Gebundene Ausgabe: 104 Seiten
Verlag: Haymon Verlag, 2010
Kurzbeschreibung:
Vor dem realen Hintergrund des Absturzes der Fuerza Aerea five seven one in den 1970er-Jahren gestaltet Jürg Amann seine Menschheitsparabel als Gleichnis von Leben und Tod jenseits von Moral und Tabu:
Ein Flugzeugabsturz mitten in der Gletscherwüste der Anden, damit beginnt es. Was folgt, ist der Lebens- und Überlebenskampf derer, die der Hölle scheinbar entkommen sind, die dem Wrack der Unglücksmaschine wenigstens körperlich heil entsteigen. Sie kämpfen miteinander, gegeneinander, die einen auf Kosten der anderen. Wovon sollen sie sich ernähren, in der unbarmherzigen Höhe und Kälte des ewigen Eises, bevor die Suchmannschaften sie finden? Falls die sie überhaupt finden? Wie weit kann, wie weit darf der Mensch gehen, um dabei Mensch zu bleiben? Wo verläuft der menschliche Horizont? Und wo bleibt dabei die Liebe?
Über den Autor:
Jürg Amann, geboren 1947 in Winterthur/Schweiz, lebt in Zürich. Studium der Germanistik in Zürich und Berlin, Literaturkritiker und Dramaturg, seit 1976 freier Schriftsteller. Zahlreiche Auszeichnungen. 2013 starb er.
Mein Eindruck:
Jürg Amanns Spezialität war es, fremde Stoffe, die meist sehr bekannt sind, neu zu verarbeiten. Er wählt dafür immer eine sehr verknappte Form. Dabei zwingt er den Büchern nicht unbedingt seinen eigenen Stil auf, was manche Kritiker übellaunig als stillos kommentieren. Leider ist der Autor dieses Jahr gestorben, daher greife ich noch einmal zu seinem 2010 erschienen Roman "Die Reise zum Horizont", um zu prüfen, inwieweit dieser Kritikpunkt eventuell greift.
Die Reise zum Horizont thematisiert das Schicksal der Überlebenden eines Flugzeugabsturzes in den Anden, Anfang der siebziger Jahre. Die Überlebenden waren schließlich gezwungen, das Fleisch ihrer verstorbenen Kameraden zu essen. Kannibalismus. Das hatte Schlagzeilen gemacht. Es gab einen Tatsachenroman dazu, Der Stoff ist auch sehr bekannt durch den faszinierenden Film Alive. Beim Lesen waren mir die überragenden Naturaufnahmen sofort vor dem inneren Auge.
Der kurze Roman wird davon geprägt, das keine einzelne Hauptfigur erzählt, sondern durchgängig ein Kollektiv. Immer ist vom “Wir” die Rede.
Es setzt ein in dem Augenblick nach dem Absturz. Das Eis, die Kälte und Taubheit wegen der Höhe, das Stöhnen der Verletzten und die vielen Toten traumatisieren die Überlebenden.
Die Kälte und der Hunger zwingt sie schließlich aktiv zu werden. Ein Trupp von 5 Leuten machen sich auf, das weggeflogene Heck zu suchen. Die verzweifelte Situation kommt einem Todesurteil nahe. Schließlich taten sie alles, was notwendig war um doch zu überleben und sie machten sich auf den Weg, eine Reise bis hinter dem Horizont.
Mein Ergebnis über den Roman und der Vorgehensweise von Jürg Amann liegt auf der Hand: Jürg Amann war stets auf der Suche nach bestimmten Momenten in ungewöhnlichen Situationen, besonders auch in diesem Roman. Er legt die magischen Elemente frei. Das er sich selbst dafür hinten anstellte, ist ihm eher hoch anzurechnen. Er war ein Autor, dem die Bücher und Themen wichtiger waren, als egozentrische Selbstdarstellung.
(Zudem gibt es auch anders aufgebaute Romane wie “Die kalabrische Hochzeit“, bei dem er sich als spezifisch eigenständiger Autor bewiesen hatte.)
Fazit: Die Reise zum Horizont ist auf jeden Fall lesenswert!