Gebundene Ausgabe: 360 Seiten
Verlag: Schöffling & Co
Umschlagbild von Christian Brandl
Kurzbeschreibung:
Markus Lee reist in den Herbstferien in die Normandie, um für ein Hamburger Kunstmagazin Brücken zu zeichnen, die bei der Landung der Alliierten im Sommer 1944 eine entscheidende Rolle spielten. Lee nimmt seinen fünfzehnjährigen Neffen Jesse mit, dessen bester Freund mit seiner Familie in Nordfrankreich ein verlassenes Strandhotel hütet. Überschattet wird die Reise von der Trauer um Jesses Mutter Ira, deren Suizid der Bruder und der Sohn jeder für sich verwinden müssen. In der verwunschenen Atmosphäre des Hotels L Angleterre entwickelt sich der geplante einwöchige Aufenthalt zu einer monatelangen Auszeit, die nicht nur für Markus Lee einen Wendepunkt im Leben markiert. NIE MEHR NACHT erzählt schonungslos und ergreifend von der Befreiung Frankreichs, bei der zahllose junge Männer umkamen, die kaum älter als Jesse waren. Dem Zeichner aber ist es zunehmend unmöglich, die Verheerungen des Krieges künstlerisch darzustellen. Doch beinahe noch schwerer fällt es ihm, den Tod der geliebten Schwester zu vergessen. Denn während ein dramatisches Kapitel europäischer Geschichte auf unheimliche Weise in ihm auflebt, stellt sich Markus Lee einem Trauma der eigenen Jugend und Abgründen seiner Familie. Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2013 (Longlist)
Über den Autor:
Mirko Bonné, geboren 1965 in Tegernsee, lebt in Hamburg. Neben Übersetzungen von u. a. Sherwood Anderson, Robert Creeley, E. E. Cummings, Emily Dickinson, John Keats und William Butler Yeats veröffentlichte er bislang vier Romane und fünf Gedichtbände sowie Aufsätze und Reisejournale. Für sein Werk wurde Mirko Bonné vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Ernst Willner-Preis (2002), dem Prix Relay du Roman d Evasion (2008) und dem Marie Luise Kaschnitz-Preis (2010).
Mein Eindruck:
Mirko Bonne legt hier einen komplexen Roman vor, der es schon auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises schaffte.
Der Roman ist ruhig erzählt, mit einem melancholischen Unterton und vielen ausführlichen Details.
Der Zeichner Markus Lee erhält einen Auftrag, in der Normandie Brücken zu zeichnen, die eine Rolle beim D-Day, bei der Landung der Alliierten 1944 spielten.
Er nimmt seinen jugendlichen Neffen Jesse aus Hamburg mit auf die Reise dorthin. Diese gemeinsame Reise ist auch Teil der Trauerarbeit um Ira, Jesses Mutter und Markus Schwester, die sich selbst tötete.
Obwohl Ira schon zu Beginn tot ist, bleibt sie den Protagonisten des Romans (und mit ihnen den Lesern) allgegenwärtig.
Der erste Teil des Romans, mit der langen Autofahrt, stellt “Nie mehr Nacht” in die Reihe der Road-Novels.
Viel mehr zur Handlung möchte ich nicht erzählen, den es wird zu diesem Roman im Netz bei diversen Rezensionen schon genug gespoilert, da kann ich nur vor warnen!
Nach dem faszinierenden Start verliert der Roman in der Mitte zeitweise an Tempo, um schließlich noch eine andere Richtung einzunehmen, als der Protagonist alleine weiterreist. Mit dem Ende war ich nicht sehr zufrieden, aber Mirko Bonnés Entscheidung, der Handlung noch eine überraschende Wendung zu geben, muss man respektieren.
Bonné versteht es Stimmungen herauszuarbeiten. Sein Prosastil zeigt den erfahrenen Lyriker. Ich schätze den Roman wegen seinen sprachlichen Qualitäten. Viele Sätze lohnen es, sie zwei mal zu lesen. Es ist auch ein Buch, das sich dem schnellen Lesen verweigert, ich habe mehrere Tage daran gelesen.