leute ihren Umgang ändern, weil es einen "Trauerfall" gegeben hat.Was ist mit Umgang gemeint?
Gruss,
Doc
-
Zitat
Was ist mit Umgang gemeint?
Sorry! Der Umgang mit dem Betroffenen (also mit mir in diesem Fall), ihr Verhalten mir gegenüber. Als gäbe es plötzlich nichts mehr zu lachen (tatsächlich darf man nicht mehr lachen, wenn jemand gestorben ist), als müßte alles Unbill der Welt zwanghaft aus der Wahrnehmung ausgeblendet werden, als wäre man nur noch Trauernder und kein echter Mensch sehr. Ich weiß, daß das viel mit Hilflosigkeit und Hilfsbedürfnis zu tun hat, finde aber, daß es ein Schuß in den Ofen ist, weil es dem Betroffenen permanent bewußt macht, was gerade passiert ist (und nicht nur das). Und dann dieses Themenumschiffen, später. Niemand will darüber reden. Niemand fragt direkt: Wie geht es Dir, seit Dein Bruder/Freund tot ist? Woran war er nochmal gestorben? Aha.
Nee, die meisten geraten in Panik. Dabei ist der Tod ein ganz normaler, alltäglicher Vorgang, eine soziale Katastrophe wie viele andere auch. Menschen müssen mit solchen Schlägen leben, weil sie Emotionen (entwickelt) haben. Etwas mehr "Normalität" und, ja, Coolness wäre angebracht. Es ist scheiße, supermegariesenscheiße, daß einem Leute wegsterben, aber dagegen ist nunmal nichts zu machen, und es wird anderen mit einem später ebenso gehen. Später oder früher. -
-
Es ist erstaunlich, wie sehr sich doch der Tag "an dem das Schreckliche geschah", in unser Gedächtnis eingegraben hat, jedes Detail lebendig in der Erinnerung, als wäre es gestern gewesen.
Und es ist gut, darüber zu reden, die schweren Schritte immer wieder zu gehen, bis wir damit leben und es in stummer Weise einem göttlichen Lebenssinn-Zusammenhang zuordnen können.
Meine Brüder starben, bevor ich 24 wurde (beide 10 Jahre älter als ich), sie starben sehr kurz nacheinander, nicht einmal volle 2 Tage dazwischen. Als wollten sie nicht allein in die Andere Welt aufbrechen, dachte ich, als ich die Nachricht erfuhr.
Ich wollte meine Brüder nicht tot sehen, doch bei meinem Vater konnte ich es nicht umgehen:
Meine Mutter kam die Treppe hoch, klopfte an meine Tür und schaute mich prüfend an. Da sie mich oft so anschaut, als wäre jemand gestorben, regte ich mich auf:
"Warum schaust Du mich wieder so an, als ob jemand gestorben sei, das ist ja schrecklich! Bitte tu das nicht, bitte, ich erschrecke jedes Mal!"
Normalerweise lächelt meine Mutter nach diesem Satz, doch diesmal nicht -
Vater ist tot, erfahre ich. Es klang wie ein böser Scherz."Nein, das ist nicht wahr!", stosse ich verärgert hervor, "das ist nur wieder einer Deiner irreführenden Blicke, ich glaube Dir nicht, ich glaube Dir und Deinem Blick nicht, ich falle nicht darauf herein!"
Als ich dann endlich verwirrt begreife, dass es keine Täuschung ist und dort unten mein Vater tot auf der Couch liegen soll, überfällt es mich schockartig.
"Nein, er ist bestimmt noch zu retten", wende ich ein.
"Wir müssen Erste Hilfe leisten, ihn wiederbeleben", ereifere ich mich, doch meine Mutter, welche jahrelange Altenpflege-Erfahrung hat, schüttelte stumm den Kopf. Sie wusste, er war tot.Sie habe zwar den Notfalldienst alarmiert, als er anfing, schwer zu atmen und von einem Stechen im Arm sprach, doch jetzt ist er tot, das wisse sie, seine Augen hatten sie angestarrt, sie habe sie geschlossen, wie sie es oft tun musste als Altenpflegerin, und doch war es ganz anders, das spürte ich an ihrer gedämpften Haltung.
Jetzt glaubte ich ihr, weinend begriff ich.
Sie wollte, dass ich hinuntergehe, der Notdienst komme bald.
