Klappentext:
In einer Zukunft, in der jeder Mensch einen Doppelgänger hat, darf nur einer von ihnen überleben. Die beiden Betroffenen haben genau einen Monat Zeit, den jeweils anderen zu töten. Weigern sie sich, werden beide von der Regierung eliminiert. West Grayer ist die letzte Überlebende ihrer Familie und arbeitet als staatlich legitimierte Auftragskillerin. Eigentlich sollte es also kein Problem sein, ihre Doppelgängerin zu töten. Doch als sie ihr gegenübersteht, versagt Wests ansonsten so vorbildliche Zielsicherheit. Erst, als ihre Gegnerin ihre große Liebe Chord ins Visier nimmt, stellt West sich dem Duell auf Leben und Tod.
Über die Autorin:
Elsie Chapman studierte an der University of British Columbia englische Literatur und lebt heute mit ihrem Mann und zwei Kindern in Vancouver, Kanada. "Du oder ich" ist ihr erster Roman.
Allgemeines zum Buch:
„Du oder ich“ umfasst 331 Seiten und gliedert sich in dreizehn Kapitel, die mit durchschnittlich 25 Seiten sehr umfangreich sind. Die Kapitel sind zwar in Abschnitte unterteilt, aber auch diese sind noch ziemlich lang. Es fällt bei diesem Buch schwer, bequem Lesepausen einzulegen. Abgerundet wird das Buch durch eine kurze Danksagung der Autorin.
Geschrieben ist der Thriller zum größten Teil in der Gegenwartsform aus Sicht der Ich-Erzählerin West, die zugleich die weibliche Hauptperson des Buches darstellt. Stellenweise finden sich auch Rückblicke in die Vergangenheit, die dann in der entsprechenden Zeitform geschrieben sind.
„Du oder ich“ ist im April 2013 als Hardcover mit Schutzumschlag im Knaur Verlag erschienen. Die amerikanische Originalausgabe erschien 2013 unter dem Titel „Dualed“ bei Random House, New York. Übersetzt aus dem Amerikanischen wurde das Buch von Alexandra Baisch.
Der Titel ist auch als Ebook erhältlich.
Meine Meinung zum Buch:
Der Verlag wertet dieses Buch selbst als Thriller, dem würde ich mich durchaus anschließen. Denn da man als Leser von Anfang an weiß, was die Ich-Erzählerin erwartet bzw. worauf das Buch hinsteuert, liegt von Anfang an eine gewisse Grundspannung über dem Buch. Außerdem geht es in diesem Buch um mehrere Kämpfe auf Leben und Tod, die zusätzlich für einen gewissen Thrill sorgen.
Gleichzeitig enthält dieses Buch aber auch Elemente einer Dystopie. Die Autorin entführt ihre Leser mit diesem Erstlingswerk in eine graue, finstere und trübe Welt. Hier herrscht Krieg, hier ist jeder auf der Flucht, hier hat jeder Angst. Es ist keine schöne Welt, die man zusammen mit der Ich-Erzählerin West entdeckt. Es ist eine brutale und grausame Welt, in der sich jeder selbst der nächste ist und in der es nur ein Ziel gibt: seinen Doppelgänger zu töten, bevor man selbst getötet wird.
Ein paar Informationen über die Hintergründe dieser Welt liefert Elsie Chapman ihren Lesern und beantwortet nach und nach ein paar offene Fragen. Aber es sind nur wenige Details, die verraten, wie die Welt sich so entwickeln konnte. Vielleicht ist es aber auch gar nicht nötig, mehr darüber zu wissen. Wahrscheinlich ist das gar nicht so wichtig.
Denn die Handlung des Buches lässt sich in wenigen Sätzen zusammenfassen. Der Leser begleitet West bei vier, fünf ihrer Aufträge und schließlich bei ihrem letzten Kampf, den sie mit ihrer Substitutin - ihrer Doppelgängerin - auszufechten hat. Und dennoch ist das Buch durchweg spannend. Es ist vor allem diese unterschwellige Anspannung, diese düstere Stimmung, die diesen Thriller bestimmt. Als Leser weiß man einfach von Anfang an, dass West unweigerlich auf ihre Gegnerin treffen wird, wenn sie nicht von der Regierung eliminiert werden will. Und das sorgt für enormen Nervenkitzel. Ständig hat man das Bedürfnis, sich nach allen Seiten umzublicken, um zu sehen, ob Wests Gegnerin ihr schon auf der Spur ist. Aber natürlich geht das nicht, weil man ja die Dinge nur aus der Sicht von West sieht. Und West ist leider sehr unvorsichtig und macht einige Fehler.
Das Buch lebt nicht von seiner Handlung, sondern allein von seiner Ich-Erzählerin und der Entwicklung, die diese im Verlauf des Buches durchmacht. West ist ein junges Mädchen, das schon viel Schlimmes erlebt hat, das nach außen sehr kaltherzig erscheint, sich aber in Wirklichkeit viele Gedanken macht und viele Emotionen mit sich herum trägt. West hat sich eine Schutzmauer gebaut. Sie will nicht mehr verletzt werden, will selbst aber auch niemanden verletzen. Und sie ist keinesfalls perfekt. Sie handelt teilweise unüberlegt, einfach zu spontan. Sie geht auf Distanz, wo sie lieber Nähe suchen sollte. Sie verstellt sich, um keine Gefühle offenbaren zu müssen. Aber es kommt eine Zeit, da kann sie sich nicht mehr hinter ihrer Schutzmauer verstecken. Da muss sie einfach ihr wahres Ich zeigen.
Es ist schon erschreckend, wie die Menschen in diesem Buch mit dem Thema Tod umgehen. Auf offener Straße werden hier Leute erschossen oder mit einem Messer erstochen. Wichtig ist am Ende nur, dass der Säuberungstrupp informiert wird, damit er die Sauerei aufwischt. Die Leute gehen in Deckung, wenn um sie herum geschossen wird, um nicht als Kollateralschaden zu enden. Aber wirklich berühren kann sie so ein Mord schon lange nicht mehr. „Du oder ich“ ist stellenweise sehr grausam, brutal und blutig. Zu sehr sollte man sich in das, was man hier liest, wohl nicht hineinversetzen.
West ist eine sehr gründliche Beobachterin und Erzählerin. Mit vielen Details und Bildern beschreibt sie dem Leser nicht nur, in welcher Umgebung sie sich gerade befindet, was ihre Augen sehen. Auch ihre eigenen Handlungen werden mit vielen Worten umfassend wiedergegeben. Jeder Handgriff, jeder Schritt wird dem Leser nahegebracht. Was somit einerseits für eine klare Vorstellung des Lesers von der Handlung und der Handlungsumgebung sorgt, wirkt andererseits stellenweise auch etwas langatmig.
„Du oder ich“ ist offensichtlich kein Teil einer Reihe und endet deswegen sehr eindeutig. Inmitten der vielen Buchreihen ist es auch mal ganz angenehm, ein zufriedenstellendes Ende geliefert zu bekommen.
Mein Fazit:
Thriller und Dystopie in Einem - „Du oder ich“ liefert Spannung von der ersten bis zur letzten Seite.
8 von 10 Punkten