Salka Valka - Halldór Laxness

  • Halldór Laxness, geboren am 23. April 1902 in Reykjavík, gestorben am 8. Februar 1998 in Reykjalundur bei Mosfellsbær, war ein isländischer Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger. "Salka Valka" von 1931/32 ist eines seiner Hauptwerke neben "Atomstation" und "Die Islandglocke".


    Salka strandet mit ihren Mutter Sigurlina in einem isländischen Fischerdorf. Bettelarm kommen sie auf einem Hof unter. Das Leben im Dorf ist trostlos, die Bevölkerung ist abhängig von einem Kaufmann, die Kinder sind mangelernährt. Einzig die Heilsarmee gibt den verelendeten Bewohnern Zuflucht in der Religion. Salka bleibt lange Zeit Außenseiter und von der Dorfbevölkerung nicht akzeptiert. Doch mit der Zeit gewinnt sie durch ihre Tatkraft und ihr Selbstbewusstsein Respekt bei den Dorfbewohnern. Ihre Stärke hat allerdings auch einen Preis: Sie hat Angst vor der Liebe, davor sich in ihr zu verlieren.


    Zwei Männer spielen in Salkas Leben eine große Rolle.
    Steinthor, der nach außen ihrer Mutter den Hof macht, ist aber in Wirklichkeit hinter Salka her. Er hält nichts von Religion und fühlt sich als sein eigener Herr. Er geht so weit, dass er Sigurlina die Ehe verspricht, nur um in Salkas Nähe bleiben zu können. Doch er erweist sich als unzuverlässig. Mehrmals verschwindet er für Jahre und kehrt unerwartet wieder zurück. Salka hasst ihn und ist zugleich von ihm fasziniert.
    Im Gegensatz zu ihm steht Arnaldur, ein Kindheitsfreund Salkas, der ihr Lesen und Schreiben beigebracht hat. Er ist ein Träumer, und Salka ist fasziniert von seinen Geschichten. Nach einigen Jahren Auslandsaufenthalt zwecks Studium kehrt er nach Island zurück, bringt die kommunistische Idee mit und versucht sie umzusetzen.


    So wie Salka zwischen den zwei Männern schwankt, so schwankt sie auch zwischen den zwei Lebenseinstellungen, die diese zwei verkörpern. Einerseits hat sie als Kind bitterste Armut kennengelernt, so dass sie Arnaldurs Ideen gegenüber aufgeschlossen ist, fragt sich aber zugleich, ob diese Ideen nicht ebenso Träumereien sind wie seine Kindheitsfantasien.
    Andererseits ist sie genau wie Steinthor der Meinung, dass man sein Leben selbst in die Hand nehmen muss, so wie sie es selbst getan hat.


    Das hier ist nicht der Laxness, wie ich ihn von "Die Islandglocke" oder "Am Gletscher" kenne, nicht diese Ironie, die den Leser zum Schmunzeln bringt. Es ist viel ernster, auch wenn mir die Figuren der Heilsarmee wie Karikaturen vorkommen. Allerdings nichts zum Schmunzeln, eher zum Weinen. Hier wird offensichtlich, dass der Autor, ein zeitweilig überzeugter Kommunist, dem Satz "Religion ist Opium für das Volk" Leben einhauchen wollte.


    Wie in seinen anderen Bücher gelingt es Laxness, den Leser in die Irre zu führen und ihm das Gefühl zu geben, im Nebel der Tatsachen herumzustochern. Geschilderte "Fakten" erleben auf dem Weg von Mund zu Mund eine Änderung, bis man schließlich merkt, dass man einem Gerücht aufgesessen ist. Teils begleiteten mich subjektive Wahrheiten einzelner Personen lange Zeit, bis mir dann doch Zweifel kamen, teils verfolgte ich sie bereits von Anfang an mit Argwohn, ohne jemals wirklich sicher zu sein.
    Sarkastisch muten einen die fast karikaturistische Beschreibung der Heilsarmee an. Sie erzählt den verzweifelten Menschen, die am Hungertuch nagen, die bereits Kinder durch Mangelernährung verloren haben, dass Jesus sie liebt. Der Pfarrer erklärt einer sterbenden Frau, dass Leiden den Weg ins Paradies erleichtert.


    "Salka Valka" gehört nicht zu den Büchern, die die Leser durch eine spannende Handlung, bei sich die Ereignisse überschlagen, fesseln. Doch vielschichtige Personen und deren Entwicklung über mehrere Jahre, eine absolut unvorhersehbare Handlung, eine eindringliche Schilderung der Zustände in Island (wohl um 1920) und zwischendurch Abschweifungen in die Poesie machen dieses Buch lesenswert.