"Nein, ich kann da nicht runter!" Nicht noch einmal in diese Eiseskälte, nicht noch einmal dem Tod so nahe!Doch meine Mutter blieb ganz ruhig und ich zog mir irgendetwas Wärmeres über, um noch einmal schweren Schrittes die Treppe hinabzusteigen. Klumpfussartig schob sich ein Bein vor das nächste.
Vor der Treppenbiegung hielt ich an, konnte nicht weiter, hörte gerade noch, wie meine Mutter verschwand, horchte - nichts mehr, sie war weg, aus dem Haus, hatte mich allein gelassen - allein mit meinem toten Vater - weshalb lässt sie mich allein, warum läuft sie mir davon?
Ich steige die letzten Treppenstufen hinab und sehe die Haustüre offenstehen. Ich begreife - meine Mutter ist zur Strasse geeilt, um dem Notdienst den Weg zu unserem Haus zu zeigen.
Der sanfte warme Wind, der mir von draussen entgegenschlägt, hatte etwas Lösendes und nun war ich bereit, mich umzuwenden und meinen toten Vater anzuschauen.
Wie vorher lag er da, die Augen geschlossen, der Mund leicht geöffnet, ein seltsamer Metall-Glanz schimmerte daraus hervor. Warum dieser eisenhafte Glanz?
Wie konnte das geschehen? Wie konnte es geschehen, dass dieser geliebte Mensch, dessen herzliche Begrüssung mir täglich entgegenschlug, nun einfach tot war? Es durfte nicht sein! Andere sprachen davon, es war etwas Abstraktes, nichts, was mich betraf, nein, es durfte nicht sein!
Gleichzeitig wusste ich: Meine Mutter hatte Recht. Ich fasste seine Hand an, musste mich selbst überzeugen - ja, seine Hand war erschreckend kalt und starr, er war tot.
Ich betete unweigerlich, bat Gott, er möge nun meinen Vater abholen und ihn in eine bessere Welt begleiten. Ich dachte an die drei Träume, an meinen Traum, wie nun alles einen Sinn ergab. Ich musste daran denken, wie sehr ich mich gegen die Frühpensionierung meines Vaters gesträubt hatte, weil mein Lieblingslehrer bald nach der Pensionierung gestorben war. Nun also auch mein Vater, wie ich es befürchtet hatte.
Im Garten zwitscherten die Vögel, warme frische Luft drang in den Raum, wie friedlich es plötzlich war, wie ruhig meine Seele. Ja, mein Vater war nun in einer besseren Welt, so wie ich es geträumt hatte.
Es war sein Schicksal, nun zu gehen. Er durfte seinen jüngsten Enkel noch für ein Jahr kennenlernen, doch jetzt war seine Zeit gekommen, er hatte seinen Teil erfüllt, nun wurde er in eine neue andersartige geistige Welt geboren. Dieser Gedanke tröstete mich.
Ja, er lebte weiter, hier lag nur seine Hülle, er aber hat sich dieser nur entledigt, um ein neues Abenteuer einzugehen, ein neues Leben in einer Welt, die wir nur schemenhaft begreifen und doch alle irgendwie fühlen.
-
Tom, das ist KEIN komischer Umgang mit dem Tod.
Nur weil du es auf die leichte Schulter nimmst, heisst das noch lange nicht, dass jemand anderes meine direkte Frage nicht zu persönlich findet. Vielleicht ist derjenige ja anders als du und ihn schmerzt es, so direkt darauf angesprochen zu werden.Wir haben selbst vor 2 Monaten plötzlich einen guten Freund und Mann meiner Cousine verloren und ich deshalb kann ich sehr wohl sagen, dass es für sie sehr schmerzlich und entsetzend wäre, würde man sie so direkt etwas fragen. Ihr tut es einfach noch zu weh und ich werde sie wohl kaum dazu zwingen, wenn sie es noch nicht will.
Sorry Tom, aber irgendwie finde ich, dass du hier nicht sagen kannst, was komisch ist und was nicht....
-
Zitat
Nur weil du es auf die leichte Schulter nimmst, heisst das noch lange nicht, dass jemand anderes meine direkte Frage nicht zu persönlich findet
Ich nehme a) nichts auf die leichte Schulter (Wie kommst Du auf diese Idee?) und Du hast b) jemanden gefragt, der sowieso gerade - freiwillig - davon erzählte. Deine Rücksicht war also übertrieben, genau davon habe ich geredet.
