Sachbuch? Wohl eher Klatsch-Kolumne...
Auch nach dem Lesen des gesamten Buches bleibt mein größtes Problem genau dieses, wie schon nach der Leseprobe: was will mir dieses Buch eigentlich sagen? Gehöre ich zur Zielgruppe? Wer ist überhaupt die Zielgruppe? Und ist es wirklich ein Sachbuch? Lauter Fragen, die ich geneigt bin negativ zu beantworten.
Als Sachbuch wird es beworben und offiziell eingeordnet. Gut, es ist sicherlich ansprechend und hochwertig aufgemacht: Es handelt von tatsächlichen Ereignissen. Es bietet eine Fülle (oft recht seltsamen) Bildmaterials. Sämtliche Quellen werden minutiös angegeben. Es gibt Hinweise auf weiterführende Literatur. Und im Vorwort wird angegeben, es wolle zum Träumen verführen.
Doch halt, da sind wir schon beinahe beim zweiten Genre, in die dieses Buch unversehens hineinstolpert. Nämlich die Kategorie "Werbeprospekt" oder "Reisejournal". Der Tonfall des Autors, obschon sachlich gehalten, hat mich doch oft ein wenig verblüfft zurückgelassen. Er klingt oft so, als sei er der Inhaber bzw. Reiseführer an den beschriebenen Orten. Er erklärt und entschuldigt mancherlei Exzesse, die dort stattgefunden haben. Er spielt die Macken der dort ansässigen Schickeria herunter, macht sie zugänglich. Er beschreibt, wo man heute noch hinfahren kann, was sich lohnt, was heute noch existiert. Und im Anhang gibt es sogar die Adressen der berühmtesten Hotels!
Es gibt noch eine dritte Schublade, in die ich dieses Buch stecken würde, und zwar die - wenig schmeichelhafte - der Klatsch-und-Tratsch-Kolumne. Ganz wie in einem Society-Magazin. Merkwürdig, im Kapitel über St. Moritz mokiert sich der Autor noch darüber, dass es früher üblich war, dass Luxus-Hotels ihre Gästelisten in den Zeitungen veröffentlichten - doch im Grunde macht er mit seinem Buch genau dasselbe. Er reiht oft Namen aneinander, wirft mit Titeln und Anekdoten nur so um sich. Das wäre ja kein Problem, wenn die Personen dem Leser wenigstens näher gebracht würden. Denn ich möchte mal schätzen, dass dem Durchschnittsleser, wenn es hoch kommt, gerade mal ein Drittel der Erwähnten bekannt sein dürfte...Oft habe ich gedacht, jetzt gibt er aber kräftig an. Das nennt man auch "name-dropping".
Tja, was will dieses Buch? So wirklich hat sich mir dies nicht erschlossen. Sechs Orte, auf jeweils gefühlten 10 bis 20 Seiten beschrieben. Ja, nicht einmal beschrieben, oft nur überflogen. Um in die Geschichte eines Ortes wirklich einzutauchen, wäre es meiner Meinung nach besser gewesen, sich zu beschränken. Nur drei Orte, dafür mehr Seiten. Und weniger Aufzählungen. An manchen Stellen sagt der Autor es sogar wörtlich, es gäbe ja noch viel mehr zu erzählen, er wolle aber nur noch eine Reihe von Namen erwähnen, die dort gewesen seien. Aber was, um alles in der Welt, bringt mir eine Liste von Namen? Die ich eben teils nicht einmal kenne? Im ganzen Buch erinnere ich mich an nur eine einzige Stelle mit aktuellem Gegenwartsbezug, die ich sogar recht witzig fand. Als er nämlich erwähnt, dass die Balinesen vom Welterfolg des Buches "Eat, Pray, Love" mittlerweile ziemlich angenervt sind... gerne hätte ich mehr solcher Stellen gehabt. Und nicht den x-ten Exzess von Baron soundso.
Dennoch verleihe ich dem Buch drei recht wohlwollende Sterne. Es wird auf meinem Lese-Radar den Platz einer literarischen Kuriosität einnehmen, die zwar erkennbar Anspruch hat, die jedoch ihre Ziele - zumindest für mich - nicht eindeutig definiert.