Autorin: Jennifer Benkau
Titel: Himmelsfern
Erscheinungsdatum: 16.09.2013
ISBN: 978-3839001431
Preis: 18,95 Euro
Hardcover, 496 Seiten
Autorenporträt von Script5
Jennifer Benkau lebt mit ihrem Mann, drei Kindern und zwei Katzen inmitten lauter Musik und vieler Bücher im Rheinland. Nachdem sie in ihrer Kindheit Geschichten in eine Schreibmaschine gehämmert hatte, verfiel sie pünktlich zum Erwachsenwerden in einen literarischen Dornröschenschlaf, aus dem sie zehn Jahre später, an einem verregneten Dezembermorgen, von ihrer ersten Romanidee stürmisch wachgeküsst wurde. Von dem Moment an gab es kein Halten mehr.
Im Forum ist Jennifer Benkau unter dem Namen Mulle bekannt.
Inhalt
Noa verliebt sich. Doch ihr bleiben nur zwei Wochen. In zwei Wochen wird der Junge, den sie liebt, dem Menschsein den Rücken kehren, vielleicht für immer.
Hat ihre Liebe unter diesen Umständen überhaupt eine Chance? Wird der Schmerz am Ende nicht viel zu groß sein?
Doch Noa kennt das Spiel mit dem Feuer – ihre Leidenschaft ist der Tanz mit den brennenden Poi. Wird sie es schaffen, ihre Furcht zu bezwingen, so wie sie bei jedem Training, jedem Auftritt ihre Angst überwindet? Denn sie ist seine einzige Hoffnung …
Meinung
Wenn du wüsstest, dass du nur zwei Wochen Zeit hast, jemanden zu lieben, bevor er für immer geht, würdest du dich dafür oder dagegen entscheiden?
Das ist die zentrale Frage, die sich durch den ganzen Roman zieht und die Protagonistin Noa entscheidet sich dafür. Die Konsequenzen dieser Entscheidung sind weitreichend und stürzen Noa in die emotionalste Achterbahnfahrt ihres 17-jährigen Lebens.
Es könnte alles so einfach sein. Sie liebt ihn. Er liebt sie. Und dennoch schwebt der erste Vollmond im August wie ein Damoklesschwert über dem Paar, denn das ist die Nacht, in der er gehen wird.
Die Frage nach dem Warum ist dabei sowohl für Noa als auch für den Leser das wichtigste Puzzleteil, das es in der ersten Hälfte des Romans zu finden gilt. Das mit Marlon etwas nicht stimmt, merken beide schnell, was genau es aber ist, erfahren wir erst durch Umwege und eine Geschichte in der Geschichte - die allerdings auch erst wieder entschlüsselt werden muss. Nachdem Noa endlich erkennt, welches Gehemnis sein Volk verbirgt und in welcher Gefahr sie selber sich befindet, gibt es schon lange kein Zurück mehr, weder für sie noch für den Leser, der mittlerweile so gefangen im Sog der Geschichte ist, dass nur schnelles Weiterlesen die unsägliche Neugier stillen kann.
Die Geschichte ist wirklich toll. Das klingt banal, ist aber leicht zu erklären: Stückchen für Stückchen deckt man beim Lesen die uralte Geschichte eines Volkes mythischer Kreaturen auf, von denen ich bisher nichts gelesen habe und die sich abseits des Vampir- und Werwolfhypes abspielt. Diese Wesen und ihre Gegenspieler, eine bestens organisierte und global agierende Truppe Elitesoldaten, führen seit Ewigkeiten einen Krieg gegeneinander, der sich direkt unter den Augen der nichtsahnenden Bevölkerung abspielt. Noa wird in diesen Krieg hineingezogen und lernt schmerzlich, wie weit die Kontrolle dieser Organisation reicht und dass sie sich völlig auf Marlon und dessen Familienangehörige verlassen muss.
Durch die Unwissenheit der ich-erzählenden Protagonisten ergeht es dem Leser nicht besser und die Spannung an manchen Schlüsselszenen war schier unerträglich.
Noa habe ich als Charakter direkt in mein Herz geschlossen. Sie ist auf den ersten Blick das typische Teenagermädchen mit den gleichen Marotten und Problemen wie hunderttausend andere auch und erst nach und nach lässt sie eine unglaubliche Stärke erkennen, die auch unbedingt notwendig ist, um die anstehenden zwei Wochen zu überstehen ohne daran zu zerbrechen.
Marlon übte sowohl auf Noa als auch auf mich direkt eine nicht zu erklärende Faszination aus, auch wenn ich mir zu Beginn nicht sicher war, ob er überhaupt derjenige sein wird, der Noas Liebe gewinnen wird. Er hat eine schwere Bürde zu tragen und es gab Momente, in denen ich Angst hatte, er würde daran zerbrechen. Aber wo Noa stark ist, ist er es auch und den beiden bei den kleinen, alltäglichen Dingen ihrer Liebe zuzusehen, erinnerte mich an meine eigene erste Liebe im Teenageralter.
Besonders gut gefallen haben mir einige der Nebencharaktere, Noas Papa und Oma gehören auf jeden Fall zu den Highlights des Buchs. Insbesondere der letzte Auftritt der Oma ist mir sehr stark in Erinnerung geblieben und wird Noa genauso zu denken geben wie mir.
Am gelungensten ist in meinen Augen jedoch die Atmosphäre, die durch die ständige Bedrohung der nicht aufzuhaltenden Zeit und deren Auswirkungen auf die Beziehung zwischen Noa und Marlon entstanden ist. Mir fällt oft auf, dass solche Ultimaten in vielen Büchern nur am Rande wahrgenommen und erwähnt werden, die tatsächlichen Konsequenzen auf Handlungen oder Reaktionen der Charaktere fällt dabei leider meist sehr mager aus. Hier war das gar nicht so.
Noa ist sich den ganzen Roman über bewusst darüber im Klaren, dass Marlon gehen wird, diese Angst gemischt mit Euphorie über die Beziehung zu ihm zieht sich wie ein rotes Band durch das Buch. Das sind Kleinigkeiten, an denen das festzumachen ist: sie überlegt, ob seine schlechten Tagen überhaupt zählen, weil er ja eh bald fort ist und ärgert sich im nächsten Moment selber über den Gedanken; sie vergleicht ihre Phasen der Trauer mit seinen und erkennt, dass er in den meisten gar nicht ankommen wird, etc.
Oft sind es auch nur kleine Einschübe oder Kommentare, die diese bittersüße Stimmung generieren, der man sich nicht entziehen kann und die einem das Herz schmerzen lassen, wenn man an den unaufhaltsam näher kommenden Abschied denkt. Wenn ich mich dann als Leser frage, ob es sich überhaupt lohnt, solche Schmerzen in Kauf zu nehmen, hat die Autorin ihr Ziel erreicht und die Geschichte tut das, was sie tun soll: den Leser berühren und ihn zum Teil der Geschichte werden lassen.
Kurzum, ich bin völlig hin und weg von diesem wunderschönen und ergreifenden Buch, das sich ganz schnell einen Platz in meiner Favoritenliste gesichert hat.
Da kann ich auch darüber hinweg sehen, dass mich manche Elemente der Geschichte nicht so gefesselt haben wie andere und dass die Auflösung mancher Handlungstränge nicht so befriedigend war wie andere.
Insgesamt war es ein rundum gelungenes Leseerlebnis, das ich auf jeden Fall noch mehrmals zur Hand nehmen werde.
10 Eulenpunkte gibt es von mir, vor allem weil ich dieses allerletzte Kapitel sicherlich einige Zeit in Erinnerung behalten werde.