-
Zitat
Original von Tom
Hallo, Lolita.Sie sind weg, sie kommen nicht wieder, aber sie könnten auch nach Guatemala ausgewandert sein; in meinem Herz und meinem Kopf haben sie unauslöschliche Spuren hinterlassen. Das Leben endet irgendwann, das ist zwar schlimm, aber absolut nicht zu ändern. Es schmerzt mich, Menschen zu "verlieren", aber dieser Schmerz ist nicht mit "Trauer" gleichzusetzen. Ich empfinde Trauer als der Unabänderlichkeit des Todes nicht angemessen. Aber den Schmerz kann und muß man ausleben.
Und überhaupt. Es kann jederzeit vorbei sein, nach dem nächsten Fingerschnippen oder erst in hundert Jahren. Und deshalb gibt es eigentlich nur ein Motto, das wirklich Bedeutung hat: Carpe Diem.
Übrigens nervt es mich schrecklich, wenn Leute ihren Umgang ändern, weil es einen "Trauerfall" gegeben hat.
Hallo Tom,
was du da zu trennen versuchst, Schmerz und Trauer, kann ICH nicht ............ wie soll ich meine Gefühle einordnen??? Trauer IST Schmerz ....... für mich. Und auch wenn ich nicht ständig mit Leichenbittermine durch die Gegend gelaufen bin, in mir drin war und ist es immer präsent. Nach außen mache ich das, was von mir erwartet wird.
'Man' darf nicht zu traurig sein aber bitteschön auch nicht zu lustig ........... dann wird einem gleich eine gewisse Leichtfertigkeit unterstellt.
Ich bin zum ersten Mal in meinem Leben in einer Situation, in der ich mich zumindest zum Teil von außen manipuliert fühle und ich kann nur mit wenigen Menschen darüber reden bzw. sie bitten, sich mir gegenüber anders oder normal zu verhalten.
Es gibt Menschen die mich gerne wieder zurück ins pralle Leben führen wollen und es gibt eben auch die, die mich darauf vorbereiten wollen, dass jetzt mindestens 2 Jahrzehnte Einsamkeit vor mir liegen werden.
Ich habe gar nicht die Absicht, mich aufs Altenteil zurück zu ziehen und zu warten bis es bei mir so weit ist ............. ich will leben, ich muss leben und ich möchte mich wieder auf morgen freuen können ohne wenn und aber.
Dass einem die eigenen Gefühle, wie immer du sie auch interpretieren möchtest, dabei im Weg stehen das ist eine ganz andere Sache. Da vertraue ich einfach auf die Zeit, die ja angeblich alle Wunden heilt.
Aber niemand kann und wird mich zwingen, dass ich meinen Mann vergesse oder dass ich die Zeit mit ihm aus meinem Gedächtnis streiche. Ich bin immer noch sehr glücklich darüber, die Jahre mit ihm gehabt zu haben.
Gabi
-
Ich bin ja eigentlich nur interessierter Mitleser in dem Thread, aber ich glaube ihr habt den Tom irgendwie missverstanden.
Gruss,
Doc, schon wieder weg auf die Zuschauerränge
-
Hallo, Doc.
Zitataber ich glaube ihr habt den Tom irgendwie missverstanden.
Danke für die Unterstützung. Ja, stimmt.
Ich unterscheide die Emotion Schmerz und den Zustand Trauer. Denkt mal drüber nach.
-
Zitat
Original von Lolita
CharlotteEntschuldige die direkte Frage: Hat dein Bruder sich umgebracht?
Grüße,
Lolita
Wie Tom es schon sagte, du brauchst dich für die Frage nicht zu entschuldigen (aber ich hätte wahrscheinlich genau so gefragt )
Wenn es mir weh tun würde, darüber zu reden, hätte ich hier nichts dazu geschrieben. Nein, er hat sich nicht umgebracht. Zum Glück!
Er ist an einem Hirnaneurysma gestorben. Bis zu seinem Tod hat keiner (auch er selbst nicht) etwas von dieser angeborenen "Krankheit" gewußt.Und noch einmal zum Umgang mit dem Tod:
Am schlimmsten habe ich es auch empfunden, wenn ich das Gefühl hatte, andere meinen ich würde nicht genug trauern, weil ich eben auch sehr früh wieder lachen konnte. Sogar direkt am gleichen Tag. Vielleicht werden das einige nicht verstehen, aber es war sehr befreiend trotz des Schocks nach ein paar Stunden auch wieder über eine Kleinigkeit Lachen zu können.
