Dieser Bildband ist zum Schwelgen gedacht, großzügig angelegt, wunderschön bebildert wird hier Luxus zelebriert. Der Gegenstand: die Perle, die nähere Bestimmung: die Frau.
Fest steht, so heißt es im Buch und auch auf seinem Rücken, Perlen hatten stets eine betörende Wirkung auf die weibliche Welt.. Das muß man glauben, den Beweis bliebt die Autorin schuldig, schließlich ist das Thema erst einmal ihrer Entscheidung geschuldet, so, wie die Abbildungen Ergebnis ihrer Vorauswahl sind.
Ein ca. 18seitiges Vorwort erzählt von Perlen. Das ist flüssig geschrieben, inhaltlich bleibt es aber beim Anekdotischen. Kleopatra und die in Essig aufgelöste Perle, Elizabeth von England, die, kaum daß Maria enthauptet war, mit deren Schmuckschatulle davonzog, das Hundchen der Schauspielerin Elizabeth Taylor, das aus Versehen eine ungeheuer wertvolle Perle verschluckte. Wie bei Anekdoten üblich, stimmt nicht die Hälfte davon, aber hier geht es ums Genießen.
Es folgt ein wenig Sagenhaftes über die Entstehung von Perlen, ein bißchen Naturwissenschaft, über Austern und Zuchtperlen und nachgemachte Perlen. Auch das ist vergnüglich gedacht, aber bei genauerem Hinsehen dem Weitertragen bestehender Vorurteile (bestimmte Herrscherinnen sind ‚grausam’, ‚vergnügungssüchtig’, ‚verschwenderisch’) oder Fehlinformationen (die Perlenauster und die Speiseauster sind nicht das gleiche) dienlich. Schlaglichtartig wird die Bedeutung von Perlen in der vormodernen Medizin oder in kulturellen Vorstellungen aufgeführt. Die Gefahren der vorindustriellen Perlenfischerei werden eben mal gestreift. Überhaupt fehlen Fakten, über den Perlenhandel, etwa, oder Fundgebiete. Hier soll in Luxus geschwelgt und höchstens oberflächlich informiert, vor allem aber nicht nachgedacht werden. Schade bei dem Aufwand, der getrieben wird.
Positiv sticht die Auswahl der Bildtafeln hervor, hier findet man Porträts von Frauen und Perlen, die man nicht überall sieht. Neben Bekanntem, wie das Titelfoto von Audrey Hepburn oder einiger Herscherinnenporträts sowie dem Mädchen mit dem Perlenohrring im Innern, findet sich Überraschendes, Porträts von Modersohn-Becker, etwa., Historiengemälde des 19. Jahrhunderts, Porträts von der Renaissance bis ins 20. Jahrhundert, Fotografien von Stars, Prinzessinnen, Gesellschaftsdamen, darunter auch weniger oder einem breiten Publikum kaum bekannte. Da gibt es einiges zu entdecken.
Weniger gelungen sind die Texte zu den Abbildungen, viel zuviel Raum nehmen Informationen über den Maler bzw. den Fotografen ein, bei älteren Gemälden auch Bildinterpretationen, bei neueren noch die eine oder andere Skandalgeschichte über die Porträtierte. Was das alles mit Perlen zu tun hat, außer, daß die Dargestellte welche trägt, bliebt eher im Dunkeln. Nicht immer ist der Schmuck üppig oder auffallend, manchmal muß man regelrecht Ausschau halten danach. Ob eine einzelne Perle oder eine winzige Perlenzier tatsächlich von Bedeutung sind bei einem Gemälde, erfährt man nicht.
Beim Durchblättern ertappt man sich bald bei der Frage, ob die behauptete Faszination eigentlich wirklich von Perlen auf Frauen ausgeht oder von perlengeschmückten Frauen auf Männer. Sie schmückten die Frauen schließlich damit, sie malten sie, sie fotografierten sie damit. Es sind nur wenige Künstlerinnen in dem Bildband zu finden. Ganz abgesehen davon, daß auch Männer Perlen lieben, immerhin trugen auch sie perlenverzierte Gewänder und Kronen.
So lebt dieser Bildband von einem Mythos, den er selbst wiederum behauptet und weiterträgt. Die zugrunde liegende Idee verkommt auf diese Weise aufbereitet zum dekorativen Schaustück ohne weiteren Wert. Eher eine Majorica als eine echte Perle, also.