Dein Name - Navid Kermani

  • Gebundene Ausgabe: 1232 Seiten
    Verlag: Carl Hanser


    Kurzbeschreibung:
    Am 8. Juni 2006 beginnt Navid Kermani sein neues Buch, und es wird einer der ungewöhnlichsten Romane unserer Zeit. Hier schreibt einer über alles, was es zu wissen gibt über sein Leben und das Leben überhaupt: die Gegenwart und die Vergangenheit seiner Familie, die Erinnerung an gestorbene Freunde und die mitreißende Lektüre Jean Pauls und Hölderlins. Die Geschichte seines Großvaters, der von Nahost nach Deutschland ging, wird zum Herzstück des Romans. Immer wieder drängt sich dem Romancier der entscheidende Moment dazwischen: der des Schreibens. „Dein Name“ ist ein Roman, der das Privateste ebenso in den Blick nimmt wie die Geschichte, in der wir leben - ein Buch, das unser Bild der Gegenwart nachhaltig verändern wird.


    Über den Autor:
    Navid Kermani wurde 1967 in Siegen geboren. Er ist promovierter Oriantalist und lebt als Schriftsteller in Köln. Für sein akademisches und literarisches Werk wurde er mehrfach ausgezeichnet, zuletzt 2012 mit dem Kleist-Preis.


    Mein Eindruck:
    Navid Kermanis ambitioniertes Buch war 2011 auf der Longlist der Bücher zum Deutschen Buchpreis. Spontan hatte ich es mir gekauft, aber nach 200 Seiten schlapp gemacht.
    Jetzt fast zwei Jahre später habe ich den umfangreichen Roman von über 1200 klein bedruckten Seiten (ohne Kapitel und mit wenig Absätzen) bewältigt und bin froh über das Leseerlebnis.


    Der “Roman” umfasst die Jahre seiner Entstehung: 2006 bis 2010.


    Obwohl ich vorsichtig wäre, dem Buch jetzt eine zu große Bedeutung zu zumessen. Es ist ein literarisches Experiment. Eine Mischung aus Selbstreflexionen und dem Versuch, den Alltag umfassend zu beschreiben. Nicht umsonst nennet Kermani sein Buch im Text immer “das Buch, das ich schreibe”, ein passender Titel.


    Literarische Eckpfeiler sind Jean Paul und Hölderlin. Kernstück, aus meiner Sicht, sind die Kapitel über die Toten, die Kermani immer wieder im Text einflechtet. Sein Totenbuch nennt er die essayistischen Textpassagen die auch in einer anderen Schrift gehalten sind, als der Rest des Textes. Er schreibt da über bekannte Persönlichkeiten, die im Zeitraum der Entstehung des Buches gestorben sind, besonders beeindruckt war ich zum Beispiel über die Kapitel über Mahmud Darwisch oder György Ligeti, um mal nur zwei zu nennen.


    Es gibt auch viele Passagen, die Kermanis persönliches Leben betreffen, seine schwierige Beziehung zu seiner Frau, sein Kind oder seine Krebserkrankung, aber auch seine Begeisterung für Literatur, Film und Musik. Ausführlich erzählt er z.B. über Neil Young, über Werner Herzog oder die Romane, die er liest.


    Außerdem ist Dein Name ein Buch über den Iran. Kermani ist zwar in Deutschland geboren, seine Vorfahren stammen aus dem Iran.
    Die Memorien seines Großvaters nehmen einen großen Teil im Buch ein und reflektieren auch den Wandel der politischen Situation (der Schah, Ajatollah Chomeini, Mahmud Ahmadinedschad) im Iran.


    Wenn man bedenkt, was das Buch alles beinhaltet, ist der Umfang doch gerechtfertigt! Ein bemerkenswertes Buch.


    ASIN/ISBN: 3499269716

  • Seit drei Wochen bin ich daran, dieses Buch zu lesen. Es war mal wieder eine Empfehlung meines geschätzten Buchhändlers.


    Es ist kein Buch zum mal eben reinschauen, zur Entspannung oder Erheiterung. Obwohl ich schon einigemal schallend gelacht habe. Mich verlockt es zum Schmökern und Kramen zu den Themen, die Kermani anspricht. Besonders die Passagen zu Jean Paul begeistern mich immer wieder, weil ich den Zugang zu ihm nicht gerade einfach finde und ich hier einige interessante Aspekte gefunden habe.


    Ausgesprochen gut gefallen mir die Passagen zum Leben im "alten" Iran, das Kermani anhand der "Selbstlebensbeschreibung" seines Großvaters schildert und mit eigenen Eindrücken vermischt.


    Ansonsten genieße ich es, gelegentlich regelrecht verlorenzugehen in diesem Labyrinth.


    Navid Kermani wird am 18. Oktober im Rahmen der Buchmesse der Friedenspreis des deutschen Buchhandels verliehen.


    Liest zufällig sonst gerade jemand dieses Buch?

  • Noch eine kleine Rückmeldung, nachdem ich das Buch - nach fast acht Wochen - fertig gelesen habe.
    Es ist anstrengend zu lesen, gerade weil es kein Roman im üblichen Sinn ist. Auch meine obige Beschreibung als Labyrinth ist eigentlich nicht zutreffend, dazu müsste es einen fortlaufenden Weg durch dieses Buch geben.
    Es ist eher eine Art Patchwork, zusammengesetzt aus privatem Tagebuch, Reiseberichten, Einschätzungen zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen, Rückblicken auf das Leben im Iran im 20. Jahrhundert, Würdigung von Verstorbenen, die für Kermani eine Bedeutung hatten, Familiengeschichte und bestimmt habe ich noch einige Aspekte vergessen.
    Dauernd wechselt die Perspektive, der Autor betrachtet sich häufig von außen, in seinen verschiedenen Rollen als Schriftsteller, Sohn, Berichterstatter usw.
    Was mich bewogen hat, so viel Zeit mit diesem Buch zu verbringen? Vor allem wohl, dass ich immer wieder den Eindruck hatte, das was da berichtet und erzählt wird, betrifft auch mich und ich möchte mir zu einem bestimmten Thema selber Gedanken machen oder etwas nachlesen.
    Es gab allerdings auch Abschnitte, die habe ich überschlagen. Wenn ich gerade gar keine Lust auf Ausführungen über Hölderlin hatte. Die kann ich ein andermal lesen.


    Sicher kein einfaches Buch. Man sollte schon Zeit und Lust haben, sich darauf einzulassen.