Was meiner Meinung nach sehr schwer für die Angehörigen ist, wenn der Verstorbene von anderen totgeschwiegen wird, wahrscheinlich meist aus Unbeholfenheit.
-
Zitat
Original von Evelyne Marti
Er durfte seinen jüngsten Enkel noch für ein Jahr kennenlernen, doch jetzt war seine Zeit gekommen, er hatte seinen Teil erfüllt, nun wurde er in eine neue andersartige geistige Welt geboren. Dieser Gedanke tröstete mich.Schon eigenartig.
Mein Vater ist vor zwei Jahren gestorben. Mein Sohn wird drei. Er hat ihn also auch noch kennengelernt. Wenn ich meinem Sohn jetzt beim spielen zusehe, macht mich der Gedanke schon traurig, das er meinen Vater, seinen Großvater, nicht mehr zum spielen hat und das mein Vater nicht mehr mit ihm spielen kann. Ich hätte mir mehr Zeit für BEIDE MITEINANDER gewünscht. Das macht mich fast noch trauriger, als die Tatsache das er nicht mehr da ist.Nachtrag:
Als Christ schmerzt mich der Tod meines Vaters noch viel mehr. Er war nicht gläubig. Von daher gehe ich davon aus, das ich ihn auch in der anderen, geistigen Welt nicht mehr sehen werde. -
Liegt ja vielleicht auch daran, dass jeder Trauer und Verlust sehr individuell erlebt und verarbeitet ................ und wie eng man mit dem Verstorbenen verbunden war.
Früher hätte ich das ganze Thema auch anders behandelt als heute.
Gabi
-
Zitat
Original von Tom
Hallo, Doc.Danke für die Unterstützung. Ja, stimmt.
Ich unterscheide die Emotion Schmerz und den Zustand Trauer. Denkt mal drüber nach.
Hm, dann befinde ich mich also in einem Zustand und nicht in einer Emotion??? Ich kann das trotzdem nicht wirklich trennen.
Gabi
-
Zitat
Original von Tom
Sie sind weg, sie kommen nicht wieder, aber sie könnten auch nach Guatemala ausgewandert sein;
sorry...aber das könnte ich nicht so unterschreiben. Es ist doch noch ein himmelweiter Unterschied, ob jemand auswandert und ich ihn wiedersehen
könnte oder ob mir diese Wahl unwiderbringlich genommen wurde..... -
Ich verstehe, wie Tom es meint. Die Scheu, Fragen zu stellen, eben die Frage nach dem Selbstmord, störte ihn, nicht unsere Trauer.
Nachdem mein Vater starb, verhielten sich die Leute mir gegenüber auch sehr gehemmt, doch ich lachte sie ehrlich an und erlöste sie aus ihrer Verlegenheit, welche ich durchaus verständlich finde.
Wenn schon die Betroffenen den Tod als so irrational empfinden, kann man nicht erwarten, dass es anderen besser geht. Ein Mensch, der einen nahen Angehörigen verloren hat, ist eine brutale Erinnerung an den eigenen irgendwann bevorstehenden Tod. Es löst irrationale Ängste und abwehrende Verhaltensmuster aus.
Wichtig ist, sowas nicht persönlich zu nehmen.
Und Lolita hat Recht, wenn sie vorsichtig nachfragt, denn es gibt durchaus Dinge, die zensiert werden. Bei mir z.B. der Tod meiner Brüder. Darüber will ich nicht weiter sprechen.
-
Zitat
Original von Evelyne Marti
Nachdem mein Vater starb, verhielten sich die Leute mir gegenüber auch sehr gehemmt...Was auch vollkommen klar ist. Niemand kann wissen, wie der Betroffene mit Trauer und Schmerz umgeht. Man will eben Fettnäpfchen vermeiden und weiß daher erstmal nicht, wie man sich verhalten soll. Was bei dem einen vielleicht als willkommene Normalität ankommt, geht dem anderen als unsensibles Poltern auf den Nerv. Da ist es verdammt schwierig sich richtig zu verhalten.
Gruss,
Doc
-
Danke, dass ihr mich nicht mißverstanden habt. Ich hab eben noch nicht so viele Erfahrungen mit dem Verlust von Menschen gemacht, aber ich glaube, dass ich es nicht gerne hätte, wenn jemand mich einfach so fragen würde, wiees passiert ist und vor allem dann nicht, hätte sich derjenige umgebracht. Deshalb habe ich lieber mal gefragt.
