erstmals 2001 erschienen
Leontine, Leo, hat es nicht leicht, ihre Eltern sind heroinabhängig. Leo erlebt die vielen Auf und Abs des Lebens mit Suchtkranken, die lustigen Phasen, die verschlafenen, verträumten, die hoffnungsvollen, wilden phantasievollen und die Abstürze. Schließlich lebt sie allein mit ihrer Mutter, bis diese krank wird. Die Aufenthalte in Pflegefamilien beginnen und werden immer länger. Leo hat sich schon früh angewöhnt, nach außen keine Gefühle zu zeigen, eine gar nicht abwegige Reaktion eines Kinds, das mit häufigen Gefühlsschwankungen der Erwachsenen leben muß, die es am meisten liebt. ‚Steingesicht’ ist der Name, den ihre Tante ihr deswegen gibt. Tante Wanda ist die Schwester von Leos Mutter und sie meint den Namen keineswegs böse.
Abgesehen von dem kindlichen Wunschtraum, daß ihre Eltern drogenfrei und glücklich mit ihr zusammenleben würden, hat Leo noch einen zweiten Traum, sie möchte zu ihrer Tante ziehen. Ihre Mutter aber weigert sich, Leo zu Wanda zu lassen. Die beiden Frauen streiten sich immer wieder, Leo leidet darunter. Den Grund des Zwists findet sie zunächst nicht heraus.
Als ihre Mutter stirbt, gelingt es Leos Tante tatsächlich, das Sorgerecht zu bekommen. Leo zieht zu Wanda.
Der Umzug bedeutet den Weggang von Berlin hin in ein kleines Dorf bei Braunschweig, eine neue Schule, neue Bekanntschaften. Leo ist es nicht unrecht, ihr Leben in Berlin hatte so einige Unterschleifen, ihre Akte beim Jugendamt ist ziemlich dick. Mit Gleichaltrigen, die nicht unter schwierigsten Verhältnissen aufgewachsen sind, kann Leo wenig anfangen. Sie reagiert gleichermaßen ängstlich, wie arrogant. Tinka aus ihrer Klasse beeindruckt das offenbar wenig, sie will Leo kennenlernen.
Tante Wanda ist ebenso fest entschlossen, Leo zu einem verantwortungsvollen Menschen zu erziehen. Für Leo aber sind Rückzug oder Ausrasten längst Verhaltensmuster geworden. Mit 15, 16 Jahren ist das Leben ohnehin verwirrend. Es ist nicht leicht herauszufinden, was man will. Oder wer man ist. Und dann ist da plötzlich Malin. Leo ist endgültig durcheinander. Kann es sein, daß sie verliebt ist?
‚Steingesicht’ ist ein knapper, aber eindringlicher Jugendroman über einen Teenager in einer mehrfach schwierigen Lage. Von der Protagonistin wird Neuorientierung auf mehreren Ebenen zugleich gefordert. Tante Wanda ist ein spannendes Gegenstück, die Kämpfe zwischen den beiden sind überzeugend geschildert. Der Blickwinkel ist der Leos, ihr Schwanken zwischen Hinwendung und ängstlichem Zurückweichen kommt ganz unmittelbar bei der Leserin an. Das Landleben ist ein wenig idyllisch geraten, die Liebesgeschichten(!) ein bißchen rosarot. Die Handlung ist nicht immer ganz ausbalanciert. Die Entdeckung des Lesbischseins wird spannend eingeflochten.
Insgesamt ist ‚Steingesicht’ eine moderne, psychologisch gut aufgebaute und lebhaft erzählte Selbstfindungsgeschichte eines Mädchens.
Gelesen habe ich eine 2012 beim Querverlag erschienen, überarbeitete Neuausgabe. Da ich das Original nicht kenne, weiß ich nicht, inwieweit sich die neue von der älteren Ausgabe inhaltlich unterscheidet.