Der Sohn des Freundes, der vor ein paar Wochen gestorben ist, verblüffte mich zu Anfangs. Er macht gerade seinen Führerschein und ich habe ihn vor 2 Wochen an die Schule gefahren. Ich entschuldigte mich, dass mein Auto mal wieder das totale Chaos aufweist und er meinte nur: "Ach, ich bins gewohnt, bei meinem Papa sah es schlimmer auf". Wie gesagt, sein "Papa" war nicht nur Familienmitglied, sondern auch ein ganz besonderer Freund. Selbst mich hat diese Aussage zu Anfangs sehr geschmerzt und es tat mir weh, als ich im selben Moment dachte, wie schwer es für den Kleinen sein muss und der dennoch so verdammt tapfer ist. Seine Mutter ist selber erst 38 Jahre alt und ein sehr zartes Wesen. Ihr Sohn beschützt sie seither sehr und ist in einem Moment zum anderen um 10 Jahre erwachsener geworden.
Die Sache im Auto hat mir jedoch sehr bewusst gemacht, dass es für ihn sehr schwer sein muss und ich hab begriffen, dass er nicht bemitleidet werden will, sein Papa lebt in seinem Herzen weiter. Wir haben die ganze Autofahrt über lustige Annekdoten von seinem Vater geredet und hatten viel Spaß dabei. Sein Papa war ein sehr lustiger Mensch und ihm hätte es sicher gefallen.Grüße,
Lolita
-
Zitat
Original von vallenton
Mein Vater ist vor zwei Jahren gestorben. Mein Sohn wird drei. Er hat ihn also auch noch kennengelernt. Wenn ich meinem Sohn jetzt beim spielen zusehe, macht mich der Gedanke schon traurig, das er meinen Vater, seinen Großvater, nicht mehr zum spielen hat und das mein Vater nicht mehr mit ihm spielen kann. Ich hätte mir mehr Zeit für BEIDE MITEINANDER gewünscht. Das macht mich fast noch trauriger, als die Tatsache das er nicht mehr da ist.Nachtrag:
Als Christ schmerzt mich der Tod meines Vaters noch viel mehr. Er war nicht gläubig. Von daher gehe ich davon aus, das ich ihn auch in der anderen, geistigen Welt nicht mehr sehen werde.Mein Bruder ging auch davon aus, dass mein Vater nicht gerettet ist, weil er nicht auf dieselbe Weise an Gott glaubte wie er. Als wir vor dem blumigen Grab meines Vaters standen, fing er an, fürchterlich zu weinen, und wir konnten auch nicht mehr anders als weinen, während uns die Menschen aus drei Dörfern der Reihe nach die Hand gaben. Der Anblick der vielen schönen Blumen und das Weinen meines Bruders war fast schlimmer als das Vorhergehende. Dabei hatten wir in der Kirche noch lachen können, als der Pfarrer sich beim Vorlesen des Lebenslaufs (den ich mit meiner Mutter zusammen geschrieben hatte) verhaspelte.
Gleich nach der offiziellen Beerdigung verliess ich die Gesellschaft, dem Wald entgegen. Als ich durch den wunderschönen Wald schritt, erinnerte ich mich, was mein Vater über die Natur sagte, weshalb er so viel in den Wald wollte, Pilze und Beeren sammeln. Für ihn war Gott in der Natur präsent. Ich sog die würzige Luft des Waldes in mich auf und fühlte, was er gefühlt haben musste: Er fühlte Gott auf seine Weise - der Wald - die Natur - das war seine Kirche - wo er sich Gott nahe fühlte. Wie also sollte er verloren gehen, wenn er sich doch innerlich diesem Gott zugewandt hatte?
Weshalb liegt es an mir, über ihn zu richten? Mein Vater war immer sehr geknickt, wenn er von einem Fischerausflug mit meinem Bruder heimkam, wieder einmal musste er anhören, dass er verloren gehen würde, wenn er nicht umkehre. Ich tröstete ihn, Gott allein entscheide das.
Der Gott der Bibel ist ein gnädiger Gott, er schaut das Herz an und nicht, welches Bild wir uns von ihm machen. Wir alle leben und weben und sind in ihm, steht in der Bibel. Deshalb würde ich mich nicht weiter grämen. Du hast ihn geliebt, also kann er kein absolut schlechter Mensch gewesen sein. Alles andere liegt in Gottes Hand. Wie sollte Gott uns Steine geben, wenn wir Menschen Brot austeilen würden. Wir lieben, aber Gott ist die Liebe selbst.